Wildes Spiel bei Holstein Kiel: Hertha BSC siegt 3:2 und springt in die obere Tabellenhälfte
© imago/Jan Huebner/IMAGO/Michael Taeger Update Wildes Spiel bei Holstein Kiel: Hertha BSC siegt 3:2 und springt in die obere Tabellenhälfte
Die Berliner verspielen gegen Kiel eine 2:0-Pausenführung, vergeben kurz vor Schluss einen Foulelfmeter und gehen am Ende doch noch als Sieger vom Platz.
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In der siebten Minute der siebenminütigen Nachspielzeit wurde der Irrsinn endgültig auf die Spitze getrieben. Derry Scherhant lief allein auf das leere Tor von Holstein Kiel zu. 20 Meter lagen noch vor ihm. Der Stürmer von Hertha BSC holte aus und trat den Ball fast zehn Meter am Tor vorbei.
Das passte zu diesem aufregenden Nachmittag, an dem für den Berliner Fußball-Zweitligisten eine Menge schiefgegangen war – und an dessen Ende er trotzdem als überaus glücklicher Sieger dastand. Hertha verspielte in Kiel eine 2:0-Pausenführung. Hertha vergab kurz vor Schluss beim Stand von 2:2 durch Haris Tabakovic einen Foulelfmeter – und gewann schließlich doch noch 3:2, weil Fabian Reese, der gebürtige Kieler, in der Nachspielzeit den zweiten Foulelfmeter für die Gäste aus Berlin verwandelte.
„Wir wollten unbedingt die drei Punkte“, sagte Herthas Trainer Pal Dardai, der sich an die 4:6-Niederlage seines Teams gegen den 1. FC Magdeburg erinnert fühlte. Nur mit verändertem Vorzeichen: „Heute sind wir die Glücklichen.“
Dass es gegen die Kieler, die mit einem Heimsieg an die Tabellenspitze der Zweiten Liga gesprungen wären, ein hartes Stück Arbeit werden würde, das zeigte sich schon in der Anfangsphase. Herthas Linksverteidiger Jeremy Dudziak stand an der Seitenlinie. Er hielt den Ball in beiden Händen über seinem Kopf. Dudziak guckte und zuckte. „Ey!“, riefen die Spieler von Holstein Kiel. Dudziak guckte und zuckte. Dann pfiff Schiedsrichter Florian Badstübner und sprach den Kielern den Einwurf zu.
Die Hausherren machten den Berlinern das Leben schwer, sie wehrten sich mit allem, was in ihrer Macht stand – und sie wehrten sich zum Bedauern der Berliner auch noch, als sie schon scheinbar aussichtslos zurücklagen. Am Ende aber sicherte sich Hertha den ersten Auswärtssieg der Saison und sprang zum ersten Mal in dieser Spielzeit in die obere Tabellenhälfte.
Trainer Dardai hatte lange überlegt, wie er den verletzten Palko Dardai im offensiven Mittelfeld ersetzen sollte. Dass er sich schließlich für Smail Prevljak entschied, sollte sich als goldrichtig erweisen. Der Bosnier war bei seinem Startelfdebüt für die Berliner an den ersten beiden Toren beteiligt.
Ein 2:0 ist ein trojanisches Pferd. Man denkt, man ist sicher, ist es aber nicht.
Fabian Reese, Hertha BSC
Das 1:0 nach einer knappen halben Stunde erzielte er im Anschluss an einen guten Konter und eine perfekte Flanke von Fabian Reese selbst. Beim 2:0 staubte Andreas Bouchalakis ab, nachdem Kiels Torhüter Timon Weiner der Ball nach Prevljaks Schuss nicht zu packen bekommen hatte.
Hertha ging mit einem scheinbar beruhigenden Vorsprung in die Pause. Doch: „Ein 2:0 ist ein trojanisches Pferd“, sagte Reese, der bei der Rückkehr in seine Heimatstadt eine starke Leistung bot. „Man denkt, man ist sicher, ist es aber nicht.“ Die Kieler, deren Trainer Marcel Rapp zur zweiten Hälfte gleich dreimal gewechselt hatte, starteten nach der Pause mit dem Mute der Verzweiflung. Holstein ging entschlossen und aggressiv zu Werke, während Hertha sich kaum noch befreien konnte.
Hertha taumelte bedenklich
„Wir haben alles vermissen lassen“, klagte Reese über den Beginn der zweiten Hälfte. „Das 2:0 dürfen wir nicht so hergeben.“ Innerhalb von nur drei Minuten ging die schöne Führung dahin. Zunächst traf Benedikt Pichler nach einer Ecke per Kopf zum Anschluss, dann ließ Herthas Kapitän Toni Leistner Kiels österreichischen Stürmer im eigenen Strafraum über sein Bein stolpern – den folgenden Elfmeter verwandelte Steven Skrzybski zum Ausgleich.
Hertha taumelte bedenklich. So sehr, dass Pal Dardai Mitte der zweiten Hälfte ebenfalls dreimal wechselte. Tatsächlich fingen sich die Berliner danach wieder. Wie sie dann aber noch zum Sieg kamen, das passte zu diesem wilden Spiel.
Fünf Minuten vor dem Ende zeigte Schiedsrichter Badstübner Tabakovic wegen einer vermeintlichen Schwalbe im Kieler Strafraum Gelb. Doch nach Ansicht der Videobilder korrigierte er sich und entschied auf Elfmeter, weil Kiels Innenverteidiger Colin Kleine-Bekel Herthas Mittelstürmer tatsächlich am Schienbein getroffen hatte. Tabakovic schritt selbst zur Ausführung und scheiterte an Weiner.
Nach der folgenden Ecke gab Badstübner erneut Elfmeter – sehr zum Unmut der wild protestierenden Kieler. Diesmal hatte Fiete Arp den eingewechselten Bence Dardai unglücklich getroffen. „Uns freut’s“, sagte Reese über die Entscheidung des Schiedsrichters. „Aber wir hätten uns auch beschwert, wenn er gegen uns gepfiffen worden wäre.“ (Tsp)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de