Arbeiterkind-Gründerin zur Chancengleichheit: „Habe Sorge, dass Studieren wieder Luxus wird“

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Arbeiterkind-Gründerin zur Chancengleichheit: „Habe Sorge, dass Studieren wieder Luxus wird“

© Foto: Sophia Lukasch Photography Arbeiterkind-Gründerin zur Chancengleichheit: „Habe Sorge, dass Studieren wieder Luxus wird“

Ohne Zuschuss der Eltern ist Studieren oft ein finanzielles Wagnis. Gerade bei steigenden Preisen und Mieten müssten Unis und die Politik Kinder von Nicht-Akademikern besser unterstützen, fordert Katja Urbatsch von „Arbeiterkind“.

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Studieren öffnet im späteren Leben viele Türen, doch dieser Weg stand noch nie allen Interessierten offen. Es ist eine Geldfrage, wer sich die lange Lernzeit an einer Hochschule leisten kann. Selbst, wenn man den Bafög-Höchstsatz von rund 900 Euro bekommt, bleibt bei einer durchschnittlichen WG-Zimmer-Miete von 580 Euro in Berlin nicht mehr viel Geld fürs Leben übrig.

Gerade für Kinder aus Nicht-Akademiker-Haushalten dürfte die Hürde, ein Studium aufzunehmen, angesichts der derzeitigen Inflation und mangelnder Unterstützung immer größer werden, warnt Katja Urbatsch, Gründerin der Initiative ArbeiterKind.de. Trotz einiger Fortschritte hätten es Arbeiterkinder an Universitäten immer noch schwer. „Ich habe die Sorge, dass Studieren wieder Luxus wird und dadurch viele Talente verloren gehen“, so Urbatsch mit Blick auf den aktuellen Finanzdruck und die bestehenden Bafög-Sätze.

Unis mehr in die Pflicht nehmen

Die von Urbatsch vor 15 Jahren gegründete Initiative ermutigt Schüler:innen aus nicht-akademischen Familien, als Erste in ihrer Familie zu studieren. Mittlerweile engagieren sich bundesweit mehrere Tausend Ehrenamtliche in lokalen Gruppen, um Kinder aus Familien ohne Hochschulerfahrung zu unterstützen. Die Initiative wolle dabei niemanden davon abhalten, eine Ausbildung zu beginnen, betonte Urbatsch. „Es geht darum, unabhängig von der sozialen Herkunft den Talenten zu folgen.“ Es sei falsch, wenn jemand nur aus finanziellen Gründen den Wunsch aufgebe, zu studieren.

Studierende berichten uns, sie warteten acht Monate aufs Bafög. Das kann nicht sein!

Katja Urbatsch

Das Problem beginnt schon beim Informationszugang und der Bürokratie, die anfällt, um überhaupt Bafög zu bekommen. Hier sieht Urbatsch auch die Hochschulen in der Pflicht: „Sie sollten mit den Bafög-Ämtern zusammenarbeiten: Schon bei der Zusendung der Unterlagen für die Einschreibung etwa hätten die Unis die Chance, gleich den Bafög-Antrag mitzuschicken.“ Für die Frage der Studienfinanzierung fühlten sich Unis hierzulande jedoch nicht verantwortlich, kritisiert sie, das müsse sich ändern. „In den USA zum Beispiel bekommt man bei einer Zusage der Uni die Infos zur Finanzierung gleich mit.“

Geld darf kein Tabu-Thema sein

Grundsätzlich fehlt es Urbatsch, die in ihrer Familie selbst die erste Akademikerin ist und ein Buch über ungleiche Bildungschancen geschrieben hat, an einer politischen Anerkennung des Problems und entsprechenden Angeboten, die weniger wohlhabenden Schüler:innen den Weg zur Uni ebnen. „Geld ist in Deutschland noch immer Tabu-Thema.“ Stattdessen solle es vielmehr eine Pflicht geben, in Oberstufen zum Beispiel über Studienfinanzierung wie Bafög oder Stipendien zu informieren. Zum anderen fordert Urbatsch leichteren und schnelleren Zugang zum Bafög. „Die Studierenden berichten uns von acht Monaten Wartezeit aufs Bafög. Das kann nicht sein!“

Auch gebe es nicht genug Bewusstsein dafür, in welche Geldnot die zu Semesterbeginn anfallenden Rückmeldegebühren viele Studierende stürzen, so Urbatsch. Sie könnten die Summe schlichtweg nicht aufbringen. Wer auch die Nachzügler-Frist verpasst, wird exmatrikuliert. Studis in Gebührennot seien „keine Einzelfälle, es betrifft ganz viele, gerade in der heutigen Zeit. Sozialfonds von Studi-Vertretungen, um Bedürftigen das Geld vorzustrecken, reichten bei weitem nicht aus. Es müsse sich systematisch etwas ändern, legt Urbatsch nahe. In Berlin liegen die Studi-Gebühren an der Humboldt-Uni und der FU Berlin zum Wintersemester bei 315 Euro mit Semesterticket. An der TU Berlin waren es im Sommer 230 Euro, zum kommenden Winter werden es 113 Euro sein, weil das Ticket nicht mehr dabei ist.

Helfen könnten zudem mehr und vor allem passende Stipendien, sagt Urbatsch. Nicht nur „Top-Leistung“ und ehrenamtliches Engagement sollten belohnt werden. Es müsse bei der Vergabe der Stipendien vermehrt auch auf die soziale Herkunft und Lebensleistung geschaut werden. (mit epd)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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