Längst in Berlin angekommen: „Wie bei Deutschen die Schrippe, das ist bei uns Simit“

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Längst in Berlin angekommen: „Wie bei Deutschen die Schrippe, das ist bei uns Simit“

© dpa/Christoph Soeder Längst in Berlin angekommen: „Wie bei Deutschen die Schrippe, das ist bei uns Simit“

Simits sind nicht nur in Berlin beliebt. Die türkischen Sesamkringel erzählen auch etwas über Deutschland und die Türkei.

Von Carla Benkö

Durch das Glas des Ofens ist die goldbraune Kruste der Simitringe zu sehen. Als Cuma Çevik den Backofen öffnet, kommt ihm ein Schwall mit Dampf entgegen. Mit geübten Handgriffen nimmt er das Blech mit frisch gebackenen Simits aus dem Ofen der Çevik-Bäckerei in Berlin-Wedding.

Die türkischen Sesamkringel sind im Sortiment von hiesigen Bäckereien kein Exot mehr. Sie sind mehr als ein Gebäck. Sie erzählen auch davon, wie die türkische Community seit den ersten Gastarbeiter-Zeiten über die Jahrzehnte angekommen ist. Doch dazu später.

In der Berliner Bäckerei ist der Trend zum Kringel an den Zahlen zu erkennen: „Am Tresen gingen früher am Tag zwischen 50 und 100 weg. Mittlerweile sind es über 200“, erklärt Inhaber Mehmet Çevik (51). Insgesamt werden in seiner Bäckerei an der Groninger Straße am Tag 400 bis 500 Stück der Sesamkringel produziert. „Wie bei Deutschen die Schrippe, das ist bei uns Simit.“

Das Gebäck sei nicht nur bei der türkeistämmigen Community in Berlin beliebt, sagt Ayse Demir, Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg. Das merkt man auch daran, dass die Backware mittlerweile häufig unter ihrem türkischen Namen bekannt ist. „Auch Menschen, die nicht aus der Türkei kommen, sagen Simit“, sagt Demir. „Man nennt es beim Namen – wie Pide oder Döner.“

Längst in Berlin angekommen: „Wie bei Deutschen die Schrippe, das ist bei uns Simit“

© dpa/Christoph Soeder

„Für uns ist das wichtig“, sagt Orhan Tançgil, Gründer und Inhaber des Blogs „KochDichTürkisch“. Die Dinge beim richtigen Namen zu nennen, helfe dabei, Identität zu schaffen. Mit seiner Frau Orkide betreibt Tançgil seit 2006 den Blog über türkisches Essen. Das Hobby entwickelte sich weiter: Mittlerweile hat das Team auch einen Online-Shop für türkische Delikatessen, bietet Kochkurse an und hat fünf Kochbücher veröffentlicht. Die türkische Küche nennt Tançgil „die Vielfältigste“ der Welt.

Ein Gebäck und seine Geschichte

Ein Vorläufer des traditionell türkischen Simit sei bereits bei den Kosaken verwendet worden, erklärt er. Ursprünglich kommt das Gebäck Simit ihm zufolge aber aus der Seldschukischen Küche, die mit einer alten muslimischen Herrscherdynastie verbunden ist.

Bei der Herstellung werden zwei Teigschlangen zusammengedreht und zu einem Ring geformt. Dadurch entsteht die Kringelform. „Das ist das typische Kennzeichen“, erklärt Tançgil. Die klassische Ringform habe sich mit der Zeit entwickelt. Das Gebäck wurde häufig als Wegzehrung für Reisende verwendet und war in Ringform, gestapelt auf Holzstäben, einfacher zu transportieren.

„Morgens, mittags, abends“ – Simit könne man immer essen, findet der Berliner Unternehmer Mehmet Çevik. Hauptsächlich isst man die türkischen Sesamringe zum Frühstück oder als Snack. „So wie der Bagel in England und in Amerika, ist in der Türkei Simit das Frühstück“, sagt Orhan Tançgil. „Ähnlich wie eine Brezel“, erklärt es Ayse Demir. Traditionell isst man Simit häufig mit Schafskäse, Tomate, Oliven oder auch süß mit Wassermelone.

Ein Simit ist ein Stück Kindheit

In der Türkei werden Simits bis heute auf der Straße verkauft. Vorstandssprecherin Demir vom Türkischen Bund kennt das noch aus ihrer Kindheit. Die ersten Versionen des Gebäcks, die in Berlin verkauft wurden, habe sie nicht gemocht. „Das war eigentlich einfach nur Brot mit Sesam.“ Mittlerweile schmeckt für sie der Simit in Berlin aber so wie in der Türkei.

„Berlin ist halt multikulti geworden“, sagt Bäckerei-Inhaber Çevik zur steigenden Beliebtheit der Kringel. In den hinteren Räumen der Çevik-Bäckerei stehen Wagen voll mit türkischen Backwaren. Neben Pide, Lahmacun und Börek werden hier auch Simits hergestellt.

Für traditionelle Simits braucht es nach seinen Worten Mehl, Hefe, Wasser, Backmittel, Zucker, Traubensirup, Sesam und ein bisschen Margarine. Mehmet Çevik erzählt, sein Vater sei Anfang der 70er Jahre einer der Ersten gewesen, die das türkische Bäckerei-Handwerk nach Berlin brachten. Die Tradition wird weitergeführt. Heute sind insgesamt acht Bäckereien in Berlin im Besitz der Familie.

Das Wort Simit bezeichnet im Türkischen eigentlich eine feine Art Bulgur. Die Bezeichnung für das Gebäck sei durch die Ähnlichkeit der Sesamkörner mit den kleinen Bulgurkörnern entstanden, erklärt Blogger Tançgil. „Die Menschen haben das dann beschreibend genannt nach dem Motto ,schau mal, das sieht aus wie kleine Bulgurkörnchen’.“

In der Region um Izmir in der Türkei ist Simit auch als „gevrek“ bekannt. „Gevrek bedeutet knusprig“, sagt Tançgil. Und so sollte aus seiner Sicht ein guter Simit auch sein: „Außen knusprig, innen fluffig. Wie eine gute Brezel.“ (dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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