„Werden nicht überrannt“ : Zahnärzte widersprechen Merz’ Migranten-Aussage vehement

© Imago Images/Photothek/Ute Grabowsky „Werden nicht überrannt“ : Zahnärzte widersprechen Merz’ Migranten-Aussage vehement

Wegen der hohen Zahl von Flüchtlingen bekämen Deutsche bei Zahnärzten kaum Termine, behauptet der CDU-Chef. Der Berufsverband widerspricht dieser Aussage in aller Deutlichkeit.

Mit seinen Aussagen über Zahnarztbehandlungen für Asylbewerber hat CDU-Chef Friedrich viel Wirbel ausgelöst und mächtig Kritik einstecken müssen. Nun hat auch die Bundeszahnärztekammer Merz’ Aussagen als unzutreffend und unverständlich zurückgewiesen. „Ich kann die Aussagen von Friedrich Merz ehrlich gesagt nicht nachvollziehen“, sagte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, am Donnerstag der „Wirtschaftswoche“ („WW“).

Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte Benz: „Die Zahnärzte werden nicht überrannt. Ich habe noch von keinem Kollegen gehört, dass in der Praxis gerade viele Termine blockiert sind, weil so viele Geflüchtete behandelt werden müssen. Niemand muss auf einen Termin warten, wenn die Behandlung dringlich ist, kein Deutscher und kein Flüchtling.“

Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.

Friedrich Merz, CDU-Chef

Wartezeiten im ländlichen Bereich seien auf die geringe Zahnarztdichte zurückzuführen, sagte er der „WW“. „Wer starke Schmerzen hat, wird aber immer bevorzugt behandelt.“  

Merz hatte die Bundesregierung zuvor zur Eindämmung der irregulären Migration aufgefordert. „Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300.000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen“, sagte Merz im „Welt-Talk“. „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“

Benz sagte in der „FAZ“ an die Adresse des CDU-Chefs: „Es wäre gut, er würde da mal einen Gang runterschalten.“ Gegenüber der WW warnte der Zahnärztechef vor „problematischen Pauschalaussagen“. „Die derzeit übliche politische Polterei löst keine Probleme. Ich würde mich über mehr Sacharbeit in der Politik freuen.“

Als vor acht Jahren viele Geflüchtete ins Land gekommen waren, seien einige Fragen zur medizinischen Behandlung unklar gewesen. Das habe sich durch das Asylbewerberleistungsgesetz geändert sagte Benz in der „FAZ“ weiter.

Dass sich Geflüchtete massenhaft in Deutschland die Zähne machen lassen, wie Friedrich Merz gesagt hat, das geht im Regelfall nicht.

Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer

„Dass sich Geflüchtete massenhaft in Deutschland die Zähne machen lassen, wie Friedrich Merz gesagt hat, das geht im Regelfall nicht.“ Anders sei es, wenn ein Patient Zahnschmerzen habe. „Eine Behandlung bei Schmerzen kann und will niemand verweigern. Da verhält sich Deutschland sehr fair“, sagte Benz.

„Einschränkungen bei den Leistungen gibt es beim Zahnersatz – vor allem dann, wenn es eher um kosmetische Aspekte geht.“

Ein Anspruch auf Zahnersatz besteht laut Gesetz, wenn dies „im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist“. Benz nannte im Gespräch ein Beispiel dafür. „Wenn jemand auf der Flucht seine herausnehmbare Prothese verloren hat beispielsweise. Dann ist es nötig, die Zähne zu ersetzen, damit die Nahrungsaufnahme möglich ist.“

Nach den ersten 18 Monaten des Aufenthalts werden Asylbewerber und Geduldete von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Die Leistungen sind dann ähnlich zu denen der gesetzlich versicherten Menschen, wie die Agentur dpa berichtet.

Die Kassen bezahlen allerdings in der Regel keine Brücken oder Kronen komplett, sondern übernehmen 60 Prozent der Kosten für Zahnersatz. Der Rest muss zugezahlt werden oder wird von einer privaten Zusatzversicherung getragen. (lem)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de