SPD-Widerstand gegen Heils Pläne: Jusos wollen keine härteren Sanktionen für Arbeitslose

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SPD-Widerstand gegen Heils Pläne: Jusos wollen keine härteren Sanktionen für Arbeitslose

Der Arbeitsminister will arbeitsunwilligen Langzeitarbeitslosen das Bürgergeld streichen. Dagegen kommt Protest aus den eigenen Reihen. Die Grünen kündigen eine genaue Prüfung an.

Von

  • Daniel Friedrich Sturm

Der Plan von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), arbeitsunwillige Langzeitarbeitslose stärker zu sanktionieren, stößt in den eigenen Reihen auf Widerstand. „In einem Rechtsstaat ist es nicht vertretbar, Menschen als Sanktion hungern zu lassen“, sagte der Vorsitzende der Jungsozialisten, Philipp Türmer, dem Tagesspiegel.

Der Vorschlag sei weder mit der Menschenwürde noch mit dem Grundgedanken des Bürgergelds vereinbar. „Die vorgeschlagene Verschärfung der Sanktionen darf nicht kommen“, sagte der Chef der SPD-Jugendorganisation.

Heil will Arbeitslosen, die alle Job-Angebote verweigern, das Bürgergeld bis zu zwei Monate komplett streichen. Sie erhielten dann lediglich die Wohnkosten. 170 Millionen Euro sollen so beim Bürgergeld eingespart werden.

Vereinbart wurden die härteren Sanktionen bei den Verhandlungen für einen Spar-Etat von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Heil hat dazu nun einen Gesetzentwurf verfasst, er befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung.

Ampel hat die Sanktionen gelockert

Der SPD-Arbeitsminister vollzieht damit eine Kehrtwende. Als er Hartz IV durch das Bürgergeld ersetzte, wurden die Sanktionen für nicht kooperierende Arbeitslose entschärft. Ihnen können derzeit bis zu 30 Prozent der Bezüge gekürzt werden, zuvor war eine Kürzung um 60 Prozent oder die Streichung der gesamten Leistung möglich.

Türmer verteidigte diese „Abkehr von der Hartz-IV-Ideologie“. Bürgergeldempfänger dürften nicht erneut, „ständig den Entzug ihrer Lebensgrundlage fürchten müssen“, sagte der Juso-Chef. Nicht nur die direkt Sanktionierten seien betroffen, alle müssten mit der Angst leben, „dass eine verpasste Reaktion auf einen Brief oder ein Fehler des Mitarbeiters im Jobcenter zum Verlust ihrer Existenzgrundlage führt“, betonte Türmer.

Die Grünen-Fraktion will sich Heils Gesetzentwurf zunächst genau ansehen. „Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2019 zu Sanktionen geurteilt und strenge Vorgaben für die Kürzung des Existenzminimums gemacht“, sagte Vize-Fraktionschef Andreas Audretsch dem Tagesspiegel. Daran „werden wir jeden Vorschlag zur Reform prüfen und messen”.

Die Karlsruher Richter verlangten 2019 ein menschenwürdiges Existenzminimum auch im Fall von Sanktionen. Für akzeptabel befanden die Richter im Regelfall eine Kürzung um 30 Prozent. Eine vollständige Streichung ist nach der Entscheidung nur möglich, wenn ein Bürgergeld-Bezieher ein Job-Angebot ablehnt, das seine Bedürftigkeit sofort beenden würde – etwa durch einen Vorschuss. „Diese Möglichkeit wird nunmehr gesetzlich ausgestaltet“, heißt es aus Kreisen des Arbeitsministeriums.

Über 97 Prozent der Menschen im Bürgergeld kamen 2022 überhaupt nicht mit Sanktionen in Kontakt

Andreas Audretsch, Vize-Fraktionschef der Grünen

Aus der SPD erhielt Heil dafür am Freitag auch Unterstützung. „Wenn sich einige wenige der Arbeitsaufnahme dauerhaft verwehren, dann müssen auch Sanktionen folgen“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli dem Tagesspiegel: „Wir sind uns in der SPD einig darüber, dass wir die Sanktionen für junge Erwachsene abschaffen.“ Der Fokus des neuen Bürgergelds sei vor allem, „Menschen die Chancen für Qualifizierungen zu geben, um eine langfristige Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu haben“.

Wie viel bringen härtere Sanktionen?

Die Grünen bezweifeln die Wirksamkeit härterer Sanktionen. Audretsch erwartet, dass sie kaum angewendet werden. „Über 97 Prozent der Menschen im Bürgergeld kamen 2022 überhaupt nicht mit Sanktionen in Kontakt“, sagte er.

Um mit dieser Maßnahme 170 Millionen Euro einzusparen, müsste das Bürgergeld allerdings in kommenden Jahr wohl Empfängern in mehreren 100.000 Fällen verweigert werden. Das Arbeitsministerium plant außerdem, einen Bonus für Bürgergeld-Empfänger in Fortbildungskursen zu streichen. Hierdurch erwartet das Ministerium Einsparungen von 100 Millionen Euro.

Vor allem die Liberalen hatten während der Haushaltsverhandlungen von Scholz, Habeck und Lindner auch Einsparungen im Sozialetat gefordert. Entsprechend zufrieden zeigte sich der Finanzminister am Freitag.

Heil setze nicht nur seinen Beitrag zum Haushaltskonzept 2024 um. „Vor allem wird die Akzeptanz des Sozialstaats gestärkt, wenn auch Gegenleistungen gefordert werden“, sagte Lindner. Das erwarteten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu Recht. „Das System unserer Sozialleistungen muss daraufhin geprüft werden, dass sich Arbeit stets mehr lohnt als der Verzicht auf einen Job.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de