Union und AfD: Das Spiel mit dem Wort „Alternative“ ist riskant
Maria Fiedler ist stellvertretende Leiterin im Hauptstadtbüro des Tagesspiegels. Sie beobachtet seit Jahren sowohl Union als auch AfD.
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Manche Sätze entfalten ihre Wucht ja erst mit Verzögerung. In dieser Woche sagte CDU-Chef Friedrich Merz so einen Satz.
Er war zu Gast im malerischen Kloster Andechs bei der Klausur der CSU-Landesgruppe. Sein Statement vor den Kameras dort war eigentlich weitgehend unspektakulär. Bis auf seine Aussage, die Union wolle zeigen, dass sie „eine Alternative für Deutschland mit Substanz“ sei.
Twitter geriet in Aufruhr – hatten doch CDU und CSU kürzlich erst gemeinsam eine „Agenda für Deutschland“ mit 10 Punkten beschlossen. Abkürzen ließ sich das mit: AfD. In der Union schüttelten sie damals den Kopf über die Spekulationen, das könne Absicht gewesen sein. Man sollte das CDU und CSU auch nicht unterstellen.
Bei Merz‘ Aussage im Kloster Andechs lohnt es sich schon eher, genau hinzuschauen. Sie war nicht spontan, sondern Teil seines vorbereiteten Statements. Es ist Merz‘ Strategie, die CDU als die „eigentliche Alternative“ zu positionieren, wie er es jüngst formulierte – als die gute Opposition. So will er die CDU offenbar attraktiver machen für AfD-Wähler, die zwar sauer sind, aber mit Rechtsextremismus und Schmuddel-Ecke eigentlich lieber nichts zu tun haben wollen.
Es stellt sich aber die Frage, ob es klug ist, Formulierungen wie in Andechs zu wählen. Abgesehen davon, dass es strittig ist, wie viele AfD-Wähler dieser Art es gibt und ob man sie tatsächlich zurückholen kann. Durch Merz‘ Formulierung entsteht der Eindruck, als wolle er sich bei den AfD-Wählern anbiedern und sagen: Kommt lieber zu uns, wir bieten ähnliche Inhalte, aber dafür seriös.
Die CDU ist aber keine „AfD mit Substanz“, sondern eine Partei, die sich fundamental von den extremen Rechten unterscheidet. Es ist nämlich nicht das Ziel der CDU, das politische System von innen heraus anzugreifen und die Demokratie verächtlich zu machen.
Mit seiner Formulierung droht Merz diesen entscheidenden Unterschied zu verwischen. Auch einige CDU-Mitglieder reagierten mit Befremden auf Merz’ Aussage.
Kurz gesagt: Die CDU kann und sollte natürlich alles tun, um sich in der Opposition als Alternative zur Ampel-Koalition zu profilieren. Nur sollte sie keine Formulierungen wählen, in denen sie sich als eine wie auch immer geartete „Alternative für Deutschland“ bezeichnet. Der Begriff ist besetzt – und zwar nicht positiv.
Maria Fiedler ist stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros. Sie beobachtet seit vielen Jahren die Union und die AfD.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de