Zugunsten der Bauern: Warum Agrarminister Özdemir jetzt bei Fischern kürzt

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Zugunsten der Bauern: Warum Agrarminister Özdemir jetzt bei Fischern kürzt

© imago/blickwinkel/IMAGO/McPHOTO/W. Rolfes

Zugunsten der Bauern: Warum Agrarminister Özdemir jetzt bei Fischern kürzt

Die Agrarsubventionen sollen nach den Bauernprotesten teilweise erhalten bleiben. Stattdessen gibt es nun weniger Geld für die Fischer. Eine naheliegende Lösung für den Agrarminister.

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Vehement hat die FDP in den vergangenen Wochen gefordert, dass Kürzung von Subventionen für die Bauern zurückgenommen wird. Doch das hat den agrarpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Gero Hocker nicht davon abgehalten, die nun von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gefundene Lösung zu kritisieren.

Denn Hocker ist zugleich Präsident des Deutschen Fischereiverbands. Und als solcher kann ihm nicht gefallen, dass Özdemir bei geplanten Subventionen von Fischern spart, um die bestehenden Subventionen von Bauern zu erhalten. „Ich hielte es für schlauer, das Geld von dort zu nehmen, wo es sowieso nicht gebraucht wird, anstatt es den Fischern wegzunehmen“, sagte er dem „Spiegel“. Konkret schlug Hocker vor, Förderungen für den Stallumbau zu streichen.

Windkraftboom sorgt für hohe Einnahmen

Also weiter billigen Diesel und dafür weniger Tierschutz? Das hätte Özdemir seinen Grünen wohl kaum verkaufen können. Dass der Agrarminister nun bei Fischern spart, hängt vor allem damit zusammen, dass sein Etat wegen sprudelnder Geldquellen auf hoher See an dieser Stelle ohnehin aufgebläht war.

Auktionen für Off-Shore-Windanlagen brachten 2023 deutlich mehr Geld als erwartet ein. Insgesamt waren es 13,4 Milliarden Euro. Da das Windenergie-auf-See-Gesetz vorschreibt, dass fünf Prozent der Einnahmen in die Förderung der Fischerei fließen sollen, hätte Özdemir in die recht überschaubare deutsche Fischereiflotte in den kommenden Jahren insgesamt 670 Millionen Euro stecken können.

Stattdessen hat sich die Bundesregierung nun darauf verständigt, nur einen Prozentpunkt oder 134 Millionen Euro in die Fischerei zu investieren. 536 Millionen, die dafür ursprünglich vorgesehen waren, sollen in den allgemeinen Haushalt fließen – damit Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Agrarsubventionen weniger stark als geplant kürzt.

Fischer protestieren gegen „Zweckentfremdung“

Nach den Bauernprotesten hatte sich die Ampelkoalition am Donnerstag geeinigt, landwirtschaftliche Fahrzeuge anders als bisher geplant weiterhin von der Kfz-Steuer zu befreien. Zudem wird die Subvention des Agrardiesels nur schrittweise abgebaut. In diesem Jahr wird die Förderung zunächst nur um 40 Prozent gekürzt, 2025 und 2026 werden dann jeweils weitere 30 Prozent gestrichen.

Statt 950 Millionen Euro zusätzlicher Belastung kommen auf die Landwirte 2024 damit nur 270 Millionen Euro zu. Doch hierfür musste Özdemir Lindner einen Ausgleich bieten – den er vor allem bei den Fischern fand. Der Deutsche Fischerei-Verband bezeichnete das als „Zweckentfremdung“.

Durch Offshore-Windparks gingen Fischgründe verloren. „Und jetzt soll das Geld für die Entschädigung und Anpassung zum Stopfen von Haushaltslöchern der Bundesregierung zweckentfremdet werden“, erklärte der Vorsitzende Dirk Sander.

Wie viel Geld brauchen die Fischer?

Auch Christopher Zimmermann, Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei, findet es unglücklich, dass der Eindruck entsteht, Bauern und Fischer würden gegeneinander ausgespielt. Anders als die Fischerei-Funktionäre Hocker und Sander hält der Forscher die Kürzung der Hilfen aber für vertretbar.

„Wenn man 130 Millionen Euro vernünftig ausgibt, kann man sehr viel für die Fischer erreichen“, sagt er. Zudem hätte sich die Branche vor einem Jahr – also vor dem unerwarteten Geldsegen durch die Windpark-Auktionen – über eine Förderung von 130 Millionen noch unglaublich gefreut, ist Zimmermann überzeugt.

Özdemir solle vor allem die Transformation fördern, sagt der Forscher. Er wünscht sich neue energieeffiziente Boote. Angesichts der Fangrouten könnten viele von ihnen auch vollständig elektrisch fahren, sagt Zimmermann. Sinnvoll fände Zimmermann auch Puhl-Maschinen, damit Nordseekrabben zum Puhlen nicht mehr nach Marokko gefahren werden müssen.

Wohin das Geld aus den Windenergie-Auktionen fließen soll, will das Agrarministerium erst im Laufe des Jahres entscheiden. Als ausgemacht galt zwischen dem Ministerium und der Branche eine Modernisierung der Flotte und Abwrackprämien für Kutter von Fischern, die den Beruf aufgeben.

Die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wird es nicht geben.

Cem Özdemir, Landwirtschaftsminister (Grüne), über die protestierenden Bauern am Fähranleger von Schlüttsiel

Daneben sollten auch Hafenanlagen erneuert werden. Zudem war ein neues Forschungsschiff für Zimmermanns Thünen-Institut im Gespräch. Manches davon war wohl eher eine Verlegenheitslösung, um die hohe Summe von 670 Millionen Euro auch ausgeben zu können. Nun muss neu priorisiert werden.

Bauern und Fischer wollen gemeinsam protestieren

Den Bauern reicht Özdemirs Zugeständnis nicht aus. Sie wollen weiter demonstrieren, bis sämtliche Kürzungen beim Agrardiesel zurückgenommen werden. Der Deutsche Fischerei-Verband schloss sich dem Aufruf an. „Die Fischer werden sich vielfältig an den Aktionen beteiligen“, erklärte der Verband. „Sie werden unter anderem an der großen Abschlussdemonstration in Berlin am 15. Januar teilnehmen.“ Den Bauern gebe man keine Schuld, „das bleiben unsere Freunde“, sagte der Vorsitzende Sander dem „Spiegel“. 

Zugunsten der Bauern: Warum Agrarminister Özdemir jetzt bei Fischern kürzt

In ganz Deutschland wollen die Bauern in der kommenden Woche immer wieder den Verkehr lahmlegen. Auch am Brandenburger Tor sind zwei Demonstrationen geplant.

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Bei ihrem Protest setzen viele Bauern-Gruppen weiter auf Nötigung – auch nachdem die versuchte Stürmung einer Fähre mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an Bord für viel Empörung gesorgt hat.

In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wollen die Landwirte Autobahnauffahrten und Kreuzungen von Bundes- und Landstraßen mit ihren Traktoren blockieren. Schüler, die deswegen nicht in die Schule kommen können, gelten als entschuldigt, teilten beide Landesregierungen mit.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir warnte die Bauern, nicht zu überziehen. Den Menschen an der Fähre sei es nicht um die Landwirtschaft gegangen, sagte er in der ARD. „Die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wird es nicht geben.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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