Was ist die Botschaft der AfD-Zugewinne?: Ein Votum gegen die Realität

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Was ist die Botschaft der AfD-Zugewinne?: Ein Votum gegen die Realität

© dpa/Swen Pförtner Was ist die Botschaft der AfD-Zugewinne?: Ein Votum gegen die Realität

In Hessen und Bayern verloren die drei Ampel-Parteien massiv an Zustimmung, die AfD dagegen legte zu. Das sei eine Botschaft, sagte SPD-Mann Kühnert danach. Hoffentlich weiß er auch, welche.

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In Hessen 18,4 Prozent der Stimmen, in Bayern 14,6 Prozent: Der Expansionskurs der AfD ist seit den Landtagswahlen vom Sonntag auch im Westen Deutschlands amtlich registriert. Sie hat zahlreiche bisherige Nicht-Wähler mobilisieren können und von allen anderen Parteien Stimmen abgezogen. Besonders die Ampel-Koalitionäre im Bund fühlten sich abgestraft.

Ihre Vertreter reagierten entsprechend erschrocken und bestürzt. Und sie signalisieren allenthalben, dass sie verstanden hätten, was der Stimmzuwachs für die Rechts-Partei bedeutet. Schon am Sonntag kurz nach 18 Uhr sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, man sei ja nicht „taub und blind“: „In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns.“

So weit, so richtig. Aber die interessante Frage lautet wohl nicht, ob das Wahlergebnis eine Botschaft an SPD, Grüne und FDP beinhaltet. Die interessante Frage lautet, welche Botschaft das ist.

Markus Söder hatte seine Antwort schnell parat: Die Wählerschaft wolle eine andere Migrationspolitik, stellte er fest und sah Protestwähler am Werk. Aber ist es damit getan?

Was ist die Botschaft der AfD-Zugewinne?: Ein Votum gegen die Realität

Ariane Bemmer, verantwortliche Redakteurin und Autorin, sieht keine schnelle Lösung für die Migrationsfrage.

An der Migrationspolitik zischelt aktuell sicher die kürzeste Lunte. Auch Anhänger der Ampelparteien sehen Defizite. Und das nicht ohne Grund: Aus allen Landesteilen werden Überforderungsmeldungen laut, es fehlt an Betten, Betreuung, an Kita- und Schulplätzen, an Geld vom Bund und Personal vor Ort, vieles bleibt unerledigt, weil die Migrationsfragen so dringlich geworden sind, und darüber zerbröselt nachvollziehbar die Akzeptanz der Inländer.

Zugleich ist auch einiges bereits in Bewegung. Die Rückführungszahlen von abgelehnten Asylbewerbern steigen, an den Grenzen zu Polen und Tschechien gibt es schärfere Kontrollen, auf EU-Ebene wird über Aufnahmezentren an den Außengrenzen verhandelt, innerhalb Deutschlands über das Asylrecht debattiert.

Der Kanzler solle ein Machtwort sprechen, heißt es. Reicht das?

Der Kanzler solle ein Machtwort sprechen, heißt es nun, Veränderungen müssten schneller gehen. Das ändert aber nichts daran, dass Migrationspolitik ein komplexes Thema ist, in dem auch Regierungen anderer Länder mitsprechen.

Was können Kanzlerworte da konkret und spürbar ändern? Auf die Schnelle nichts. Und so lässt sich das Votum vom Sonntag auch als Abfuhr für endlose, ausufernde Krisen und die Mühsal der Ebene interpretieren.

Und als Abfuhr für die sehr wahrscheinliche Tatsache, dass Migration nicht abnehmen, sondern zunehmen wird. Während zugleich die Parole „Grenzen hoch und Kontrolle wieder einführen“ nicht taugt, weil sie die europäische Wirtschaft in einen Strudel abwärts schicken würde, woran niemand interessiert sein kann.

Die Zuwächse für die AfD waren so gesehen auch ein Votum gegen die Realität, gegen in Aussicht stehende Unerfreulichkeiten, gegen ausufernde Krisen. Immer mehr Wahlberechtigten machen ihr Kreuz bei der AfD, weil sie von der Welt, wie sie ist, die Nase voll haben. Das würde auch erklären helfen, warum von allen Parteien, sogar von den Grünen, Stimmen an die verpönte Konkurrenz gegangen sind.

Die neuen und alten AfD-Wähler haben am Sonntag ihre Augen und Ohren verschlossen vor den vielen Hinweisen auf die antidemokratische Agenda der Partei und die unterschiedlich deutlichen rassistischen Töne, die ihre Funktionäre und Anhänger verbreiten. Sie wählten die von der Partei angebotenen einfachen Lösungen, denn die ganzen Probleme sollen weg sein. Am besten schnell. Fertig.

Das könnte die eigentliche und dramatische Botschaft der Wahlen sein: Dass viele Wahlberechtigte die Bedingungsfülle der Realität nicht mehr akzeptieren wollen. Dass sie auf Pippi Langstrumpf machen. Aber was im Kinderbuch einen großen Charme entwickelt, ist für reale Probleme im Hier und Jetzt als zivile Alternative nicht tauglich.

Es wird spannend sein zu beobachten, was die Vertreter von Ampel und auch der Union als Konsequenzen aus der Hessen- und der Bayern-Wahl herausfiltern. Sich lediglich mit immer neuen Forderungen zur Begrenzung von Migrationszahlen zu übertreffen, gehört hoffentlich nicht dazu.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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