Generationenwechsel bei Berliner Bussen: Letzter Doppeldecker aus deutscher Produktion wird ausgemustert
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Generationenwechsel bei Berliner Bussen: Letzter Doppeldecker aus deutscher Produktion wird ausgemustert
Er prägte lange Jahre das Berliner Straßenbild. Nun wurden die letzten Doppeldecker aus deutscher Produktion ausgemustert. Dafür ist die Lieferung von 200 britischen Busse komplett.
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Er musste noch ein Jahr länger durchhalten. Doch nun wurden die letzten Doppeldecker aus deutscher Produktion abgestellt. Lange Jahre prägten die 400 Wagen vom Typ MAN das Berliner Stadtbild. Wie das Internetportal „omnibus news“ berichtet, war der letzte Wagen am 25. Oktober im Fahrgasteinsatz. Ein BVG-Sprecher bestätigte, dass nur noch ein einziger MAN-Doppeldecker im Bestand sei, der „aber unmittelbar vor seinem wohlverdienten Ruhestand steht und voraussichtlich nicht mehr im Liniendienst eingesetzt wird“.
Eine kleine gute Nachricht gibt es: Mit einem Jahr Verzögerung sind nun die im Jahr 2018 bestellten 200 Diesel-Fahrzeuge des britischen Herstellers Alexander Dennis (ADL) sämtlich in Berlin, wie der Unternehmenssprecher weiter sagte. Ursprünglich sollte die Lieferung Ende 2022 komplett sein, Corona und Lieferschwierigkeiten verhinderten das.
Doch 200 Fahrzeuge sind eben nicht die gut 400 von einst. Der Mangel bleibt: Selbst auf stark frequentierten Linien wie dem M19 oder dem M29 müssen Eindecker eingesetzt werden. Doch die bieten nur etwa den halben Platz, Fahrgäste drängen sich. Seit Jahren beklagen sich Leser darüber.
Da auf den beiden Linien M19 und M29 keine Gelenkbusse eingesetzt werden dürfen, fällt der Mangel auf den beiden Hauptlinien aus der Westcity nach Kreuzberg besonders auf. Gelenkbusse bieten immerhin fast so viel Platz wie ein Doppeldecker. Insgesamt gibt es laut BVG etwa 60 Buslinien, auf denen diese aber nicht eingesetzt werden dürfen.
Der Mangel ist selbst gemacht. Lange Jahre vertrödelte die BVG die Entscheidung für einen Nachfolger. Zwischen 2011 und 2020 war Pause. In dieser Zeit gingen viele der 416 MAN kaputt. Die letzten, im Oktober ausgemusterten Wagen waren bis zu 16 Jahre alt, Baujahr 2007.
Ab 2030 will die BVG komplett elektrisch fahren
Vor Jahren hatte die BVG eine Lebensdauer von acht Jahren für einen Doppeldecker genannt, danach werden sie schlicht zu störanfällig. Nun wurden sie doppelt so lange eingesetzt wie betriebswirtschaftlich sinnvoll. Wie viel Geld das insgesamt gekostet hat, ist unklar. 2017 hatte die BVG in der Not begonnen, einen Teil der Wagen grundlegend zu modernisieren.
Neben den 200 ADL-Doppeldeckern hat die BVG derzeit 930 Gelenkbusse und 480 Eindecker im Bestand. Früher galt West-Berlin als Doppeldecker-Metropole, das ist längst vorbei. Heute bilden die „Schlenkis“ das Rückgrat des Betriebs. Und das wird so bleiben: Derzeit bereitet die BVG zudem den Kauf von knapp 350 elektrischen Gelenkbussen vor. Bereits Ende 2024 könnte die Auslieferung starten.
Wie berichtet, will die BVG bis 2030 ihre gesamte Flotte auf E-Betrieb umgestellt haben. Viele Eindecker fahren schon mit Batterie, einige Gelenkbusse ebenfalls. Die letzten Diesel-ADL müssten demnach nach nur sieben Jahren ausgemustert werden, sollte sich die BVG an das Ziel 2030 halten.
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Wie geht es mit den Doppeldeckern weiter? Das ist immer noch unklar. Im März hatte Betriebsvorstand Rolf Erfurt gesagt: „Wir überlegen, die nächste Generation Doppeldecker umrüstbar oder direkt als Elektromodelle zu bestellen.“ Doch eine Entscheidung ist nicht gefallen. Dem Vernehmen nach spielt die BVG intern verschiedene Szenarien durch auf der Suche nach einer „Strategie für die Zukunft“. Aktuell könne man sich aber noch nicht verbindlich äußern, hieß es im Unternehmen.
Das „Neue Deutschland“ zitierte kürzlich aus einer Vorlage der Verkehrsverwaltung an das Parlament. In dieser heißt es: „Es gibt einige Hersteller, die bereits elektrische Doppeldecker produzieren, sie erfüllen jedoch nicht die Berliner Anforderungen.“ So sei die Zahl der Sitzplätze deutlich geringer. Angepeilt werde eine Entscheidung im Jahr 2024.
Doppeldecker haben viele Nachteile. Sie sind deutlich schwerer, was bislang den Einsatz von Batterien verhinderte. Die Reichweite langte nicht. Zudem sind sie fast doppelt so teuer wie Gelenkbusse. Diese werden weltweit eingesetzt, Doppeldecker für den deutschen Markt hingegen sind letztlich Sonderanfertigungen.
Vor Jahren hatte die BVG bei anderen deutschen Verkehrsbetrieben für Doppeldecker geworben, damit die Preise sinken. Das scheiterte. Eine Zeitlang wollte sich die BVG ganz von den Doppeldeckern verabschieden, der Protest in der Bevölkerung war groß. Im Jahr 2018 hatte die damalige BVG-Chefin Sigrid Nikutta in einem Vortrag verkündet, dass die Zahl der Doppeldecker bis 2023 stabil bei 400 liegen werde.
Doch so viele Busse wurden nicht bestellt, der Auftrag ging letztlich nach England. Dem Vernehmen nach hatten deutsche Hersteller kein Interesse am Bau. Doch in London sind die Fahrzeuge deutlich höher, für Berlin musste das Modell von ADL umkonstruiert werden.
Nach Angaben der BVG ist die schottische Konstruktion nicht häufiger kaputt als die anderer Hersteller. In den ersten Betriebsjahren habe „es keine nennenswerten Unterschiede in Bezug auf die Zuverlässigkeit“ gegeben, so der Sprecher. Er räumte aber ein, dass „ganz unterschiedliche kleine Garantiearbeiten durch den Hersteller durchgeführt“ werden müssen. Dem Vernehmen nach gab es unter anderem Probleme mit der Klimaanlage.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de