Bewährungsstrafe wegen Urkundenfälschung: Berliner Juristin verdiente 10.000 Euro im Monat dank frisierter Zeugnisse
© dpa/Stefan Puchner Update Bewährungsstrafe wegen Urkundenfälschung: Berliner Juristin verdiente 10.000 Euro im Monat dank frisierter Zeugnisse
Sie besserte ihre Examensnoten auf, ergatterte dadurch gute bezahlte Jobs. Nun wurde einer Berliner Juristin dafür zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Von
| Update:
Als ihre Bewerbungen erfolglos blieben, machte sich die junge Frau selbst zur Top-Juristin: Yesim A. besserte ihre Examensnoten deutlich auf und ergatterte gut bezahlte Jobs. Der Schwindel begleitete sie über Jahre – in drei Großkanzleien war sie tätig. „Es war ein Fehler, der sich verselbständigt hat“, erklärte die 44-Jährige am Dienstag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Das Gericht entschied schließlich auf Urkundenfälschung und verhängte neun Monate Haft auf Bewährung.
Die Wirtschaftsjuristin saß in einer schwarzen Kapuzenjacke neben ihrem Verteidiger. Sie darf die Anwaltsrobe seit etwa zwei Jahren nicht mehr tragen. Einige Monate zuvor war Yesim A. aufgeflogen und fristlos entlassen worden. Sie selbst habe damals auf die Zulassung als Rechtsanwältin verzichtet, erklärte sie nun und bat um Entschuldigung.
Sie hatte sich sogenannte Prädikatsexamen attestiert – die ebnen den Weg insbesondere in Großkanzleien oder in den Staatsdienst. Ihre echten Ergebnisse frisierte sie um zwei Noten. So schummelte sie ihr zweites juristisches Staatsexamen von einem „Ausreichend“ mit 4,72 Punkten auf ein „Vollbefriedigend“ mit 9 Punkten. Auch ihr Abiturzeugnis nahm sie sich vor und hob ihren Notendurchschnitt von 3,2 auf 1,9 an.
Ich hatte auf mehr als 100 Bewerbungen keine Zusage oder gar kein Feedback erhalten.
Die Verurteilte Yesim A.
Wann genau sie am Computer saß und über Photoshop ihre Zeugnisse bearbeitete, sagte die Angeklagte nicht. Nur so viel: „Ich hatte auf mehr als 100 Bewerbungen keine Zusage oder gar kein Feedback erhalten.“ Sie wollte die Anerkennung – und log sich in Jobs. Die Bewerbungen erfolgten elektronisch.
Im Prozess ging es um Anstellungen in drei Großkanzleien – zwei in Berlin und eine in München – zwischen 2015 und August 2020. Um die 10.000 Euro Bruttogehalt im Monat erhielt die Juristin. Die Anklage ging von einem Gesamtschaden in Höhe von 640.000 Euro aus – darin einbezogen auch Summen, die die Arbeitgeber für Sozialversicherungen geleistet haben.
Die Juristin gestand zwar den Schwindel, doch ihre Arbeit lobte sie. „Es lief prima, ich denke, ich war gut“, verlas der Anwalt für die Angeklagte, die ihr Gesicht nach Möglichkeit verdeckte. Ihre Vorgesetzten seien im Grunde immer zufrieden gewesen mit ihr. Sie habe Probezeiten stets geschafft. Wenn sie den Job wechselte, sei das aus persönlichen Gründen erfolgt. Nachdem sie gefeuert wurde, sei sie ein Jahr arbeitslos gewesen – „quasi in Schock-Starre“. Sie habe eine Psychotherapie begonnen.
Die Anklage lautete auf gewerbsmäßigen Betrug und Urkundenfälschung. Doch von Betrug auszugehen, sei problematisch, befand das Gericht bereits im Eröffnungsbeschluss. Denn ein Vermögensschaden sei nicht zu erkennen, sagte der Richter nun. Die Frau habe Probezeiten bestanden und gute Zeugnisse bekommen – „man kann nicht von schlechter Arbeit reden“.
Nach einem Rechtsgespräch der Prozessbeteiligten erfolgte die Verurteilung wegen Urkundenfälschung schließlich per Strafbefehl. Dagegen kann die Juristin Einspruch einlegen.
Zur Startseite
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de