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Lindner entlässt Staatssekretär Gatzer: Ein abruptes Ende für den Miterfinder der Schuldenbremse
Seit 2005 war Werner Gatzer fast durchgängig der für den Etat zuständige beamtete Staatssekretär. Nun wurde er vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Warum?
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Einer der mächtigsten Beamten der Bundesrepublik ist seinen Job los. Werner Gatzer, Haushaltsstaatssekretär im Bundesfinanzministerium, ist zum Jahresende in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Ein Jahr hätte er regulär noch gehabt, er ist Jahrgang 1958. Aber Finanzminister Christian Lindner hat ihn nun vorzeitig entlassen.
Die Abschiedsworte sind knapp gehalten. Lindner dankt in einer kurzen Pressemitteilung für den „jahrzehntelangen Einsatz im Dienst des Bundesministeriums der Finanzen“. Er attestiert Gatzer hohen persönlichen Einsatz und Tatkraft. Das war’s. Das lapidare Ende einer bemerkenswerten Karriere.
Gatzer war seit 2005 fast durchgängig der für den Etat zuständige beamtete Staatssekretär. Er ist in der Funktion zur legendären Figur geworden. Er begann unter Peer Steinbrück, zuvor war er Leiter des Planungsstabes von Hans Eichel.
Der Sozialdemokrat Gatzer wurde dann von Wolfgang Schäuble übernommen, als der in der schwarz-gelben Koalition 2009 Finanzminister wurde. Er behielt ihn im Amt, als 2013 die nächste Groko-Zeit begann. Auch Olaf Scholz hielt an Gatzer fest, als er das Finanzministerium 2017 übernahm. Und Lindner tat das auch, als er Ende 2021 ins Ministerbüro in der Wilhelmstraße einzog.
Der Grund für diese einzigartige Permanenz ist leicht erklärt: Gatzer war ein klassischer, eher traditionell orientierter Haushälter, der sich in den Verhandlungen mit den einzelnen Ministerien immer als recht durchsetzungsfähig erwies. Seine Erfindung war das Haushaltsverfahren, das seit Jahren angewendet wird. „Top down“, so Gatzers Bezeichnung dafür: Das Finanzministerium setzt nur den Ausgaberahmen, den die Ministerien dann selber füllen können.
Gatzer galt als „harter Hund“
Gatzer gilt auch als Miterfinder der Schuldenbremse, er hat sie jedenfalls seit der Einführung 2009 stets als wichtiges haushaltspolitisches Instrument hochgehalten. Sie macht dem Finanzministerium das Geschäft auch einfacher, weil sie eben als Ausgabendeckel wirkt.
Aber Gatzer, ein Jurist, war immer pragmatisch – es wurde gern geunkt, dass der Herr der Schuldenbremse auch stets wusste, wie man sie umgehen kann. Kein Haushaltstrick sei ihm fremd, hieß es gern in Kreisen der Haushälter im Bundestag. Er galt durchaus als „harter Hund“, der Rheinländer mit Arbeiterfamilienhintergrund kann aber auch ein recht angenehmer Gesprächspartner mit sprödem Humor sein.
Was ist der Hintergrund der Entlassung? Offenkundig das Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse. Gatzer war als Staatssekretär natürlich an der Konstruktion der Übertragung von Corona-Kreditermächtigungen auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF) im Herbst 2021 beteiligt. Das geschah unter der Verantwortung von Scholz als Finanzminister.
Was wurde Gatzer zum Verhängnis?
Dazu gibt es allerdings zwei Erzählungen. Die eine deutet auf Gatzer als wesentlichen Konstrukteur. Die andere aber sieht mehr den damaligen Finanzstaatssekretär und heutigen Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt in der Verantwortung, der damals einen Kreis von progressiven Ökonomen ins Ministerium geholt hatte.
Einer von ihnen, Jakob von Weizsäcker, ist mittlerweile im Saarland Finanzminister und hat dort das jetzt in Karlsruhe gescheiterte Manöver eines mit Notlagenkrediten finanzierten Transformationsfonds wiederholt.
Er ist ja der Erfinder des verfassungswidrigen Umbuchungsmanövers.
Mathias Middelberg (CDU)
Eher könnte Gatzer die Konstruktion der Finanzierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds zum Verhängnis geworden sein. Hier wurden Ende 2022 über eine fiktive Anleihe Mittel in Höhe von 200 Milliarden Euro eingestellt, nicht unähnlich der Konstruktion der nun als verfassungswidrig erklärten Befüllung des KTF.
Wie es scheint, hat Gatzer diesen Weg gewählt, weil Lindner eine Kreditaufnahme im Jahr 2022 verlangt hatte, um für 2023 die Schuldenbremse wieder regulär gelten zu lassen. Das ist nun ebenfalls verfassungswidrig, weshalb der FDP-Chef am Donnerstag erklären musste, die Koalition werde nachträglich für das Gesamtjahr eine Notlage erklären und einen Nachtragsetat einbringen.
Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg sagte dem Tagesspiegel zu Gatzers Entlassung, es werde nun der entlassen, „der die faule Idee auszuarbeiten hatte“. Angemessen wäre, wenn der Bundeskanzler jetzt auch seinen Hut nähme, sagte Middelberg. „Denn er ist ja der Erfinder des verfassungswidrigen Umbuchungsmanövers, wie die Kanzlerbefragung in der letzten Woche deutlich gemacht hat.“
Gatzers Nachfolger ist auch schon bekannt: Es ist Wolf Reuter, der Leiter der Grundsatzabteilung im Finanzministerium.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de