© picture alliance/dpa/Friso Gentsch Heizungsrebell Frank Schäffler: Dieser Mann treibt die FDP
Einst galt er als Eurorebell, im Heizungsstreit hat die FDP sich vom Abgeordneten Frank Schäffler leiten lassen. Ist das ein Problem?
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An der Wand im Büro des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hängt ein Bild. Es ist eine Sonne, tiefrot, glutheiß, seine Frau hat es vor vielen Jahren gemalt. Es passt zu dem Streit, den Schäffler vor einigen Wochen lostrat, schließlich ging es ums Heizen, auch ums Klima. Weniger gut passt es zu seiner Rolle als Anzettler im Streit um das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).
Schäffler hat seine Partei gegen Habecks Pläne mit viel Schaum vor dem Mund (er nannte das Gesetz unter anderem „Atombombe“) aufgestachelt, die FDP-Basis begehrte auf dem Parteitag im April dagegen auf. Zuerst ließ die FDP-Führung den Protest laufen, dann schloss sie sich an. Frei nach dem Motto, das der Satiriker Volker Pispers einmal Angela Merkel unterstellte: „Mir nach, ich folge Euch.“
Und nun?
Schäffler, 54, sitzt in seinem Büro, es ist schwül, er hat sein Jackett ausgezogen, trotzdem schwitzt er. Seit zwei Wochen ist der Streit, der die Ampel-Koalition an den Rand ihrer Handlungsfähigkeit trieb, zumindest vorerst beendet. Nach tagelangen Verhandlungen haben sich SPD, FDP und Grüne auf Leitplanken für das Gesetz geeinigt, zum Schluss entschieden Kanzler Olaf Scholz (SPD), FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner und Vizekanzler Habeck in der Dreierrunde darüber.
Ganz vorbei ist das Heizrebellentum noch nicht
Schäffler hat die Einigung begrüßt, er sagt aber auch, es gebe „nach wie vor viele offene Fragen“. „Nur weil ein paar Leitplanken aufgestellt wurden, heißt das noch nicht, dass das Gesetz so geändert wird, wie wir uns das vorstellen.“
Ganz vorbei ist es mit dem Heizrebellentum also noch nicht. Der Vorgang hat zudem eine sehr grundsätzliche Frage aufgeworfen: Verfolgt die FDP-Führung in der, für viele nach wie vor ungeliebten, Ampel-Koalition eine Strategie, oder lässt sie sich treiben, je nachdem, was Erfolg verspricht?
Schäffler sagt, er habe mit dem Antrag auf dem Parteitag zeigen wollen, wie geschlossen die Partei bei dem Thema sei, insbesondere vor der Wahl in Bremen. Wäre die Partei dort aus dem Landtag geflogen, wäre es der dritte Rauswurf aus einem Landesparlament in Folge gewesen. Schäffler glaubt, dass es sein Antrag war, der der Partei die Wahl in Bremen gerettet hat. „So selbstbewusst bin ich dann doch“, sagt er.
Die Parteiführung wollte das Thema nicht setzen
Die Führung aber habe das Thema nicht setzen wollen. Was seine Reaktion gewesen sei, hätte die Spitze einen eigenen Antrag formuliert? „Dann hätte mein Antrag wohl nicht diesen Lauf gehabt“, sagt Schäffler. Heißt auch: Dann hätte Schäffler die Debatte nicht dominiert. Wer weiß, ob der Katalog von 101 Fragen, die Schäffler sammelte, und die auf verschlungenem Wege an die „Bild“-Zeitung gelangten, in dem Fall überhaupt zustande gekommen wäre.
So aber hat die FDP-Führung Schäffler viel Raum gelassen. Nicht alle in der FDP sind glücklich darüber. Schließlich sind Raumfragen Machtfragen. Es gibt jene, die Schäffler abtun, als eine Art Quartalsirren, der als Eurorebell während der Finanzkrise bekannt wurde, und nun etwas Ähnliches beim Heizungsgesetz versucht hat.
Wir kämpfen Seit an Seit, aber in völlig unterschiedlichen Rollen.
FDP-Abgeordnete Frank Schäffler über sein Verhältnis zu Parteichef Christian Lindner
Doch anders als 2011 versuchte die Partei- und Fraktionsspitze gar nicht erst, ihn auszubremsen. Schäffler bestimmte das Narrativ. „Jetzt wird versucht, eine Differenz zwischen mir und Christian Lindner herzustellen. Das ist absurd“, sagt er. Er geht noch weiter: „Wir kämpfen Seit an Seit, aber in völlig unterschiedlichen Rollen.“ Es ist ein denkwürdiges Bild, Lindner als Parteichef und Bundesfinanzminister „Seit an Seit’“ mit dem Heizungsrebellen Schäffler.
Schäffler, glauben manche, wolle den Klimaschutz verzögern, weil er nicht an ihn glaube. Er selbst hatte sich vor vielen Jahren als „Klimaskeptiker“ bezeichnet. „Ich habe meine Haltung geändert, der Klimawandel ist menschengemacht. Man sieht das ja auch“, sagt er und zeigt nach draußen, wo die Sonne auf den Asphalt knallt. Solche Töne ist man von ihm nicht gewöhnt.
Lindner muss sich fragen, ob seine Allianz mit Schäffler das Bild der Partei nicht zu sehr auf eine bestimmte Klientel zuspitzt. In seinem Büro ist es ausgerechnet Schäffler, der sagt: „Wir dürfen uns strategisch nicht zu sehr verengen“.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de