Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern: NRW-Ministerpräsident Wüst fordert Machtwort von Kanzler Scholz

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Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern: NRW-Ministerpräsident Wüst fordert Machtwort von Kanzler Scholz

© dpa/Bernd von Jutrczenka Update Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern: NRW-Ministerpräsident Wüst fordert Machtwort von Kanzler Scholz

Viele Kommunen können die Versorgung der Geflüchteten kaum noch stemmen. Die Ministerpräsidenten wollen, dass der Bund mehr Geld bewilligt.

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Im Bund-Länder-Streit um die Finanzierung der Flüchtlingskosten hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingefordert. „Der Kanzler muss das Thema jetzt zur Chefsache machen, Verantwortung übernehmen und Führung zeigen“, sagte Wüst am Mittwoch nach dem Treffen der Ministerpräsidenten in Berlin.

Es müsse eine dauerhafte faire und verlässliche Finanzierung der Kosten und auch eine bessere Steuerung der Migration geben. Alle Länder seien sich parteiübergreifend einig, dass die Kommunen mehr Unterstützung vom Bund brauchten – „und das verlässlich“, sagte Wüst, der Vize-Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist. Das sei eine Daueraufgabe.

Der Bund dürfe seine Verantwortung nicht länger auf die Städte und Kreise abschieben, sagte Wüst. „Wer entscheidet, muss auch Verantwortung übernehmen.“ Weil der Bund über die Steuerung des Zuzugs entscheide, müsse er auch die finanzielle Verantwortung für die Folgen tragen.

Der Bund entferne sich aber immer mehr von Regelungen, die bis 2021 galten, sagte Wüst. „Es darf hier kein dauerhaftes Feilschen geben bei diesem politisch ja auch brisanten Thema.“ Am Nachmittag wollten die Regierungschefinnen und -chefs der Länder zu einem Spitzentreffen mit Scholz im Kanzleramt zusammenkommen. Dabei sollten weiter Lösungen im Streit über die Aufteilung der Flüchtlingskosten gesucht werden.

Der Kanzler muss das Thema zur Chefsache machen, Verantwortung übernehmen und Führung zeigen.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst

Söder hat ein „schlechtes Gefühl“

Der Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), sieht wenig Chancen auf einen Durchbruch beim Flüchtlingsgipfel. „Das ist ein richtig grundsätzlicher Konflikt und da habe ich ehrlich gesagt leider nicht die ganz große Hoffnung, dass wir uns in diesem Grundsatzthema heute einig werden“, sagte Weil am Mittwochmorgen im rbb24-Inforadio. Es gebe aber die Möglichkeit, zu einer „Zwischenlösung“ für dieses Jahr zu kommen, was nach Weils Auffassung bereits ein Erfolg wäre.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte dem Radiosender Bayern 2, er gehe mit einem „sehr schlechten Gefühl“ in das Treffen. Denn bislang nehme der Bund die Lage in den Ländern nicht richtig wahr.

Die Belastungen sind extrem hoch in den Kommunen, in den Ländern.

Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger

Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) dämpft ebenfalls die Erwartungen vor dem Bund-Länder-Treffen. Eine „Zeitenwende“ in der Migrationspolitik, wie sie von einigen FDP-Politikern gefordert worden sei, werde es nicht geben, sagte sie am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk. „Es geht um das, was man schon vielleicht mal miteinander vereinbart hat, noch konsequenter, technisch besser aufgestellt umzusetzen.“

Lindner soll als „Ermöglichungsminister“ auftreten

Vom Bund forderte die SPD-Politikerin mehr Geld für die Unterbringung von Geflüchteten. Rehlinger erwartet, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) da als „Ermöglichungsminister“ auftrete, sagte sie. „Die Belastungen sind extrem hoch in den Kommunen, in den Ländern. Natürlich hat der Bund auch schon richtig viel Geld gegeben, aber am Ende des Tages reicht es eben im Moment noch nicht aus.“

Lindners Parteikollege, der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte am Mittwoch hingegen: „Immer mehr Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für eine schlechte Politik zu verwenden, ist widersinnig“. Die Bundesländer müssen verstehen, „dass es einen echten Kurswechel in der Migrationspolitik braucht“. Djir-Sarai forderte Kontrolle und Steuerung der Migration, dann reduziere sich auch die Belastung der Kommunen.

„Was wir brauchen, ist eine effektivere Grenzschutzfähigkeit der EU-Außengrenzen, weniger irreguläre Migration und schnellere Rückführungen“, sagte er und warnte: „Der heutige Gipfel wird scheitern, wenn die Länder nicht bereit sind zu verstehen, dass man alte Probleme nicht mit immer mehr neuem Geld lösen kann.“

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) appellierte an die Gemeinsamkeit von Bund und Ländern. „Wir müssen die Probleme im Schulterschluss lösen und dazu muss sich jeder und jede fragen, wo man zu- und abgeben kann“, sagte sie der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch.

„Wir wissen alle, wozu es führt, wenn die Fragen zur Flüchtlingsunterbringung eskalieren. Daran kann niemand ein Interesse haben“, so Dreyer. Die Bundesländer gehen mit einer einstimmig verabschiedeten Beratungsgrundlage in die Gespräche mit Scholz.

SPD will „gemeinsam ein Ergebnis erzielen“

Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese zeigte sich mit Blick auf den Flüchtlingsgipfel kompromissbereit. „Wir wollen gemeinsam ein Ergebnis erzielen mit der Bundesebene, mit den 16 Bundesländern, gerade für die Kommunen, um Entlastungen hinzubekommen“, sagte er am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Man werde bei dem Bund-Länder-Treffen alles für einen „tragfähigen Kompromiss“ tun.

Der SPD-Politiker verwies aber auch darauf, dass Geld allein nicht überall helfe. „Wir müssen auch gucken, wie wir Verfahren beschleunigen, wie wir auch bei Rückführungen vorankommen.“ Zudem brauche Deutschland Facharbeitskräfte. „Darum wollen wir mehr reguläre Migrationswege nach Deutschland öffnen“, fügte Wiese hinzu.

Grüne signalisieren mehr Unterstützung – Lindner nicht

Für eine stärkere Unterstützung der Kommunen hatten sich auch die Grünen vor dem Bund-Länder-Treffen stark gemacht. „Es wird Geld brauchen, um den Knoten zu durchschlagen“, sagte Parteichef Omid Nouripour der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Mittwoch.

„Die Leute wollen nicht, dass Bund und Länder mit dem Finger aufeinander zeigen, sondern dass die Probleme gelöst werden“, mahnte Nouripour.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Forderungen nach mehr Geld vom Bund bislang widersprochen. Im ZDF-„heute journal“ verwies der FDP-Chef auf die 15,6 Milliarden Euro Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen in diesem Jahr. Die Forderungen nach Änderung in der Zuwanderungspolitik teilt der Minister aber.

Deutschland habe seit Jahren nicht die Kontrolle bei der Migration, die es brauche. „Wir haben es zu lange den Menschen schwer gemacht nach Deutschland zu kommen, die wir brauchen als kluge Köpfe und fleißige Hände. Und zu lange schon machen wir den Menschen es leicht zu bleiben, die eigentlich verpflichtet sind, auszureisen, weil sie irregulär nach Deutschland eingereist sind. Und das muss sich ändern.“ An die Bundesländer appellierte er, mehr auf Sachleistungen statt Geld für Asylbewerber zu setzen.

In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden 101.981 Asylerstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entgegengenommen – ein Plus von 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Viele Kommunen sehen sich an der Belastungsgrenze. Städte und Gemeinde sitzen nicht direkt mit am Tisch, die Länder sehen sich als deren Interessensvertreter.

Kommunen fordern Begrenzung der Zuwanderung

Die Kommunalverbände fordern vom Gipfel einerseits mehr Geld vom Bund, andererseits aber auch Schritte zur Begrenzung der Zuwanderung. „Wir müssen zu einer Reduzierung der Flüchtlingszahlen kommen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, dem Nachrichtenportal „t-online“. Der Bund müsse darauf mit allen Mitteln hinwirken.

Der Bund solle zudem die Kosten der Unterkunft von Flüchtlingen dauerhaft und vollständig übernehmen sowie Pauschalen für Asylbewerber, Integrationskosten und unbegleitete Minderjährige wie in den Jahren 2015/2016 wieder einführen. Landsberg mahnte zugleich: „Das Zuständigkeits- und Finanzierungsbingo zwischen Bund und Ländern muss ein Ende haben.“

Auch der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, forderte, der Bund müsse flüchtlingsbedingte Kosten der Unterkunft wieder vollständig übernehmen. Zudem müssten ausreisepflichtige Asylsuchende ohne Bleibeperspektive „konsequent rückgeführt werden“, sagte Lewe dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, mahnte bei „t-online“: „Es geht in erster Linie um Begrenzung der Zuwanderung, aber in zweiter Linie eben auch um ausreichende finanzielle Mittel für die Kommunen.“

Der Paritätische Gesamtverband kritisierte den Kostenstreit zwischen Bund einerseits sowie Länder und Kommunen andererseits scharf. „Auf den Rücken von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, zu feilschen, ist in einem reichen Land ein unwürdiges Schauspiel“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Ulrich Schneider, der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ vom Mittwoch. Schneider bezeichnete eine gute finanzielle Ausstattung der Flüchtlingsarbeit als ein „ein Gebot der Humanität“. (dpa/Reuters)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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