© Imago Images/Fotostand/Gelhot Update Nach Drohbriefwelle an Moscheen: Muslimische Gemeinden fordern Polizeischutz
Die Behörden sollen nicht warten, bis etwas passiere, warnen die Muslimenverbände. Zuletzt bekam eine Moschee in Hannover ein mit „NSU 2.0“ unterzeichnetes Schreiben.
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Nach einer bundesweiten Serie von mutmaßlich rechtsextremen Drohbriefen an Moscheegemeinden fordern muslimische Verbände Polizeischutz. Es müssten grundsätzlich Sicherheitsmaßnahmen für Moscheen ergriffen werden, sagte der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), Regionalverband Hannover, Recep Bilgen, am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wenn nicht jetzt, wann dann?“
Die Behörden sollten nicht warten, bis etwas passiere. Die Schura Niedersachsen unterstützte die Forderung. Bisher existierten keinerlei Sicherheitsmaßnahmen, sagte der Vorsitzende Kerim Ocakdan. In den Gemeinden mache sich zunehmend Unruhe breit. Er schlug vor, die Polizei könnte etwa bei den Freitagsgebeten vor den Moscheen Präsenz zeigen.
Muslimische Gemeinden in ganz Deutschland erhalten derzeit rechtsextreme Briefe. Bisher geht es um 33 Droh- und Beleidigungsschreiben, die bundesweit verschickt wurden, elf davon allein in Niedersachsen. Auch einige wenige christliche Gemeinden wurden bedroht. Dies berichtet der „Spiegel“. Staatsanwaltschaft und Polizei in Osnabrück ermitteln.
Zuletzt hatte eine Moschee in Hannover einen mit „NSU 2.0“ unterschriebenen Drohbrief erhalten. Darin stand dem Bericht zufolge: „Euer Imbiss ist nur der Anfang. Wir kommen wieder.“
Polizei geht von ein und demselben Verfasser aus
Die Ermittlerinnen und Ermittler gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass es sich beim Verfasser der Briefe immer um denselben Täter handelt. Einen konkreten Verdächtigen wollen sie aber noch nicht benennen. Ermittelt wird gegen unbekannt wegen Volksverhetzung, Beleidigung, Bedrohung, Verleumdung und des Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen wie Hakenkreuze.
Der Staatsschutz muss hier intensiver recherchieren.
Recep Bilgen, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Hannover
Nachdem der Brief bei der Moschee in Hannover eingetroffen war, hatte der Sprecher der Polizeiinspektion Osnabrück, Jannis Gervelmeyer, dem Evangelischen Pressedienst gesagt: „Wir gehen davon aus, dass es ein und derselbe Verfasser ist.“ Die Polizei hält die Briefe jedoch für fingiert.
Der Brief nenne als Absender mit voller Adresse eine Frau aus Osnabrück, beigefügt sei sogar ein Porträtfoto von ihr. Die Frau habe jedoch nichts mit der Drohung zu tun, sagte Gervelmeyer. Der Absender wolle dieser Person ganz offensichtlich schaden.
Vergleichbare Briefe seien auch im Osnabrücker Raum sowie unter anderem in Bayern und Baden-Württemberg eingegangen, sagte der Polizeisprecher. Mit einer mutmaßlichen Brandstiftung auf die Moschee in Hannover vor rund zwei Monaten sehe die Polizei keinen direkten Zusammenhang, wenngleich der Drohbrief mit zwei Sätzen Bezug auf das Ereignis nehme. „Wir nehmen die Sache sehr ernst“, sagte der Sprecher.
Bei dem Feuer an der Moschee Ende Mai waren nachts zwei Molotow-Cocktails an die Fassade des Gebäudes geschleudert worden. Ein Döner-Imbiss unterhalb des Gebetsraums fing Feuer. Passanten konnten die Flammen jedoch rasch löschen. Beschädigt wurden Kunststoff-Stühle und ein Fenster. Verletzt wurde niemand.
Recep Bilgen, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Hannover, postete den Drohbrief bei Twitter und schrieb dazu: „Der Staatsschutz muss hier intensiver recherchieren.“ Die Absender stellen mit „NSU 2.0“ einen Bezug zur rechtsextremen Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) her. Deren Mitglieder hatten zwischen 2000 und 2007 acht türkisch- und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet. (lem)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de