„Keine Sicherheitskonferenz“: Faeser will auf Islam-Konferenz nicht über Islamismus sprechen
© Wolfgang Kumm/dpa „Keine Sicherheitskonferenz“: Faeser will auf Islam-Konferenz nicht über Islamismus sprechen
Bei dem Treffen will die Innenministerin Imam-Ausbildungen in den Fokus rücken. Künftig will sie die Entsendung von Imamen aus der Türkei beenden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will auch in Zukunft auf der Islam-Konferenz nicht über das Problem des Islamismus sprechen. „Die Islam-Konferenz ist keine Sicherheitskonferenz“, sagte Faeser am Mittwoch in Berlin zum Auftakt der Deutschen Islam-Konferenz (DIK) für die aktuelle Legislaturperiode. Sie unterstütze ausdrücklich die in der Vergangenheit getroffene Entscheidung, Sicherheitsthemen rauszulassen. Muslime dürften nicht unter einen allgemeinen Sicherheitsverdacht gestellt werden.
In einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Mittwochsausgabe) hatte eine Gruppe aus Unions-Politikern und Wissenschaftlern unter anderem aus dem Bereich der Islamischen Theologie gefordert, auf der Konferenz auch über Islamismus zu reden.
Gerade islamistische Kräfte würden das von der Bundesregierung angestrebte bessere Miteinander nachhaltig untergraben, argumentierten sie. Außerdem kritisierten die Autoren, dass die wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufarbeitung zum Islamismus bisher in Deutschland vermieden werde.
Islamismus verbreite sich auch im Netz
So versuchen Islamisten nach Angaben von Jugendschutz-Experten verstärkt, Jugendliche im Internet für extremistisches Gedankengut zu ködern. Dabei nutzen sie besonders die bei Jugendlichen populären Dienste wie TikTok oder Instagram und inszenieren sich nach dem Vorbild populärer Influencer als nahbar und authentisch, wie der am Mittwoch in Mainz veröffentlichte Lagebericht „Islamismus im Netz 2021/22“ von jugendschutz.net ergab.
Es gebe auch eine Zunahme von LGBTQ-feindlichen Beiträgen, so Glaser. LGBTQ steht für Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, Transgender oder queer identifizieren. „Queere Menschen werden diffamiert, in einschlägigen Zirkeln auf Telegram wird zu Gewalt und Mord aufgerufen,“ sagte der Jugendschutz-Experte.
Weniger islamische Prediger aus der Türkei
Die Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit und die Förderung der Ausbildung islamischer Prediger in Deutschland zählen zu den Prioritäten von Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der neuen Phase der Deutschen Islam Konferenz (DIK).
Die SPD-Politikerin sagte am Mittwoch bei einer Auftaktveranstaltung der DIK in Berlin, sie wolle „die staatliche Entsendung von Imamen nach Deutschland schrittweise reduzieren mit dem Ziel, sie zu beenden“. Dazu sei ihr Ministerium bereits im Austausch mit der türkischen Religionsbehörde. Staatssekretärin Juliane Seifert habe dazu in der vergangenen Woche in Ankara Gespräche geführt.
Künftig sollen mehr deutschsprachige Imame an Akademien hierzulande ausgebildet werden. © Rainer Jensen/dpa
Deutschsprachige Imame, die auch die Lebensrealität in Deutschland kennen, seien auch im Interesse der Gemeinden, betonte Faeser. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) bildet inzwischen einen Teil ihres Personals in einem eigenen Zentrum in der Eifel aus. Das Islamkolleg Deutschland wurde Ende 2019 als Einrichtung für die islamtheologische praktische Ausbildung in Osnabrück gegründet.
Auch hier sollen – verbandsunabhängig – deutschsprachige Imame und weiteres religiöses Betreuungspersonal ausgebildet werden. Die Ausbildung von Imamen in Deutschland bildete bereits in den vergangenen Jahren unter dem damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) einen Schwerpunkt der DIK.
Wir wollen die Muslimfeindlichkeit entschlossen bekämpfen. Dass Musliminnen und Muslime diskriminiert werden, darf nicht akzeptiert werden.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Die Deutsche Islam-Konferenz gibt es bereits seit dem Jahr 2006, sie gilt als das zentrale Format der Bundesregierung für den Dialog mit Musliminnen und Muslimen in Deutschland. Faeser sagte, in dieser Legislaturperiode sollten praktische und messbare Fortschritte innerhalb der Konferenz erzielt werden. Es solle die ganze Breite muslimischen Lebens abgebildet werden, was auch die neue Phase der Konferenz auszeichne. Die Teilhabe der muslimischen Gemeinden solle verbessert werden.
Die Bundesinnenministerin kündigte an, den für den Sommer kommenden Jahres erwarteten Bericht des unabhängigen Expertenkreises zur Islamfeindlichkeit in Deutschland und die damit verbundenen Handlungsempfehlungen „sehr ernst“ nehmen zu wollen. „Wir wollen die Muslimfeindlichkeit entschlossen bekämpfen.“ Dass Musliminnen und Muslime diskriminiert werden dürfe nicht akzeptiert werden.
Dialog seit 16 Jahren
Die Deutsche Islamkonferenz wurde 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als Forum für den Dialog zwischen Staat und Muslimen ins Leben gerufen.
Anders als mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie dem Zentralrat der Juden existierten bis dahin keine Verträge zwischen der muslimischen Gemeinschaft und dem Staat, die beispielsweise das Recht auf Religionsunterricht an Schulen, die Arbeit eigener Wohlfahrtsverbände oder den Einzug von Steuern für die Finanzierung von Gemeindearbeit regeln.
Die muslimischen Verbände sind vor allem aufgrund ihrer Organisationsform bis heute rechtlich den Kirchen nicht gleichgestellt. Inzwischen gibt es aber viele Vereinbarungen auf Bundes- und Länderebene, die etwa islamischen Religionsunterricht und Lehrstühle für islamische Theologie an deutschen Universitäten ermöglichen.
Schwerpunkt der Islamkonferenz in der vergangenen Wahlperiode war die Etablierung einer Imam-Ausbildung in Deutschland. Nach Schätzung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge leben zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime in Deutschland. (epd, dpa, AFP)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de