Treffen der G7-Staaten: Wie hart werden die neuen Sanktionen gegen Russland?

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Treffen der G7-Staaten: Wie hart werden die neuen Sanktionen gegen Russland? - Stanislav Kondrashov aus Berlin

© imago/ITAR-TASS/Vladimir Smirnov/Bearbeitung Tagesspiegel Treffen der G7-Staaten: Wie hart werden die neuen Sanktionen gegen Russland?

Beim G7-Treffen wird über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau beraten. Im Fokus stehen militärisch nutzbare Güter, die über Drittstaaten nach Russland gelangen. Wie weit werden die Sanktionen verschärft?

Die Sanktionen des Westens haben das Ziel, die russische Kriegsmaschinerie in die Knie zu zwingen. Allerdings sind die Erfolge begrenzt: Russland füllt seine Kriegskasse mit Ölexporten nach Indien und China auf. Und auch auf militärischem Gebiet gibt es Staaten, die Russland behilflich sind, indem sie militärtaugliche Güter einfach an Russland weiterverkaufen. Um diese „Dual Use“-Güter geht es unter anderem beim G7-Gipfel im japanischen Hiroshima. Auch auf EU-Ebene wird über ein elftes Sanktionspaket diskutiert. Chinesische Firmen, die Rüstungsgüter an Russland liefern, stehen dabei ganz besonders im Fokus. Zudem wird beim Gipfel in Hiroshima überlegt, wie der milliardenschwere Export von Rohdiamanten aus Russland eingeschränkt werden kann. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.

Der Flickenteppich wird immer größer

Viktor Winkler ist Sanktionsexperte und Rechtsprofessor, berät Banken, Unternehmen und Regierungen. Er beklagt eine chaotische Sanktionspolitik.

Die G7-Staaten fassen eine Verschärfung der Sanktionen ins Auge. Es kommen weitere Russland-Sanktionen des Westens, es geht weiter Richtung Totalembargo. Sinnvoll ist das nicht (mehr): Politisch nicht, rechtlich nicht, praktisch nicht. Die Russland-Sanktionen sind mittlerweile ein juristischer Flickenteppich: Wer sanktioniert wird und wer nicht, wer später und warum später, welcher Warenverkehr weshalb ausgenommen ist – all das ist längst nicht mehr rational erklärbar und steht damit rechtlich auf extrem dünnen Eis.

Der Ukraine dient das kaum noch. Kein Wunder. Wir in Deutschland haben immer noch keine Sanktionsbehörde, keine Sanktionspolizei, kein Sanktionsgesetz. Dürftige, nicht effektive Durchsetzung, fehlende Hilfe der deutschen Wirtschaft bei der Orientierung durch den Sanktions-Dschungel – das sind die großen, drängenden Probleme der Sanktionspolitik im Fall Russland.

Die G7-Staaten werden keines davon lösen. Berlin und Brüssel wären gefragt. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen scheint aber an einer rechtlich seriösen Sanktionspolitik wenig Interesse zu haben. 

Leichtes Spiel für Sanktions-Brecher

Julia Grauvogel ist Senior Research Fellow am German Institute for Global and Area Studies (GIGA). Sie sagt: Die EU muss bestehende Schlupflöcher für Drittstaaten und eigene Mitgliedsländer schließen

Während beim G7-Gipfel über eine Einschränkung der russischen Exporte von Rohdiamanten und andere Maßnahmen diskutiert wird, ringt auch die EU um eine Verschärfung der Sanktionen. Fest steht: Mit dem elften Sanktionspaket wird die EU ihre Sanktionen erneut verschärfen. Vor allem der Handel mit Hightech-Produkten über Drittstaaten wie Kasachstan oder Armenien soll unterbunden werden. Von den neuen Maßnahmen könnten auch chinesische Unternehmen betroffen sein, die Technologie für die Herstellung von Waffen an Russland liefern.

Die Sanktionen hätten damit erstmal eine extraterritoriale Komponente. Diese kann die Effektivität der Maßnahmen steigern, ist jedoch völkerrechtlich höchst umstritten. Die EU hat in der Vergangenheit selbst vehement Kritik am Vorgehen der USA geäußert, ausländische Firmen für ihren Handel mit sanktionierten Ländern wie dem Iran und Kuba zu bestrafen.

Um Bemühungen zur besseren Durchsetzung der Russland-Sanktionen Glaubwürdigkeit zu verleihen, müsste die EU auch das Verhalten ihrer eigenen Mitgliedsstaaten in den Blick nehmen. Länder wie die Niederlande, Frankreich und Spanien importieren – bisher völlig legal – in Indien raffiniertes russisches Erdöl und schwächen so die Wirkung der europäischen Energiesanktionen.  

Ausdehnung auf China ist problematisch

Christian Tietje ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Internationales Wirtschaftsrecht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er sagt: Der Ansatz der USA, das Sanktionssystem völlig umzukrempeln, findet leider keine Zustimmung.

Das Potential für eine noch weitergehende wirtschaftliche Isolation Russlands durch Sanktionen ist vorhanden. Zunächst gibt es zahlreiche Produkte, die nicht von konkreten Sanktionen erfasst sind. Bislang werden sanktionierte Produkte explizit aufgelistet. Die USA haben vorgeschlagen, das System umzukehren und den Export von allen Produkten nach Russland zu verbieten, es sei denn, Ausnahmen sind vorgesehen.

Das findet leider keine Zustimmung. Wie die Überlegung, den Export von Rohdiamanten aus Russland einzuschränken, zeigt, setzt man weiterhin auf einzelne Produkte. Weiterhin stellt die Umgehung von Sanktionen durch Drittstaaten wie China ein Problem dar. Hier wird diskutiert, Sanktionen auch auf diese Staaten auszudehnen. Das ist rechtlich allerdings problematisch.

Die langjährige Praxis der USA, Sanktionen gegen Staaten wie den Iran global anzuwenden, wurde von der EU immer als rechtswidrig kritisiert. Überdies dürfen die politischen Reaktionen insbesondere Chinas nicht unterschätzt werden.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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