Wie wollen wir künftig essen?: Sieben Berliner beraten den Bundestag in Sachen Ernährung
© picture alliance / ZB | Matthias Tödt Wie wollen wir künftig essen?: Sieben Berliner beraten den Bundestag in Sachen Ernährung
Deutschlandweit 160 zufällig ausgewählte Menschen beraten den Bundestag zum Thema Ernährung. Mit dabei sind auch sieben Berliner:innen.
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Wenn Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am 29. September den ersten Bürgerrat des Deutschen Bundestages zum Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ eröffnet, werden auch sieben Berliner:innen unter den 160 Teilnehmenden aus ganz Deutschland sitzen. Leonie Schettler und Holger Dehnhardt gehören dazu: Beide sind schon sehr gespannt und neugierig auf die Diskussionen.
Ein kleiner „Stups“ war nötig
„Mutti, das musst du machen“, habe ihre 21-jährige Tochter gesagt, als der Einladungsbrief in der Post lag, erzählt Leonie Schettler und gesteht, dass sie diesen kleinen „Stups“ brauchte. Sie habe vorher nichts von dem geplanten Bürgerrat gewusst. Außerdem sei sie nur deswegen beim Bürgerrat dabei, weil jemand anderes dann doch abgesagt habe, sagt die 37-jährige, die in Mitte wohnt und arbeitet. Aber interessiert habe sie das Thema sofort.
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Schließlich beschäftige sie sich viel mit Ernährung – sie habe nicht nur Ernährungsberatung in der Fern-Uni studiert, sondern arbeite auch in einem Hotel im Gastronomiebereich – in Küche, Backstube oder als Barista. Sie esse Fleisch, aber sehr bewusst und gehe nicht zum Discounter, sagt Leonie Schettler. Als alleinerziehende, berufstätige Mutter habe sie aber durchaus mal zum schnellen Fertiggericht gegriffen. „Ich bin sehr gespannt, wie diskutiert wird“, sagt sie mit Blick auf die Meinungen der 160 ausgewählten Menschen – „schließlich ist jeder Mensch verschieden.“
Politisch interessiert und neugierig
„Ich bin immer extrem neugierig“, gesteht Holger Dehnhardt und freut sich schon auf die spannenden Debatten. Der 56-jährige IT-Entwickler und Projektleiter, der auch als Gitarrist und Sänger in diversen Bands gespielt hat, ist gerade mit seiner Frau und den zwei erwachsenen Kindern in Paris – zum Kurzurlaub sind sie mit der Bahn gereist. Er sei politisch schon ziemlich interessiert, erzählt der gebürtige Aachener, der seit vielen Jahren in Charlottenburg lebt.
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Zu Hause werde „sehr bewusst“ gegessen, weil die Tochter auch Veganerin sei – Fleisch gebe es trotzdem, aber nur einmal im Monat. Für Holger Dehnhardt geht es beim Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“ nicht nur um Fragen der Gesundheit, sondern auch um den Klimawandel. Der werde schließlich angeheizt, auch durch die Weise, wie Lebensmittel erzeugt würden. „Wir verpulvern enorm viel Anbau-Fläche für die Fleischproduktion und für Bio-Sprit“, kritisiert er.
Der Deutsche Bundestag hatte am 10. Mai die Einsetzung dieses ersten offiziellen Bürgerrates beschlossen. Die Teilnehmenden sind aus allen Einwohner:innen ab 16 Jahren nach dem Zufallsprinzip bestimmt worden. In einem ersten Schritt wurden 19.327 Personen zur Teilnahme am Bürgerrat eingeladen, deren Adressen zufällig aus den Daten der Meldeämter von 82 ausgelosten Gemeinden ermittelt worden waren. Darunter waren auch 884 Personen aus Berlin. Alle Einwohner:innen hatten im Rahmen der Zufallsauswahl die gleiche Chance, eine solche Einladung zu erhalten – die dann angenommen oder abgelehnt werden konnte.
In einem zweiten Schritt hatte ein Computer-Algorithmus aus allen positiven Rückmeldungen der Eingeladenen 1000 mögliche Zusammensetzungen eines Bürgerrates ermittelt, die hinsichtlich der im Einsetzungsbeschluss des Deutschen Bundestags festgelegten Kriterien die Bevölkerung in Deutschland soweit wie möglich abbilden.
Die Kriterien sind: Herkunft nach Bundesland und Gemeindegröße, Geschlecht, Alter und Bildungsstand. Außerdem wurde abgefragt, ob die Teilnehmer sich mit Fleisch, vegetarisch oder vegan ernähren. Aus den 1000 möglichen Zusammensetzungen hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas am 21. Juli 2023 einen Bürgerrat gezogen.
Auch Besuch bei Bauernhöfen und Lebensmittelfabriken
Wie geht es jetzt weiter? Am 29. September findet nach der Begrüßung durch die Bundestagspräsidentin Bas zunächst eine Gesprächsrunde mit Vertreter:innen der Fraktionen im Bundestag statt. Die Mitglieder des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“ werden danach in drei Präsenzsitzungen in Berlin und weiteren sechs Online-Sitzungen darüber beraten, was die Bürger:innen in der Ernährungspolitik vom Staat erwarten.
Wo soll er aktiv werden und wo nicht? Was soll der Staat ermöglichen oder erleichtern? In Zusammenarbeit mit einem wissenschaftlichen Begleitgremium werden Fachleute zu den einzelnen Unterthemen eingeladen. Auch Exkursionen etwa zu Bauernhöfen und Lebensmittelherstellern stehen auf dem Programm. Außerdem ist ein Austausch mit Bundestagsabgeordneten geplant.
Ob der Bürgerrat tatsächlich Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen kann, ist ungewiss. Der Bürgerrat legt dem Bundestag bis zum 29. Februar 2024 seine Handlungsempfehlungen in Form eines Bürgergutachtens vor. Dieses Gutachten wird dann im Plenum des Bundestages und in den entsprechenden Ausschüssen behandelt, um über eine mögliche Umsetzung der Empfehlungen zu beraten. Eine Verpflichtung dazu aber gibt es für die Abgeordneten nicht.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de