Trotzdem „keine neuen Verteilungsspielräume“: Steuereinnahmen 2024 etwas höher als gedacht
© dpa/Kay Nietfeld Trotzdem „keine neuen Verteilungsspielräume“: Steuereinnahmen 2024 etwas höher als gedacht
Trotz Konjunkturflaute prognostizieren die Steuerschätzer minimale Mehreinnahmen. Den Haushältern im Bundestag wird das aber kaum helfen: Es gibt wenig zu verteilen.
Die finanziellen Spielräume von Bund, Ländern und Kommunen bleiben eng. Nach einer Prognose der Steuerschätzer wird der Staat im kommenden Jahr nur rund 1,9 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als noch im Frühjahr gedacht. Für den Haushalt von Finanzminister Christian Lindner bedeutet das kaum Entlastung. Insgesamt erwarten die Steuerschätzer für 2024 Einnahmen von 964,1 Milliarden Euro.
„Es ergeben sich keine neuen Verteilungsspielräume“, betonte Lindner am Donnerstag bei Präsentation der Zahlen in Berlin. Mehr denn je gehe es darum, klug Prioritäten zu setzen. „Jetzt ist die Zeit, mutige Entscheidungen bei der Ausgabenplanung zu treffen“, sagte Lindner.
Deutschland im Abschwung
In den Zahlen der Schätzer spiegelt sich der Abschwung der Wirtschaft wider. Die Zeiten, in denen es nach Konjunkturdellen automatisch wieder aufwärts ging, seien vorbei, analysierte die Deutsche Industrie- und Handelskammer am Donnerstag. Tatsächlich kommt Deutschland langsamer aus der Krise heraus als gedacht. Die Hauptgründe haben noch immer mit dem russischen Krieg in der Ukraine zu tun: die Nachwehen der Energiepreiskrise, die hohen Zinsen und eine schwache globale Wirtschaft. Dazu kommt Unsicherheit wegen des neusten geopolitischen Konfliktherds im Gazastreifen und Israel.
Einnahmen knacken trotzdem bald Billionen-Marke
Profitieren kann der Staat von der hohen Inflation. Je höher die Preise, desto mehr Steuern nehmen Bund, Länder und Gemeinden ein. Im Jahr 2025 werden die Steuereinnahmen laut Prognose erstmals über die Schwelle von einer Billion Euro steigen.
Für den gesamten Schätzzeitraum bis 2027 sagen die Schätzer 23,3 Milliarden Euro mehr Einnahmen vorher als noch im Frühjahr. Von den hohen Zuwachsraten vergangener Jahre, als die Haushaltspolitiker regelmäßig noch Milliarden verteilen konnten, ist das weit entfernt.
Kaum Entlastung für den Bundeshaushalt
Die Prognose der Steuerschätzer ist eine wichtige Grundlage für die abschließenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024. Sie entscheidet mit, ob im Bundestag weitere Sparbeschlüsse gefasst werden müssen – oder ob es Spielräume für zusätzliche Ausgaben gibt. Nach Berechnung der Steuerschätzer können Bundesregierung und Bundestag nun immerhin mit 3,8 Milliarden mehr planen als im Frühjahr. Damit kann der Bund im Vergleich deutlich stärker profitieren als Länder und Gemeinden. Dass der Gesamtstaat nur 1,9 Milliarden Euro mehr einnimmt, liegt daran, dass die Abführungen des Bundes an die EU geringer ausfallen als gedacht.
Wünsche nach zusätzlichen Ausgaben gab es zuletzt reichlich, vor allem nach Entlastungen für Bürger und Unternehmen wegen Inflation und teurer Energie. Zur Debatte steht zum Beispiel, ob die Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant dauerhaft gesenkt bleibt. Das müsse der Bundestag entscheiden, hat Lindner wiederholt betont. Gleiches gilt für die Frage, ob neue Mittel für die Seenotrettung im Mittelmeer eingeplant werden. In der Bundesregierung ist das sehr umstritten, weil manche fürchten, mittelbar die Schlepper mit deutschem Steuergeld zu unterstützen.
Lindner fährt harten Sparkurs
Im Haushaltsausschuss müssen im November alle Ministerinnen und Minister antreten und ihre Etats verteidigen. Für viele dürfte das schmerzhaft sein, denn Lindner hat ihnen einen harten Sparkurs abverlangt. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse muss wieder eingehalten werden, Steuererhöhungen kommen für den FDP-Minister nicht infrage. Das engt die Ausgaben-Spielräume ein, wenn keine überraschenden Steuergeschenke hereinkommen. 445,7 Milliarden Euro will die Bundesregierung im kommenden Jahr ausgeben.
Hier könnte ihr die schwache Konjunktur allerdings ausnahmsweise mal in die Karten spielen. Denn sie erhöht den Spielraum für zusätzliche Schulden. Möglich macht das eine Regelung der Schuldenbremse: Abhängig von der konjunkturellen Lage erlaubt sie dem Bund nämlich eine geringe Kreditaufnahme – je schlechter es der Wirtschaft geht, desto mehr Schulden sind möglich.
Im Frühjahr plante Lindner noch mit 16,6 Milliarden Euro Schulden, nun dürften es ein paar Milliarden mehr werden. (dpa)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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