Zwischen Minderheitenrecht und Mehrheitsmeinung: Darf die Ampel den Cum-ex-Ausschuss stoppen?
© dpa/Christian Charisius Update Zwischen Minderheitenrecht und Mehrheitsmeinung: Darf die Ampel den Cum-ex-Ausschuss stoppen?
SPD, Grüne und FDP werfen der Union vor, einen verfassungswidrigen Untersuchungsausschuss einsetzen zu wollen und blockieren ihn im Bundestag. Den Streit soll nun Karlsruhe klären.
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Hat das Minderheitenrecht der Opposition im Bundestag, einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu können, verfassungsrechtliche Grenzen? Die Antwort lautet eindeutig: Ja. Doch wer setzt diese verfassungsrechtlichen Grenzen? Die Richter in Karlsruhe? Oder darf das schon die Mehrheit im Parlament?
Darum geht es in dem Streit um die Einsetzung des Cum-ex-Untersuchungsausschusses, den die Unions-Fraktion beantragt hat und dem die Ampel-Fraktionen nun widersprochen haben. Im Geschäftsordnungsausschuss haben sie sich gesperrt, am Mittwochabend haben sie dagegen gestimmt. So erhielt die Union für ihren Antrag nicht die nötige Mehrheit.
In dem Ausschuss soll es darum gehen, ob und warum die Hansestadt Hamburg 2016 Rückforderungen von zu Unrecht erhaltenen Kapitalertragsteuer-Erstattungen aus mittlerweile als illegal eingestuften Dividendengeschäften verjähren lassen wollte. Die „Cum-ex-Masche“, die jahrelang von Banken und Finanzdienstleistern genutzt wurde, um beiden Steuererstattungen mehrfach abzusahnen, kostete den Fiskus einige Milliarden Euro.
Es geht um Scholz und die Warburg-Bank
Auch die Hamburger Warburg-Bank machte mit. In der Amtszeit von Olaf Scholz als Hamburger Bürgermeister kam es dann zu den Vorgängen um die Rückforderungen, die bereits einen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft beschäftigen.
Zu den Fragen der Union gehört auch die, ob Hamburg als einziges Bundesland so handelte und ob es als einziges Bundesland 2017 vom Bund angewiesen wurde, Rückforderungen zu vollstrecken.
Die Ampel-Fraktionen halten das Ansinnen für verfassungswidrig – und daher dürfe man der Einsetzung gar nicht zustimmen, sagt der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner. Es gehe der Union darum, das Verhalten einer Landesverwaltung zu untersuchen, was aber nach der bundesstaatlichen Verfassungsordnung nicht Aufgabe des Bundestags sei.
Zudem sieht die Ampel es als verfassungswidrig an, in einem Untersuchungsausschuss das Verhalten eines Amtsträgers im Bund – also Olaf Scholz – aus der Zeit vor der Aufgabe im Bund zu thematisieren. Die Ampel-Fraktionen sehen sich durch die von ihnen benannten Sachverständigen bei der Anhörung vor gut einer Woche bestätigt.
Ganz anders sieht es die Union – die sich ebenfalls durch juristische Gutachten bestätigt sieht. Patrick Schnieder, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, sieht in der Ablehnung der Einsetzung einen Verstoß gegen die parlamentarische Praxis der vergangenen Jahrzehnte.
Wie bei Wirecard?
Gerade bei den Steuern gehe es um „Bundesauftragsverwaltung“, weshalb der Bundestag das Recht habe, auch das Agieren von Landesverwaltungen zu beleuchten. So sei es auch im Amri-Untersuchungsausschuss und im Wirecard-Ausschuss gewesen. Zudem ist nach Ansicht der Union das politische Verhalten von Scholz vor seiner Amtszeit als Kanzler relevant, denn es geht demnach um seine politische Glaubwürdigkeit.
Nach der erwarteten Ablehnung im Bundestag am Mittwochabend, möchte die Unions-Fraktion eine Klage in Karlsruhe prüfen. Die SPD sieht der gelassen entgegen. CDU und CSU werfen der Ampel Verzögerungstaktik vor und setzen darauf, dass der Untersuchungsausschuss nach einem Erfolg in Karlsruhe im kommenden Jahr eingesetzt werden kann.
Am Mittwoch hat sie deswegen auch einen Antrag vorgelegt, wonach alle Ministerien und Behörden in Bund und Ländern vorerst keine Daten löschen dürfen, die mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben, auch wenn es gesetzlich möglich wäre, sie zu vernichten.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de