„Spielräume größer, als viele meinen“: Lindner und Buschmann wollen Sozialleistungen für Asylbewerber kürzen
© Imago/Chris Emil Janßen „Spielräume größer, als viele meinen“: Lindner und Buschmann wollen Sozialleistungen für Asylbewerber kürzen
Ziel der deutschen Asylpolitik muss nach Auffassung der FDP-Minister sein, weniger Anreize für illegale Migration zu bieten. Sie verlangen eine „neue Realpolitik“ in der Flüchtlingsfrage.
Seit Wochen wird in Deutschland über den richtigen Kurs in der Migrationspolitik gestritten. Neben der Forderung nach mehr und schnelleren Abschiebungen ist auch die Frage der staatlichen Hilfen für Asylbewerber vor allem von der Opposition in den Fokus gerückt worden. Nun kommt aus der Spitze der Regierungspartei FDP die Forderung, die Sozialleistungen zu kürzen.
„Unter ganz besonders engen Voraussetzungen wäre sogar eine Absenkung von Leistungen quasi auf ‘null’ denkbar“, schreiben Bundesfinanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann in einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“.
Sie schlagen dies bei Menschen vor, „denen humanitärer Schutz in dem für sie nach den Dublin-Regeln zuständigen EU-Staat zusteht, die sich aber weigern, den Schutz dort in Anspruch zu nehmen. In diesen Fällen wäre es denkbar, „die Leistung auf die Erstattung der notwendigen Reisekosten in den zuständigen Staat abzusenken.“
Zu den Pull-Faktoren in Deutschland gehört auch das Niveau der Sozialleistungen. In der Vergangenheit sind hier viele Debatten mit pauschalen Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgeblockt worden.
Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP)
Im Sozialrecht gelte, „dass Sanktionen zulässig sind, wenn zumutbare Mitwirkungshandlungen, die auf eine Verbesserung der eigenen Situation zielen, unterlassen werden“.
Zudem sollten etwa die „Grundleistungen“ für Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen gesenkt werden. Außerdem sollten die Betroffenen die anschließenden „Analogleistungen“, die höher liegen und ihnen bisher nach einer Übergangszeit von 18 Monaten zustehen, erst deutlich später erhalten.
In den ersten 18 Monaten bekommen die Menschen niedrigere Leistungen als das Bürgergeld. Buschmann und Lindner plädieren dafür, diesen Zeitraum bis zur rechtskräftigen Klärung des Aufenthaltsstatus zu verlängern.
„Zu den Pull-Faktoren in Deutschland gehört auch das Niveau der Sozialleistungen. In der Vergangenheit sind hier viele Debatten mit pauschalen Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgeblockt worden“, schreiben Lindner und Buschmann. „Doch sind die Spielräume für Anpassungen möglicherweise größer, als viele meinen.“
Ziel der deutschen Asylpolitik muss nach Auffassung von Lindner und Buschmann sein, weniger Anreize für illegale Migration zu bieten. Dazu gehöre das Niveau der Sozialleistungen, das höher sei als in anderen Ländern der EU, auch als in Ländern mit vergleichbarem Wohlstandsniveau wie den skandinavischen Staaten. Man müsse „zu einer neuen Realpolitik auf dem Gebiet der irregulären Migration nach Deutschland“ kommen.
6,5Milliarden Euro betrugen den FDP-Politikern zufolge 2022 die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
„In der Vergangenheit sind hier viele Debatten mit pauschalen Verweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgeblockt worden“, schreiben Lindner und Buschmann. „Doch sind die Spielräume für Anpassungen möglicherweise größer, als viele meinen.“
Damit beziehen sich Lindner und Buschmann auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach jeder Menschen Anspruch auf die Sicherung seines Existenzminimums hat. Außerdem dürfen die Leistungen für Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen nicht pauschal gekürzt werden.
Dem halten die FDP-Minister entgegen, dass Kürzungen individuell und sachlich begründet werden könnten: Man könne bezweifeln, dass Kosten für die Nutzung von Festanschlüssen, Eintrittsgelder oder der Kauf von Zeitungen für Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen, die mit Medien in Gemeinschaftsräumen versorgt würden, wirklich anfielen, schreiben sie.
Fakt sei, dass zu viele Menschen nach Deutschland kämen, die auf den Sozialstaat angewiesen seien, heißt es in dem Gastbeitrag. „Die Kosten für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz summierten sich 2022 auf rund 6,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen rund 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine, die derzeit in Deutschland leben und Zugang zum Bürgergeld haben.“
Die steigenden Zahlen von Migranten ohne eigene Unterhaltsfähigkeit seien Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das politische Spektrum immer weiter radikalisierten, schreiben die FDP-Politiker. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Institutionen der liberalen Demokratie nehme ab.
Lindner und nehmen Buschmann auch Bezug auf den von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 geprägten, viel zitierten Satz. Für eine neue Realpolitik gelte, so die FDP-Politiker: „Aus einem naiven ,Wir schaffen das’ muss ein realistisches ,Wir müssen es besser machen’ werden. Wir müssen unsere Kräfte stärker auf diejenigen konzentrieren, denen wir nach unserem Recht helfen wollen.“
Fast die Hälfe der Menschen, die aus anderen Drittstaaten als der Ukraine nach Deutschland als Flüchtlinge kommen, habe dazu kein Recht. „Diese irreguläre Migration müssen wir stoppen, wenn wir uns als Staat nicht überheben und damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger riskieren wollen“, so die FDP-Spitzenpolitiker. (lem)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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