Natur statt Stinkepanke: Klimawandel bedroht Erfolge der Renaturierung

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Natur statt Stinkepanke: Klimawandel bedroht Erfolge der Renaturierung

© imago images/Jürgen Ritter Natur statt Stinkepanke: Klimawandel bedroht Erfolge der Renaturierung

Die Panke, ein geschundenes Flüsschen im Berliner Norden, wurde jahrzehntelang wissenschaftlich beobachtet. Es hat sich von seinen Strapazen erholt, doch der Klimawandel bedroht den Erfolg.

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Die Mündung der Panke gegenüber des Bahnhofs Friedrichstraße ist gut versteckt. Aus einem überbauten Kanal fließt sie unterhalb des Schiffbauerdamms in die Spree. Das traurige Bild täuscht nicht: Stadtplanung, Mauerbau und eingeleitete Schadstoffe haben dem nur 29 Kilometer langen Wasserlauf übel mitgespielt. „Stinkepanke“ hieß sie im 19. Jahrhundert, als Industrie und Abwässer sie zur Kloake werden ließen. 

In den letzten vierzig Jahren verbesserte sich die Situation des geschundenen Flüsschens, wie nun eine Untersuchung von Technischer Universität Berlin (TU) und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) nachwies. Renaturierungen in den Achtziger- und Neunzigerjahren verbesserten die chemische Qualität des Gewässers entscheidend, schreibt das Forschungsteam im Fachblatt „Science of The Total Environment“.

Die Forschenden werteten Datenreihen aus über sechs Jahrzehnten aus, etwa zur Qualität und Menge des Flusswassers. Solche Langzeituntersuchungen städtischer Gewässer sind überraschend selten. Zunächst befanden sich Rieselfelder im Einzugsgebiet der Panke, was die Wasserqualität beeinträchtigte.

Das 1985 gebaute Klärwerk Schönerlinde und Modernisierungen der Anlage bis 1995 hatten der Studie zufolge den nachhaltigsten Effekt. Zudem wurde der Fluss stellenweise renaturiert und Auffangbecken für die Fluten bei Starkregen installiert. Eine lohnende Investition: Das Gewässer konnte von der fauligen Brühe der Güteklasse IV – die schlechteste Kategorie – zur „gering belasteten“ Klasse II heraufgestuft werden. Inzwischen leben dort sogar Biber.

„Die Wasserqualität ist in Bezug auf Stickstoff-Nährstoffe und Phosphat für ein urbanes Gewässer im Allgemeinen gut bis ausreichend und hat sich an den meisten Standorten im Laufe der Zeit deutlich verbessert“, sagt die Studienautorin Dörthe Tetzlaff, Hydrologin am IGB.

Gefahr durch den Klimawandel

Doch die Wasserchemie hat sich wegen der Trockenperioden und Starkregenereignisse der letzten Jahre wieder negativ verändert, schreiben die Forschenden. Wenn der Niederschlag fehlt, gelangen Schadstoffe weniger verdünnt in die Kläranlagen. Die Belastung durch Ammonium und Phosphat steigt in den Wässern, die in den Fluss geleitet werden. Dieser ist aber noch so widerstandsfähig, dass er diese Belastungen abpuffern kann. 

Trotzdem: „Die Panke ist und bleibt ein stark urban geprägter Fluss, der vielfältigen menschlichen Einflüssen und Umweltveränderungen ausgesetzt ist“, sagt Studienautor Christian Marx, Forscher an der TU. 

Die Länder Berlin und Brandenburg wollen nach Angaben der RBB Abendschau in den nächsten zehn Jahren etwa 40 Millionen Euro in die Renaturierung der Panke investieren. Dies soll ihr auch in der Stadt stellenweise wieder ein naturnahes Antlitz geben und sie resilienter gegen Hochwasser machen.

Betonbetten und Rohre

Meistens ist der Fluss in der Innenstadt noch in betonierte Kanäle und Rohre gezwängt. So taucht er etwa in einem Düker unter der Chausseestraße und der U-Bahnlinie 6 hinweg. Eine Rechenanlage in Gesundbrunnen holt tonnenweise Unrat heraus, der die Rohre sonst verstopfen würde.

Die Panke, deren Name noch von der slawischen Urbevölkerung der Region zeugt, entspringt nahe Bernau. Zwei Drittel des Flusses liegen auf Berliner Stadtgebiet. Im Unterlauf nimmt er die geklärten Abwässer von 700.000 Menschen auf. Etwa 30 Prozent des Einzugsgebietes sind durch die Landwirtschaft belastet.

An der ursprünglichen Mündung kommt das meiste Wasser gar nicht an: Im Gesundbrunnen zweigt es der Kanal „Nordpanke“ ab, der auch dem Hochwasserschutz dient. Er mündet im Wedding über eine neue Fischtreppe in den Nordhafen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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