Große Bühne für den Nischensport: Team Deutschland dominiert die World Games
© IMAGO/GEPA pictures Große Bühne für den Nischensport: Team Deutschland dominiert die World Games
Im US-amerikanischen Birmingham konnten die nicht-olympischen Sportarten um Aufmerksamkeit buhlen. Die deutsche Mannschaft war dabei bestes Team.
Von Benedikt Paetzholdt
In der Stadt Birmingham im US-Bundesstaat Alabama ereignete sich in den vergangenen Tagen Spektakuläres. Bei den World Games, die am Sonntag nach Redaktionsschluss endeten, bekam der Nischensport seine große Bühne. In 35 Sportarten, die nicht zum olympischen Programm gehören, aber dennoch weltweit verbreitet sind, kämpften die Besten um Medaillen. Unter anderem im Rettungsschwimmen, beim Luftsport oder beim Boule
Und wie das Abschlussresultat zeigt, ist das Potenzial des deutschen Sports auf diesem Niveau gewaltig. Mit 24 Goldmedaillen führte das deutsche World-Games-Team die Rangliste mit großem Abstand vor dem Gastgeberland USA und der Ukraine mit jeweils 16 Siegen an.
„Die World Games sind für Sportarten eine Plattform, um sich und dem olympischen Komitee zu zeigen, welches Potenzial in einem steckt“, sagte der DOSB-Vizepräsident sowie Vorsitzende der nicht-olympischen Verbände, Oliver Stegemann, im Interview mit dem Sender Sport 1, der das Event übertragen hat.
Während gerade die olympischen Mannschaftssportarten zuletzt einen schweren Stand bei den Spielen hatten, räumten die deutschen Teams in Birmingham regelrecht ab. Nach dem EM- und dem WM-Sieg triumphierten zum Beispiel die Beach-Handballerinnen nun auch bei den World Games. „Das ist einfach eine grandiose Leistung. Über diese Entwicklung können wir uns sehr freuen“, übermittelte Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handball-Bundes, seine Glückwünsche.
"Mega Erfahrung" für Jilou
Im Faustball gewann sowohl das Frauen- als auch das Männerteam die Goldmedaille. Auch die Ultimate-Frisbee-Auswahl sorgte zwischenzeitlich für Furore, beendete das Turnier knapp hinter den Medaillenrängen.
Bei einem Multisport-Event geht es für die Teilnehmenden aber nicht nur um die sportlichen Wettkämpfe, sondern auch um den besonderen Flair und den Austausch mit Athlet:innen verschiedener Disziplinen und anderer Länder. Die Berlinerin Jilou Rasul vertrat das deutsche Team bei den Wettkämpfen in Birmingham im Breaking, das fälschlicherweise oft Break-Dance genannt wird. Als eine „mega Erfahrung“ bezeichnet sie die Tage in den Vereinigten Staaten. „Ein solches Event mit anderen Sportarten hatten wir bislang noch nicht.“
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Obwohl die 30-Jährige nach ihren Wettkämpfen wieder zurück nach Deutschland geflogen ist, wirken die Eindrücke der Spiele nach: „Ich habe beim Einzug in die Halle totalen Nervenkitzel gespürt.“ Zumal die Idee der World Games, die Wettbewerbe in die bestehende Infrastruktur zu integrieren, im Fall des Breaking voll aufgegangen ist. Jilou und ihre Mitstreiter:innen traten in einer alten Stahlfabrik an.
Zudem war die Resonanz des Publikums gewaltig. Die rund 100 Stühle, die anfangs aufgestellt waren, reichten hinten und vorne nicht. Jilou, die für OTK Schwarz-Weiß 1922 im SC Siemensstadt startet, schätzt, dass bei der Vormittagssession rund 1200 Besucher:innen anwesend waren, nachmittags noch mal rund 400 mehr. Genau dafür sollen die World Games ja auch stehen: sich überraschen und elektrisieren lassen.
Breaking wird 2024 olympisch
Um junge und vor allem jüngere Zielgruppen zu erschließen, hat das Internationale Olympische Komitee das Breaking ins Programm der Olympischen Spiele 2024 in Paris aufgenommen. Womit die Premiere dieser Sportart bei den World Games zugleich bedeutet, von diesem Format wieder Abschied nehmen zu müssen. „Das wird gerade richtig groß bei uns“, sagt Jilou. „Und es steht viel Arbeit an.“
Die Verbandsstrukturen der in Birmingham vertretenen Sportarten sind deutlich unprofessioneller im Vergleich zu den olympischen Disziplinen.
Und natürlich gefällt nicht allen in dieser Branche, dass die Kommerzialisierung nun auf das Breaking übergreift. Für Jilou, die in Birmingham unter den besten Acht landete und sich Hoffnungen auf eine Medaille in Paris machen darf, birgt dieser Aufstieg enorme Chancen. „Kommerzialisierung hilft ja auch dabei, mit dieser Sache Geld zu verdienen. Als Showact weiß ich, dass du Aufmerksamkeit brauchst, um Aufträge zu erhalten.“
Als Athletin freut sie sich zudem auf das Event Olympia. In den vergangenen Tagen hat sie in Birmingham einen kleinen Vorgeschmack bekommen, was sie dort erwartet. So ungezwungen wie zuletzt wird es in Paris aber mit Sicherheit nicht zugehen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de