Rechte Anschlagsserie in Berlin-Lichtenberg: Angeklagter soll sich in CDU-Bürgerbüro nach Bränden erkundigt haben

0 37

Rechte Anschlagsserie in Berlin-Lichtenberg: Angeklagter soll sich in CDU-Bürgerbüro nach Bränden erkundigt haben

© imago/STPP Rechte Anschlagsserie in Berlin-Lichtenberg: Angeklagter soll sich in CDU-Bürgerbüro nach Bränden erkundigt haben

Wegen eines Feuers und rechtsradikalen Drohschreiben steht ein 20-Jähriger vor Gericht. Bei einer Kinderzimmer-Durchsuchung belastet ihn ein ehemaliger Schulfreund.

Von

Leon S. schweigt weiter hinter Panzerglas. Auch am zweiten Prozesstag äußert sich der 20-jährige Angeklagte nicht selbst zu den Vorwürfen, einen Kellerbrand in Berlin-Hohenschönhausen gelegt und Drohschreiben mit rechtsradikaler Motivation verfasst zu haben. Für ihn sprechen zwei Verteidiger.

Das Feuer im August 2022 wird als Teil einer rechten Brandanschlagsserie betrachtet – drei weitere Tatverdächtige sind auf freiem Fuß, auch sie müssen bald vor Gericht aussagen. In einem Verfahren gegen alle vier Beschuldigte wurde noch keine Anklage erhoben, die Ermittlungen dauern an. Zunächst geht es um den Angeklagten Leon S.

„Das ist eine Kriegserklärung an den Staat!“, war handschriftlich auf Zetteln zu lesen, die nach dem Brand am 5. August 2022 in der Nachbarschaft entdeckt wurden, darunter an einem Jugendclub, den der Angeklagte jahrelang besucht hat, sowie in einem Wahlkreisbüro des CDU-Abgeordneten Danny Freymark.

  • Mehr zu den Drohschreiben, der Brandserie und dem ersten Verhandlungstag auf tagesspiegel.de

Rap für Rechte

Am zweiten Verhandlungstag vor dem Landgericht Berlin, Jugendkammer, wurden Zeug:innen vernommen. Dabei wurde über die rechte Gesinnung des Angeklagten gesprochen. Auf Facebook ist er Mitglied der Gruppe „NDS Familie“: „Neuer Deutscher Standard“ gilt als Rap für Rechte, mit antisemitischen Texten und Kontakt zu rechten Hooligans.

Leon S. wird von seinem ehemaligen Schulfreund Roy B. belastet, den Brand im August gelegt zu haben. Das berichtet der 23-jährige Kriminalbeamte, der eine Durchsuchung bei Roy B. am 30. Dezember 2022 geleitet hatte.

Soft-Air-Waffen im Kinderzimmer

Nachdem die Wohnungstür vom Spezialkommando aufgebrochen worden sei, habe die Mutter des Tatverdächtigen zu ihrem Sohn gerufen: „Ich habe es dir immer gesagt.“ Der Beamte berichtet von Softair-Waffen im „Kinderzimmer“, neben Spielzeug und Spielzeugwaffen. B. soll gesagt haben, S. habe den Brand gelegt, weil ihm zu viele Ausländer im Haus leben.

„Ich würde die Gesinnung von Roy B. als eindeutig rechts einstufen“, sagt der Beamte auf Frage der Staatsanwaltschaft. Während der Durchsuchung seines Kinderzimmers habe B. gesagt, er wünsche sich die DDR zurück, obwohl er dort nie gelebt habe, das Problem seien zu viele Ausländer, man müsse eine Mauer um Berlin bauen. Zu den Waffen habe er gesagt, er spiele damit nur in seinem Zimmer. Die Mutter von B. soll S. beschuldigt haben, in der Wohnung den Hitlergruß ausgeführt zu haben.

Mutmaßlicher Brandstifter erkundigte sich in CDU-Bürgerbüro

Ebenfalls als Zeuge geladen ist der Büroleiter des CDU-Abgeordneten Freymark. Im Postkasten des Bürgerbüros in Hohenschönhausen, nahe dem Kellerbrand, wurde besagtes Drohschreiben gefunden. Darauf die Forderungen: „Islamisierung und Inflation stoppen“. Sollte den Forderungen nicht nachgekommen werden, „wird Berlin weiter brennen. Wir sind im Besitz von Kriegswaffen“. Auf der ersten Seite steht: „viel Spaß beim Löschen“. Laut Polizei wird hier ein Bezug zu dem Brandanschlag hergestellt.

Die Besorgnis war da, wie sich das weiterentwickelt.

Eine Sozialpädagogin über den Angeklagten, mutmaßlich ein junger Neonazi

Der Büroleiter gab das Schreiben im August an die Polizei weiter. Er erinnert sich an einen Leon S., der einmal mit einer Jacke des Technischen Hilfswerks (THW) im Bürgerbüro erschienen war und sich erkundigte, was in dem Fall um die Serie von Kellerbränden unternommen worden sei. Das Gespräch mit S. hat bei dem Büroleiter zwar „Misstrauen erweckt“, bei der Polizei gemeldet wurde es nicht. Der Büroleiter vereinbarte einen Termin für S. mit Freymark für einen persönlichen Austausch. Doch S. erschien nicht.

Hausverbot im Jugendclub

Als nächstes erzählt eine Sozialpädagogin von einem Jugendclub, den Leon S. jahrelang besucht hat. Sie erinnert sich, dass er oft Hausverbot gehabt habe, unter anderem wegen Diebstahl. Und er habe auf einer Freizeitfahrt gekokelt und Spraydosen geklaut. Sein rechtes Gedankengut habe er klar geäußert, eine auffällig große Faszination für die Nazizeit gehabt und zum Beispiel gesagt, Hitler habe nicht nur Schlechtes gemacht, Ausländer seien das Problem.

Auch am Jugendclub war ein Drohschreiben neben verbrannten Mülltonnen gefunden worden. Ob sich diese Schreiben auf den Angeklagten Leon S. zurückführen lassen, ist Teil der Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens. Die Sozialpädagogin ist sich sicher, dass sie von ihm stammen könnten, da Handschrift und Inhalt zu ihm passen.

Sie erinnert sich auch an Roy B. und sein „äußerst rechtes Gedankengut, sehr verfestigt“. Sie sagt: „Die Besorgnis war da, wie sich das weiterentwickelt.“ In der Einrichtung habe man versucht, Gespräche mit den rechten Jugendlichen zu führen, aber man habe kaum Ergebnisse erzielen können, die Gesinnungen seien verfestigt gewesen. Die Verhandlung um Leon S. wird am 26. Mai fortgesetzt.

Zur Startseite

  • Lichtenberg
  • Rechtsextremismus

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.