Mehr Unruhe beim Rundfunk Berlin-Brandenburg: RBB will das „Gesundheitsmagazin“ streichen
© rbb/Thomas Ernst Mehr Unruhe beim Rundfunk Berlin-Brandenburg: RBB will das „Gesundheitsmagazin“ streichen
Die Redaktion protestiert gegen das Aus, das Redaktionsteam des „ARD-Mittagsmagazin“ protestiert gegen die Verlagerung
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Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist auf Sparkurs. Geht nicht anders, in der Intendanz von Patricia Schlesinger wurde weit über die Verhältnisse gewirtschaftet, ein Finanzloch von 49 Millionen Euro hat sich aufgetan. Das muss geschlossen werden, zudem unsicher ist, ob es 2025 zu einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages von monatlich 18,36 Euro kommen wird.
Sparkonzept greift um sich
Das Sparkonzept von Intendantin Katrin Vernau erfasst alle Bereiche des öffentlich-rechtlichen Senders und geht auch am Programm nicht vorbei. Schon länger bekannt ist, dass der RBB das „ARD-Mittagsmagazin“ aufgeben wird, der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat seine Bereitschaft erklärt, die Sendung von 2024 an weiterzuführen im Sinne von „Mehr Osten im Ersten“.
Das wird dem RBB annähernd drei Millionen Euro im Jahr einsparen, keine kleine Summe, aber nicht hinreichend. Jetzt heißt, dass der Sender die lineare Ausstrahlung von „rbb Praxis“ ab 2024 einstellen will. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsmagazins am Mittwoch um 20 Uhr 15 im RBB Fernsehen hätten die Pläne der Geschäftsführung mit großer Bestürzung zur Kenntnis genommen.
Das Thema Gesundheit ist essentiell, Kerngeschäft für ein Publikum über 70, wie es die ARD-Dritten auszeichnet. Was hier bearbeitet, aufbereitet und angeboten, geht Richtung televisionäre Lebenshilfe. Natürlich kommt es einem Luxus gleich, dass die ARD-Sender jeweils eigene Magazine auflegen, Rückenbeschwerden in Aachen werden sich nicht wirklich von Rückenbeschwerden in Aachen unterscheiden. Was aber „rbb Praxis“ dann doch unterscheidet, das ist die Nähe zwischen Sendung und Publikum. Die Seniorinnen und Senioren möchten nicht von einer rheinischen Frohnatur über die fällige Therapie unterrichtet werden, sondern am liebsten von einer Charité-Koryphäe im Berliner Fernsehstudio.
In einem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, fordert „Praxis“-Team den Erhalt des Themas „Gesundheit“ auf dem Sendeplatz Mittwoch um 20 Uhr 15, gegebenenfalls in neuer Form, aber mit aktuellen Gesundheitsthemen aus der Region und mit Service für die Zuschauerinnen und Zuschauer. Zudem soll das Kompetenzzentrum rbb Praxis weiter trimediale und vertiefende Gesundheitsthemen zuliefern. „Mit klaren Absprachen und Strukturen der Zulieferungsbedingungen: Zielredaktionen, Sendeplätze und Sendezeiten“, heißt es. Auch soll die Webseite rbb Praxis erhalten bleiben.
Starke Zuschauerbindung, beste Vernetzung ins Berliner Gesundheitswesen, höchste gesellschaftliche Relevanz – mit solchen Argumenten wird den Plänen der RBB-Leitung widersprochen, Gesundheitsthemen erst in der Mediathek zu platzieren, die dann im Nachgang um 21 Uhr nach dem „Super Markt“ linear ausgestrahlt werden sollen.
Ohne das MiMa und ohne die MiMa-Redaktion verarmt der rbb drastisch an publizistischer Kraft.
Redaktionsteam des „ARD-Mittagsmagazins“
Auch das Redaktionsteam des „ARD-Mittagsmagazins“, rund 100 Mitarbeitende aus Redaktion, Regie, Grafik, Schnitt, Kamera, agiert weiter in eigener Sache. In einem Brief an die Mitglieder des RBB-Rundfunkrates wird zunächst die mangelnde Unterrichtung durch Intendantin Vernau beklagt, werden die Konsequenzen einer Verlagerung zum MDR beklagt. „Ohne das MiMa und ohne die MiMa-Redaktion verarmt der rbb drastisch an publizistischer Kraft.“
Seit dem Start der Sendung 2018 habe sich der Anteil der ARD-Sendeminuten aus dem rbb verzehnfacht, jetzt drohten diese wieder verloren zu gehen. „Wir wünschen uns“, heißt es in dem Papier, „dass die programmliche Qualität unserer Sendung von unserer Intendantin auch in den bevorstehenden Verhandlungen mit dem MDR sichtbar gemacht werden.“
Ob „Mittagsmagazin“ oder „Gesundheitsmagazin“, es herrscht beträchtliche Unruhe in der RBB-Belegschaft. Da will es nicht so richtig passen, dass die künftige Intendanz im Rundfunk Berlin-Brandenburg eine offene Frage ist. Der Sender braucht Antworten.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de