Special Olympics in Berlin: Kleine Delegation, große Träume
© LSB Special Olympics in Berlin: Kleine Delegation, große Träume
Es ist eines der kleinsten Teams, das zu den Special Olympics World Games angereist ist. Es kommt aus der kleinsten Republik der Welt, dem Inselstaat Nauru im Pazifischen Ozean.
Von Daniel Goldstein
Und auf einmal standen sie mitten im Garten des Berliner Ruder-Klubs Hevella. Die Special-Olympics-Athleten Sis-Qo Cain und Zinzael Agir, die im Kraftdreikampf antreten werden, ihr Trainer, der Delegationsleiter und der Arzt der Delegation. Unterstützt werden sie durch einen Special-Olympics-Freiwilligen aus Indien und natürlich viele Helfer*innen in Berlin.
Es ist eine der kleinsten Delegationen, die zu den Special Olympics World Games angereist ist. Sie kommt aus der kleinsten Republik der Welt, dem Inselstaat Nauru im Pazifischen Ozean mit rund 11.000 Einwohner*innen. Nauru liegt, von Nordosten kommend, vier Flugstunden vom australischen Brisbane entfernt. Diesen Weg nahm die Delegation über Doha nach Berlin. Es war ein 24-Stunden-Trip.
Nach dem Willkommensabend mit Empfang vom Bezirksbürgermeister Frank Bewig, vor dem die Delegation etwas aufgeregt war, ob der Angemessenheit ihrer Kleidung, fühlten sich die Gäste in sportlicher Umgebung wohl. Es ist auch ein sehr schöner Garten bei Hevella mit gepflegtem Rasen. Die Bootshäuser sind tiptop sauber und aufgeräumt. Ein betonierter Weg führt runter auf den Steg, der an dem kleinen Havelarm in Spandau liegt. Und wenn man schon mal bei einem Ruder-Verein zu Besuch ist, muss auch gerudert werden.
So findet sich Zinzael Agir schnell in einem Doppelzweier mit Steuerfrau wieder. Allerdings mit Rettungsweste und nur als Begleitung. „Bei uns werden Boote nur zum Fischen benutzt“, sagt der nauruische Doktor. Nach der kurzen Ausfahrt gibt’s noch einen kleinen Wettstreit am Ruder-Ergometer. Sis-Qo Cain hat das Gerät ob seiner Kraft so richtig im Griff. Aber es funktioniert auch danach noch tadellos.
Der 23-Jährige, so erzählt Bos-Co Cain, Vater des mehrfach behinderten Athleten und auch sein Trainer, begann mit 13 Jahren mit dem Kraftsport. „Immer wenn ich zur Arbeit ging, lief er in den Raum mit den Gewichten und machte das, was er am Abend davor bei mir gesehen hatte. Nach einem Monat sagte meine Frau, wir müssen da was machen.“
So begann er zu trainieren und wurde zu einem kleinen Star. Am Ende stand ein Weltrekord von 305 gehobenen Kilogramm in Power-Kniebeugen in seiner Altersklasse. Social-Media-Videobeweise inklusive. Seine Ärztin in Australien aber, die das durch die Medien erfuhr, war davon nicht begeistert. „Es ist ein Risiko wegen der Gefahr epileptischer Anfälle“, sagt sein Vater. Deshalb sind die Special Olympics auch vorerst der letzte Wettkampf im Kraftsport.
In Hohenschönhausen ging es erst mal aufs Eis
Die Nauruer fühlen sich wohl bei Hevella. Nach dem Ergometer-Wettstreit gibt es Wurst vom Grill und Kartoffelsalat. Es wird viel gelacht. Monika Tampe, seit Anfang der 2000er-Trainerin für alle Ruder*innen bei Hevella, die etwas mehr Hilfsbedarf haben, hat alles perfekt organisiert und kümmert sich rührend. Der Leiter der Delegation, gleichzeitig Großvater von Zinzael Agir, drückt es so aus: „Wir vermissen Spandau schon jetzt. Die Gastfreundschaft und Freundlichkeit der Menschen hier ist unbeschreiblich.“ Im Gespräch mit ihm scheint es, als ob der Besuch innerhalb dieses Host-Town-Programs wichtiger wäre, als die Special Olympics-Wettbewerbe.
Von einem ähnlichen Erlebnis kann Raijieli Naikaukaucagi berichten. Die 19-Jährige ist im Rahmen des gleichen Programms mit der Auswahl ihres Landes in Lichtenberg zu Gast. Sie wird als Leichtathletin über 100 und 200 Meter starten. Insgesamt sind zwölf Athlet*innen von der Inselgruppe Fidschi am Mittwochmittag im Sportforum Hohenschönhausen und dürfen erstmals in ihrem Leben Schlittschuhlaufen. „Es war eine gute Erfahrung“, sagt Naikaukaucagi hinterher. „Wir haben keine Eisbahnen in Fidschi, bei uns ist immer Sommer.“
Bereits am Montag wurden die Athlet*innen in den Sportarten Kraftdreikampf, Tischtennis, Badminton, Schwimmen und Leichtathletik mit einem großen Inklusionsfest begrüßt. Daniela Kaup, die Beauftragte des Bezirks Lichtenberg für Menschen mit Behinderungen, schwärmt davon noch heute.
Bishwa Sidal ist der Delegationsleiter von Fidschi. Er startete 2013 das Special-Olympics-Programm im Land, weil er als Lehrer an einer Schule von Menschen mit geistiger Behinderung große Chancen für seine Schüler*innen darin erkannte. Er entdeckt immer wieder neue, attraktive Angebote bei Special Olympics. Das Ziel für ihn bei den Weltspielen sind nicht die Medaillen. „Es geht darum, Verständnis dafür zu erzeugen, dass Menschen mit geistiger Behinderung zu vielen Dingen fähig sind, wenn sie die Möglichkeit dazu erhalten.“
Spandau, Lichtenberg und all die anderen Berliner Bezirke und Städte außerhalb Berlins, die in den vergangenen Tagen Delegationen willkommen hießen, konnten das bereits erleben. „Wir danken Lichtenberg für alles“, sagen gleich mehrere Verantwortliche Fidschis. Da haben die Bezirke und die engagierten Menschen viel richtig gemacht, bevor die Weltspiele überhaupt angefangen haben.
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de