Geschlossene Becken, fehlende Schwimmmeister: Bäderallianz warnt vor gefährlicher Situation im Sommer
© Imago/Panama Pictures Geschlossene Becken, fehlende Schwimmmeister: Bäderallianz warnt vor gefährlicher Situation im Sommer
Lange galt Deutschland als das Land der Schwimmenden. Doch die aktuelle Lage der Bäder ist bedrohlich. Aufgrund von Sanierungsstaus und akuter Personalnot schlägt die Bäderallianz nun Alarm.
Von Julie Klostermann
Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein und Temperaturen rund um die 30 Grad. Um der Hitze für kurze Zeit zu entkommen, bietet eine kurze Abkühlung im Wasser meist eine willkommene Gelegenheit. Doch sowohl die Seen in und um Berlin als auch die Bäder innerhalb der Stadt sind besonders an den heißen Sommertagen meist restlos überfüllt.
Statt neu eröffnender Wasserbecken kommt es allerdings vermehrt zu Schließungen. Zumal bestehende Bäder ebenfalls oft sanierungsbedürftig sind. Besonders die letzten Jahre mit der Corona-Pandemie und Energiekrise haben die Situation der Schwimmbäder weiter verschärft. Aus diesem Anlass präsentierte die Bäderallianz nun ihre Forderungen zum Erhalt der deutschen Bäder.
Den Bädern geht das Personal aus
Die Hoffnungen, durch die gebündelten Interessen eine positive Entwicklung zu erzeugen, sind groß. Achim Wiese, Mitglied der Bäderallianz, sagt entsprechend: „Dieser Tag wird in die Bädergeschichte Deutschlands eingehen.“
Dabei fordert die Bäder-Interessenvereinigung mit Sprecher Christian Kuhn zunächst vor allem den Abbau des sogenannten Sanierungsstaus. Die letzte Erhebung sanierungsbedürftiger Bäder stamme aus dem Jahr 2016. Bereits vor sieben Jahren bezifferte die Bergische Universität Wuppertal die Kosten zum Abbau dieses Staus auf rund 4,5 Millionen Euro. In Zeiten der Energiekrise und Inflation sei es wenig verwunderlich, dass die Zahl mittlerweile weitaus höher liege, ergänzt Kuhn.
Berlin hat es besonders schwer.
Christian Kuhn, Sprecher der Bäderallianz Deutschland
Ein weiteres Problem bestehe laut Kuhn in den fehlenden Bedarfsermittlungen. Zu vielen Themen gebe es noch immer keine genauen Daten. „Wir haben in Deutschland ungefähr 9400 Bäder, davon sind 6500 öffentlich zugänglich. In der Quantifizierung sind wir damit weit vor vielen anderen Sportarten, wissen aber beispielsweise nichts über die Wasserfläche.“ Er wünscht sich deshalb genauere wissenschaftliche Untersuchungen.
In Berlin gibt es laut der Internetseite der Berliner Bäder insgesamt 61 Bäder. Dazu gehören neben Hallen- und Freibädern allerdings auch schon Strand- und Therapiebäder. Als öffentliche Schwimmbecken sind zurzeit 40 Becken zugelassen, wobei selbst von diesen meist nur rund 30 geöffnet haben.
Ein Grund, weshalb einige Bäder trotz bestehender Schwimmbecken nicht öffnen können, ist der Personalmangel. Kuhn beziffert diesen auf 2500 fehlende Fachkräfte. Bemerkbar mache sich dies speziell in Großstädten, erklärt Kuhn: „Berlin hat es besonders schwer.“
60Prozent der Zehnjährigen können in Deutschland nicht schwimmen.
Aufgrund von gewalttätigen Auseinandersetzungen in Berliner Freibädern mussten zuletzt bereits Sprungtürme und Rutschen gesperrt werden, um das Personal zu konzentrieren. Für Kuhn sei das lediglich eine kurzfristige Lösung. „Langfristig brauchen wir einfach schlichtweg mehr Personal.“
Dieses bedarf es auch für den Schwimmunterricht. Denn nach den Schließungen während der Corona-Pandemie fehlt vielen Kindern die Ausbildung. Doch die Wartelisten sind lang und es fehlt an weiterhin an Schwimmflächen. Michaela Röhrbein, Vorständin des Deutschen Olympischen Sportbunds, berichtet von 60 Prozent der Zehnjährigen, die zurzeit nicht schwimmen können.
Besonders solche Hitzewellen würden laut Kuhn zeigen, wie wertvoll vor allem sichere Bäder seien. Doch seit Jahren nimmt die Zahl der Nicht-Schwimmer zu. Vor allem Kinder einkommensschwächere Familien könnten meistens nicht schwimmen, berichtet Röhrbein. Die erste Forderung der Bäderallianz Deutschland lautet deshalb auch: „Unterstützung von sozial benachteiligten Familien.“
In Berlin wurde daher in der letzten Woche auch ein Angebot des Landessportbunds (LSB) online freigeschaltet, bei welchem Schüler:innen sich anmelden konnten, um in kostenlosen Kursen in den Ferien ihr Schwimmabzeichen nachzuholen. Für die Herbstferien sind dem LSB zufolge schon weitere Kurse geplant. Kuhn, Röhrbein und Wiese sind sich einig: „Schwimmen ist ein Menschenrecht!“
Zur Startseite
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de