© IMAGO/Frank Ossenbrink / Foto: Imago/Frank Ossenbrink Nach Flüchtlingsgipfel: CDU will Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz
Der Flüchtlingsgipfel machte den Weg frei für mehr Kontrollen an Deutschlands Grenzen. Nun fordert die Union eine „zügige“ Umsetzung. Grüne und FDP sind skeptisch.
Von Daniel Friedrich Sturm
Die CDU verlangt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine rasche Einführung von Kontrollen an der deutschen Grenze zu mehreren Nachbarländern. „Die Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz sollten in Ergänzung zu den bereits bestehenden Kontrollen an der Grenze zu Österreich jetzt zügig angeordnet werden“, sagte Josef Oster, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages, dem Tagesspiegel.
Die Kontrollen müssten „europäisch notifiziert, lageangepasst und im Zusammenspiel mit moderner Binnengrenzfahndung stattfinden“, sagte der CDU-Politiker.
Auf dem Flüchtlingsgipfel am 10. Mai hatte der Bund eine Ausweitung der Kontrolle über die an der Grenze zu Österreich angekündigt. Die Zahl unerlaubter Einreisen nach Deutschland sei „seit Monaten außergewöhnlich hoch“, sagte CDU-Innenexperte Oster. Alleine an den Grenzen zu Polen, Österreich, Tschechien und der Schweiz seien im ersten Quartal 2023 von der Bundespolizei über 12.000 Personen aufgegriffen worden.
Solange die Zahlen so hoch sind, halte ich an den Grenzen zu diesen Ländern Grenzkontrollen für notwendig und angebracht.
Josef Oster, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages
„Solange die Zahlen so hoch sind, halte ich an den Grenzen zu diesen Ländern Grenzkontrollen für notwendig und angebracht“, sagte Oster. Außerdem müsse die Bundesregierung „die vielfach angekündigte Rückführungsoffensive mit konkreten Maßnahmen in die Tat umsetzen und eine Ausweitung der Einstufung sicherer Herkunftsländer entschlossen vorantreiben“.
AfD will „grüne Grenze überwachen“
Der AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio forderte Kontrollen an allen deutschen Grenzen, „an allen, da illegale Grenzübertritte überall stattfinden“. Eine besondere Gewichtung sei im ‚Osten und Süden‘ nötig, sagte er dem Tagesspiegel. Dabei dürfe nicht nur kontrolliert, sondern müsse auch zurückgewiesen werden.
Außerdem sei eine flächendeckende Kontrolle nötig. Es dürften „nicht wie bei der Schleierfahndung zahllose Schlupflöcher gelassen werden, auch die grüne Grenze muss überwacht werden“, sagte Curio. Zudem seien „mehr Abschiebungen“ nötig.
Der SPD-Innenexperte Sebastian Hartmann verwies darauf, dass Bundesinnenministerin Faeser erst mit Wirkung zum 12. Mai die Grenzkontrollen an der österreichischen Grenze für weitere sechs Monate angeordnet habe. Das sei nachvollziehbar, „da die unerlaubten Einreisen über diese Grenze wieder enorm angestiegen sind und auch unsere Länder und Kommunen immer stärker gefordert sind bei der Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten“, sagte Hartmann dem Tagesspiegel.
SPD will Grenzkontrollen im Schengen-Raum „nur bei verschärfter Lage“
An der österreichisch-deutschen Grenze seien in 2022 23.000 unerlaubte Einreisen registriert worden. Diese Grenze dürfte „das Haupteinfallstor nach Deutschland sein und wird von Schleusern bevorzugt genutzt“. Grenzkontrollen an weiteren Schengen-Binnengrenzen seien „detailliert zu prüfen und auch nur gerechtfertigt durch verschärfte Lagen durch irreguläre Migration“.
Man müsse sich etwa die Grenze von der Tschechischen Republik nach Sachsen oder Bayern ansehen. Grenzkontrollen und Intensivierung der Schleierfahndung sollten „dabei helfen, massiv gegen Schleuser vorzugehen, die ein Geschäft mit dem Leben von Menschen betreiben“.
Stationäre Binnengrenzkontrollen können nach Ansicht der FDP-Innenpolitikerin Sandra Bubendorfer-Licht „nur das letzte Mittel“ sein. „Der europäische Schengenraum ist eine historische Errungenschaft, dessen Aufweichung stets sehr gut abgewogen werden muss“, sagte sie dem Tagesspiegel. Natürlich müssen man wissen, „wer in unser Land kommt“. Das bessere Mittel sei „eine ausgeweitete Schleierfahndung durch die Bundespolizei im Grenzgebiet“.
Grüne sehen „reine Symbolpolitik“
Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss, nannte die stationären Grenzkontrollen wie zu Österreich „reine Symbolpolitik“. Sie schadeten der Wirtschaft, belasteten die Menschen vor Ort und seien „sicherheitspolitisch ineffektiv“, sagte Emmerich dem Tagesspiegel: „Gleichzeitig fehlen dadurch dringend benötigte Einsatzkräfte an Bahnhöfen und Flughäfen.“ Nötig seien „mobile Schwerpunktkontrollen“, auch im Hinblick von Drogenschmuggel und illegalen Waffen.
Nach Ansicht der Linken-Abgeordneten Clara Bünger wird die Reisefreiheit in der EU „durch die stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze eingeschränkt“. Bünger warf der Koalition vor, die Verlängerung der Kontrollen „ohne konkrete und neue Gefahren nachzuweisen, wie es der Schengener Grenzkodex vorsieht … einen klaren Verstoß gegen Unionsrecht“. Diese „rechtswidrige Praxis“ müsse beendet, statt ausgeweitet werden.
„Die große Mehrheit derer, die ,irregulär’ einreisen, sind Asylsuchende. Sie dürfen ohnehin nicht an der Grenze zurückgewiesen werden“, sagte Bünger dem Tagesspiegel.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de