Streit vor Gemeinderatswahl: Jüdische Gemeinde zu Berlin sucht Konfrontation zum Zentralrat

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Streit vor Gemeinderatswahl: Jüdische Gemeinde zu Berlin sucht Konfrontation zum Zentralrat

© Kai-Uwe Heinrich / tsp Streit vor Gemeinderatswahl: Jüdische Gemeinde zu Berlin sucht Konfrontation zum Zentralrat

Vordergründig geht es um die Gemeinderatswahl. Doch die Führung der Berliner Gemeinde sieht einen Grundsatzkonflikt mit dem Zentralrat der Juden. Der Zwist entbrennt nicht zum ersten Mal.

Die größte jüdische Gemeinde Deutschlands in Berlin geht offen auf Konfrontation zum Zentralrat der Juden. Hintergrund ist ein Streit über die anstehende Gemeinderatswahl. Das Gericht beim Zentralrat hatte die für 3. September geplante Wahl zur Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin wegen Bedenken gegen die Wahlordnung untersagt. Die Gemeindeführung um den Vorsitzenden Gideon Joffe kündigte jedoch am Montag an, sich darüber hinwegzusetzen und die Wahl trotzdem abzuhalten.

Die Gemeinde gilt auch intern als zerstritten. Zwei Mitglieder hatten gegen neue Vorgaben zur Wahl der Repräsentantenversammlung Beschwerde eingelegt. Die Kritik richtete sich unter anderem gegen eine neue Altersgrenze von 70 Jahren für Kandidatinnen und Kandidaten. Zudem soll die Tätigkeit für bestimmte andere jüdische Organisationen ein Grund sein, von einer Kandidatur ausgeschlossen zu werden. Ein weiterer Punkt: Die Wahl soll als reine Briefwahl stattfinden. „Das Gericht hält die neue Wahlordnung für rechtswidrig und teilt unsere Argumente“, sagte der Anwalt der Beschwerdeführer, Norman Nathan Gelbart, der „Berliner Zeitung“.

In einer Erklärung der Jüdischen Gemeinde hieß es hingegen, das Gericht sei nicht zuständig und der Beschluss offensichtlich unbegründet. Die jüdischen Gemeinden hätten das Recht, ihr Gemeindeleben selbst zu organisieren, doch der Zentralrat versuche hineinzuregieren. „Wir als größte Jüdische Gemeinde werden diesen massiven Angriff auf die Satzungsautonomie nicht dulden“, hieß es. Die Entscheidung des Gerichts sei „offensichtlich rein politisch motiviert“.

Der Zentralrat versuche, die Entscheidung an sich zu reißen. Das zeige „eine weitere Eskalationsstufe bei dem Streit um die Souveränität der Gemeinden in Deutschland“. Weiter hieß es in der Erklärung: „Wir werden uns der Willkür und dem rechtswidrigen Machtgebaren des Schiedsgerichts des Zentralrates nicht beugen.“ Angedrohte Sanktionen nehme man in Kauf, darunter der mögliche Entzug von Stimmrechten in Gremien des Zentralrats. „Die Wahl wird demnach ordnungsgemäß fortgesetzt“, erklärte die jüdische Gemeinde weiter.

Der Zentralrat hatte vorige Woche erklärt, dass er selbst keine Kontrollfunktion über die Jüdischen Gemeinden habe. Seine Gerichtsbarkeit sei jedoch unabhängig und könne im Streitfall angerufen werden. Das Gericht besteht in dieser Form seit Ende 2022.

Streit zwischen dem Zentralrat und der Führung der Jüdischen Gemeinde um Joffe gibt es seit langem. Offen zutage getreten war dies zuletzt im Frühjahr. Nach Turbulenzen am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam kündigte die Jüdische Gemeinde an, die Trägerschaft der liberalen Rabbinerschule zu übernehmen. Das lehnte der Zentralrat öffentlich ab und forderte einen Neustart des Kollegs. (dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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