Arme Bundesländer sollen stärker profitieren: Durchbruch beim Milliardenprogramm für 4000 Brennpunktschulen

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Arme Bundesländer sollen stärker profitieren: Durchbruch beim Milliardenprogramm für 4000 Brennpunktschulen

© dpa Update Arme Bundesländer sollen stärker profitieren: Durchbruch beim Milliardenprogramm für 4000 Brennpunktschulen

Fast zwei Jahre lang wurde gestritten, jetzt setzte sich die Bundesbildungsministerin durch: Die Mittel für das Startchancen-Program werden teilweise gemäß der Armuts- und Migrantenquote verteilt.

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Bund und Länder haben den Streit um den Verteilungsschlüssel von zehn Milliarden Euro für Brennpunktschulen beigelegt. Demnach sollen 40 Prozent der Mittel überproportional an Länder mit hoher Armuts- und Migrantenquote sowie mit geringem Bruttoinlandsprodukt fließen.

Das gaben Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Donnerstag bekannt.

Weitere zehn Milliarden müssen die Länder beitragen. Insgesamt 4000 Schulen sollen zwischen 2024 und 2034 aus dem sogenannten Startchancenprogramm gefördert werden. Das entspricht etwa zehn Prozent aller deutschen Schulen.

Der Streit entfachte sich am Verteilungsschlüssel

Der Streit hatte sich daran entfacht, dass einige Länder das Geld nicht gemäß der sozialen Belastung der Schulen verteilen wollten, sondern wie üblich nach Bevölkerungszahl und Steueraufkommen, dem so genannten Königsteiner Schlüssel. Lediglich fünf Prozent des Geldes sollten nach dem Willen der KMK gemäß der Armutsquote verteilt werden. Dem hatte sich Stark-Watzinger widersetzt, weil es nicht dem Ziel des Programms entsprochen hätte.

Erst kurz vor der entscheidenden nächsten KMK-Sitzung am 12. Oktober konnte die Patt-Situation nach monatelangen Unstimmigkeiten überwunden werden. Bis Jahresende sollen die offenen Fragen geklärt werden, damit die ersten Schulen ab Sommer 2024 profitieren. Die letzten Schulen sollen bis 2026 in das Programm aufgenommen werden.

Erstmals sollen im Rahmen eines Bund-Länder-Programms Kinder aus bildungsfernen Familien ganz gezielt gefördert werden.

Ties Rabe, SPD, Hamburger Bildungssenator

Die 40 Prozent der Mittel, die entsprechend der sozialen Belastung ausgezahlt werden, sollen vor allem in Bau und Ausstattung der Schulen gehen. Weitere 30 Prozent fließen in die schulische Sozialarbeit. Die übrigen 30 Prozent dienen der Verbesserung der pädagogischen Angebote, beispielsweise für zusätzliche, gezielte Lernförderung in den Kernfächern Deutsch und Mathematik. 

Mit dem Programm wollen Bund und Länder den schlechter werdenden schulischen Leistungen entgegenwirken. Hamburgs Schulsenator und Koordinator der SPD-geführten Kultusministerien, Ties Rabe, verwies etwa auf die extrem schwachen Leistungen der deutschen Schüler bei den bundesweiten Lernstandserhebungen.

Grundschulen bekommen mehr Geld als Oberschulen

Da die Basis in der Grundschule gelegt wird, sollen 60 Prozent des Milliardenprogramms in die Primarstufe fließen. Die übrigen Mittel werden auf weiterführende Schulen, darunter auch Berufsschulen, verteilt. Die Erwartung ist, dass sich die Zahl der Absolventen ohne Schulabschluss senken lässt, wenn die Schulen besser ausgestattet und Sozialarbeiter sowie multiprofessionelle Teams an den Schulen eingesetzt werden.

30Prozent der Mittel sind für Sozialarbeit gedacht

Die Länder würdigten, dass es sich um eine Premiere handelt: Erstmals sollen im Rahmen eines Bund-Länder-Programms Kinder aus bildungsfernen Familien ganz gezielt gefördert werden. Der Handlungsdruck ist seit der Zuwanderung von 2015/16 erheblich gewachsen und wächst infolge des Zuzugs von geflüchteten Minderjährigen weiter.

Berlin bekommt erwa 47 Millionen Euro

Wie viel Geld jedes einzelne Land letztlich pro Jahr bekommen wird, wurde noch nicht offiziell mitgeteilt. Hamburg gab an, mit 20 Millionen zu rechnen, Berlin dem Vernehmen nach mit 47 Millionen Euro. Da Berlin ein eigenes Brennpunktprogramm hat, das so genannte „Bonusprogramm“, wird davon ausgegangen, dass diese millionenschweren Eigenleistungen anrechenbar sind, wenn ermittelt wird, wie hoch der Berliner Eigenbeitrag zum Startchancenprogramm ist. In das Bonusprogramm sind seit 2014 rund 180 Millionen Euro geflossen. Seine Effizienz gilt als ausbaufähig.

Jede Abweichung vom Königsteiner Schlüssel ist ein Quantensprung.

Markus Warnke, Wübben Stiftung

Markus Warnke, der Co-Geschäftsführer der privaten Wübben Stiftung, würdigte, die Einigung zwischen KMK und Bund, auch wenn es nur ein Kompromiss sei. „Jede Abweichung vom Königsteiner Schlüssel ist ein Quantensprung“, sagte er dem Tagesspiegel. Entscheidend sei, dass dieses Programm „die Aufmerksamkeit auf den Brennpunkt lenkt“. Die Wübbenstiftung kümmert sich schwerpunktmäßig um benachteiligte Schulen.

„Eckpunkte sind bekanntlich in einem solchen Prozess, in dem es um Milliarden Euro geht, nicht das Ende von Verhandlungen, sondern der Ausgangspunkt für die konkrete Ausgestaltung“, ließ sich Günther-Wünsch zitieren. Bei aller Freude über Fortschritte bei Startchancen bleibe aber die Fortführung von Bundesprogrammen wie dem Digitalpakt 2.0 essenziell. Wie es damit weitergeht, ist noch nicht klar.

Der Weg ist frei für das wichtigste bildungspolitische Projekt des Jahrzehnts.

Ria Schröder, bildungspolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion

„Der Weg ist frei für das wichtigste bildungspolitische Projekt des Jahrzehnts“, lautete am Abend die Einschätzung der bildungspolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ria Schröder. Bund und Länder hätten sich gemeinsam ambitionierte Ziele gesetzt und das Programm mit 20 Milliarden Euro so ausgestattet, „dass diese auch erreicht werden können“. Die hälftige Ko-Finanzierung sei ein klares Bekenntnis zur gemeinsamen Verpflichtung für die Bildungschancen aller Kinder.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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