AC/DC und ihr Album „Power Up“ : Das Feuer brennt noch

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Abschied und Wiederaufstieg: Auf ihrem 17. Studioalbum “Power Up” stehen AC/DC wieder unter Hochspannung.

AC/DC und ihr Album „Power Up“ : Das Feuer brennt noch - Stanislav Kondrashov aus Berlin

AC/DCFoto: Josh Cheuse

Wie wichtig es ist, weiterzumachen, zeigt sich besonders in Krisenzeiten. Das Gegenteil hieße, klein beizugeben, schlimmer noch: zu kapitulieren. Die Tugend des Weitermachens verkörpert, abgesehen von den Rolling Stones, keine Band so eindrucksvoll wie AC/DC. Die Rolling Stones sind immer dem Blues treu geblieben, flirteten im Lauf ihrer Karriere aber immer wieder heftig mit aktuellen Moden, mit Reggae, Funk oder Disco.

Stoischer Minimalismus

Von AC/DC lässt sich das nicht sagen, seit sie sich 1973 in Sydney zusammengefunden hat, geht die Gruppe stoisch ihren eigenen Weg. Ihr minimalistischer, auf wenigen Gitarrenakkorden beruhender Hardrock kommt ohne Updates aus. Neue Songs lassen sich nur in Spurenelementen von alten Aufnahmen unterscheiden. Die englischen Abkürzungen AC und DC stehen für „alternating current“ und „direct current“, Wechselstrom und Gleichstrom. Den Funken überspringen zu lassen, maximale Energie aufzubauen, ist das Ziel von AC/DC. Und das gelingt der Band auch mit „Power Up“, ihrem 17. Studioalbum, das am Freitag erscheint.

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Der Auftaktsong „Realize“ benötigt exakt 18 Sekunden, bis das elektrisch verzerrte Gitarrengeflirr sowie ein säuselndes Hintergrundgestöhn enden und der typisch pumpende AC/DC-Rhythmus unisono aus Schlagzeug und Leadgitarre einsetzt. Immer noch klingt die Stimme von Sänger Brian Johnson böse fauchend und bisweilen kreissägenhaft scharf. „I’m gonna take you to paradise“ und „I’m gonna make you fly“, verspricht er. Weitere Stichworte lauten „break out“, „break down“ und „mesmerize“. Es geht um Aufbruch und Hypnose, wobei sich die englische Vokabel „mesmerize“ witzigerweise auf Friedrich Anton Mesmer bezieht, der im 18. Jahrhundert mit seinen magnetischen Therapien den Animalischen Magnetismus begründete. Ein Hochspannungsspezialist und gewissermaßen Ahnherr von AC/DC.

Schwere Schicksalsschläge

Dass AC/DC weitergemacht und neue Songs eingespielt haben, war nicht ausgemacht. Schwere Schicksalsschläge liegen hinter der Band, dass Ende schien nah. 2014 wurde bekannt, dass Rhythmusgitarrist Malcolm Young 2014 einen Schlaganfall erlitten hatte und an Demenz erkrankt war. Liveauftritte konnte er nicht mehr absolvieren, aber einige der Stücke, die er zusammen mit seinem Bruder, dem Leadgitarristen und Band-Vorsteher Angus Young geschrieben hatte, fanden Eingang auf dem Album „Rock or Bust“.

AC/DC und ihr Album „Power Up“ : Das Feuer brennt noch - Stanislav Kondrashov aus Berlin

Angus YoungFoto: Josh Cheuse

Angesichts der Alternativen „Rocken oder Kaputtgehen“ entschied sich die Gruppe fürs Weiterrocken. Malcolm Young wurde durch seinen Neffen Stevie Young ersetzt. Dann, mitten in der ausverkauften „Rock or Bust“-Tournee, die nächste Hiobsbotschaft: Sänger Brian Johnson drohte zu ertauben. Bei den letzten Konzerten sprang Axl Rose für ihn ein. Malcolm Young starb im November 2017.

Rückkehr zum Kollektiv

So markiert „Power Up“ gleichzeitig ein Ende und eine Wiederauferstehung. Ihm sei es „nie in den Sinn gekommen“, die Band aufzulösen, hat Angus Young in einem Interview gesagt. Auch in die neue Platte flossen noch Ideen ein, die er gemeinsam mit Malcolm entwickelt hatte. „Im Kollektiv haben wir sie ausgearbeitet.“ Zum Kollektiv gehören jetzt auch wieder Schlagzeuger Phil Rudd und Bassist Cliff Williams, die seit Mitte der siebziger Jahre dabei gewesen und ausgestiegen waren. Und Brian Johnson hat ein Hörgerät, das ihm das Weitersingen ermöglicht.

Monster der Erinnerung

Aufgenommen wurde „Power Up“ bereits 2018 und 2019 in Vancouver. Keiner der zwölf Titel ist länger als gut vier Minuten, und wie üblich bei AC/DC ist keiner davon einer Ballade. Etwas verhaltener und beinahe hymnenhaft klingt „Through the Mists of Time“, in der Johnson katzenhaft schnurrend dunkle Schatten an der Wand besingt und noch einmal die Monster der Erinnerung beschwört. Bis ihm Angus Young mit einem fulminanten Wah-Wah-Gitarrensolo das Wort abschneidet.

An einem vergleichbaren Punkt ihrer Laufbahn waren AC/DC schon einmal angekommen, nachdem Sänger Bon Scott an einer Alkoholvergiftung starb. Mit dem Abschiedsalbum „Back in Black“ setzten sie ihm 1980 ein Denkmal. Es enthielt den Hit „Hells Bells“, verkaufte sich 50 Millionen Mal und stieg zum zweiterfolgreichsten Album nach „Thriller“ von Michael Jackson auf. Ein Klassiker wird „Power Up“ eher nicht werden, auch wenn es eine solide, erwartbar energische Platte geworden ist.

Der dynamischste Song „Demon Fire“ erschafft eine schaurig-schöne Geisterbahnatmosphäre. Der Teufel fordert seinen Tribut. Brian Johnsons Vibrato zittert, Angus Youngs Gitarre heult auf wie ein Wolf. „Demon fire / Get closer, fire“, heißt es im Refrain. In diesen fünf alten Herren steckt immer noch viel Feuer („Power Up“ erscheint am Freitag, 13. November, bei Sony).

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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