Bekanntgabe der Nobelpreise: Wer sollte sie dieses Jahr bekommen?
© dpa/Bearbeitung: Tagesspiegel Bekanntgabe der Nobelpreise: Wer sollte sie dieses Jahr bekommen?
Anfang Oktober teilt die Schwedische Akademie der Wissenschaften mit, wer dieses Jahr ausgezeichnet wird. Drei Tagesspiegel-Autoren geben ihre Einschätzung ab.
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Die erste Oktoberwoche ist für renommierte Forscherinnen und Forscher weltweit eine besonders aufregende Woche: Von Montag bis Mittwoch wird bekannt gegeben, wer die renommierten Nobelpreise in den Kategorien Medizin, Physik und Chemie erhält. In den Tagen danach werden auch die Preisträgerinnen und Preisträger der Kategorien Literatur, Frieden und Ökonomie mitgeteilt.
In unserer Serie „3 auf 1“ geben drei Tagesspiel-Autoren ihre Einschätzung dazu ab. Alle Folgen unserer Serie „3 auf 1“ finden Sie hier.
Friedensnobelpreis
Malte Lehming ist Autor beim Tagesspiegel. Den Friedensnobelpreis sollt seiner Ansicht die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg erhalten.
Nichts ist für das friedliche Zusammenleben der Menschheit wichtiger als der Kampf gegen die Erderwärmung. Der Klimawandel ist die größte sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit. Ob Dürre oder Überschwemmungen, Waldbrände oder Extremtemperaturen: Wenn es nicht gelingt, die Emission von Treibhausgasen drastisch zu reduzieren, nehmen die Katastrophen ihren Lauf.
Greta Thunberg ist das Symbol dieses Kampfes. Seit ihrer „Schulstreik für das Klima“-Aktion warnt sie leidenschaftlich, kompromisslos, manchmal trotzig und alarmistisch. Sie rüttelt wach, will Panik erzeugen, weil sie selbst Panik spürt. Damit hat sie Millionen Menschen erreicht, den Handlungsdruck auf die Herrschenden erhöht. Sie entlarvt deren Trägheit und ihre Ausreden.
Auf die ihr eigene, wundersame Art hat Greta Thunberg die Einsicht verbreitet, dass Kopf und Bauch, Verstand und Gefühl zusammenwirken müssen, um die Tragödien in Grenzen zu halten. In ihrer Haltung drückt sich jener existenzielle Ernst aus, der dem Thema angemessen ist.
Literaturnobelpreis
Gerrit Bartels ist stellvertretender Leiter des Kulturressorts beim Tagesspiegel und hält die Schwedische Akademie im höchsten Maß für idiosynkratisch.
Ginge es nach der Literaturwelt überall auf dem Globus, dürfte nur ein Autor für den diesjährigen Literaturnobelpreis in Frage kommen: Salman Rushdie. Die Gründe dafür sind bekannt, und Rushdies Werk mit Romanen wie „Mitternachtskinder“, „Satanische Verse“ und zuletzt „Victory City“ ist zudem über jeden literaturkritischen Zweifel erhaben.
Nur lässt sich die Schwedische Akademie seit jeher nur ungern jemand von außen einflüstern. Sie pocht auf Autonomie und ist im höchsten Maß idiosynkratisch. Man denke nur an ihre ganz eigene Entdeckung im Jahr 2021, Abdulrazak Gurnah. Den kannten nur die allerwenigsten.
Insofern dürften auch die von den Wettbüros favorisierten Autoren Haruki Murakami, Can Xue und Gerald Murnane nurmehr Wackelkandidaten sein, selbst wenn die Kontinente, von denen die drei stammen, Asien und Australien, dran wären. Gerade Murakami wird seit so vielen Jahren genannt, dass da gar keine Chance mehr besteht, so wie es bei Philip Roth war. Wer wird es also? Karl-Ove Knausgård.
Chemienobelpreis
Sascha Karberg ist Ressortleiter Wissen und Forschen beim Tagesspiegel. Geht es nach ihm, hätte Peter Hegemann von der TU Berlin den Chemienobelpreis verdient.
Den Lasker-Preis hat der in Münster geborene Peter Hegemann schon 2021 gewonnen. Was angesichts der Häufigkeit, mit der auf diese Auszeichnung der Nobelpreis folgt, mindestens ein sehr guter Anhaltspunkt in der jährlichen Kaffeesatzleserei vor der Nobel-Vergabe ist. „Da wird mir schon etwas mulmig“, sagte der Biophysiker dem Tagesspiegel damals.
Den Nervenkitzel hat sich der Professor der Technischen Universität Berlin selbst eingebrockt. Denn er gilt, gemeinsam mit seinem einstigen Doktorvater Dieter Oesterhelt vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried und Karl Deisseroth von der Stanford-Universität in Kalifornien, als Begründer der Optogenetik – einer Technik, mit der sich einzelne Nervenzellen im lebenden Gehirn per Lichtpuls einschalten lassen, um das Zusammenspiel der Zellen besser zu verstehen.
Das ist möglich, weil Hegemann in den 1990er Jahren Proteine in Algen untersuchte, die auf Licht reagieren. Er erkannte, dass diese Eiweiße durch das Licht ihre Form so ändern, dass in der Membran der Zellen ein „Loch“ entsteht. So können Ionen einströmen, die Zelle wird „eingeschaltet“. Die Technik ist Standard ist Forschungslabors, aber wird auch schon therapeutisch eingesetzt: Eingeschleust in die Netzhaut Erblindeter, können sie wieder Lichtreize wahrnehmen.
- 3 auf 1
- Greta Thunberg
- Technische Universität Berlin
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de