Semesterzeiten im Vergleich: Deutsche Unis ticken anders

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Semesterzeiten im Vergleich: Deutsche Unis ticken anders

© IMAGO/Monkey Business 2 Semesterzeiten im Vergleich: Deutsche Unis ticken anders

Studieren von Oktober bis Juli ist üblich, doch der internationale Standard sieht anders aus. Studierende und Forschende kritisieren die deutsche Abweichung, das behindere Auslandsaufenthalte und Familienurlaub.

Von Lara Hankeln

„Dass die Vorlesungs- und Prüfungszeiten des deutschen Wintersemesters im Februar/März mit fast allen Frühjahr-/Sommersemesterzeiten im Ausland kollidieren“, findet die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) „auf Dauer nicht hinnehmbar.“ So schreibt es der Verbund der deutschen Unirektor:innen in einer Empfehlung zur Harmonisierung von Semesterzeiten. Das ist jedoch 16 Jahre her, und seitdem hat sich am Vorlesungs- und Prüfungsrhythmus der Hochschulen – mit wenigen Ausnahmen – nichts geändert.

Zwar befürwortet die HU Berlin grundsätzlich den Vorschlag, die Vorlesungszeiten dem in Europa und in den USA überwiegendem Turnus anzupassen, wie die Pressesprecherin mitteilt. Doch aktiv strebt in Berlin derzeit keine der drei großen Universitäten an, ihren Lern- und Lehrrhythmus zu verändern.

In Spanien zum Beispiel läuft das Wintersemester bis zum Februar, beginnt aber schon im September. Das akademische Jahr endet meist Mitte Juni. In den USA hingegen sind eher Trimester üblich, unterteilt in Herbst (ab September), Winter und Frühling, und das akademische Jahr endet schon im Mai oder Juni. Allerdings sind zusätzliche Sommerkurse dort oft üblich.

Das Beispiel der Universität Mannheim zeigt, dass es möglich ist, sich dem anzugleichen. 2006 passte die Uni ihre Semesterzeiten der internationalen Taktung an. Das heißt: Das Wintersemester beginnt Anfang September, das Sommersemester bereits im Februar. Ende des akademischen Jahrs ist dort schon Mitte Juni – und nicht, wie hier üblich, erst Mitte oder Ende Juli.

Neue Zeiten kurbeln Austausch an

Locken diese Zeiten insgesamt mehr Studierende an? Die Zahl der regulären Bewerbungen hat sich laut der Pressestelle der Uni Mannheim nach der Umstellung nicht verändert. Die Zahl der Studierenden, die für ein Semester von Mannheim ins Ausland gehen oder für ein Semester aus dem Ausland kommen, sei aber stark gestiegen.

Von einer ebenso positiven Tendenz berichtet auch die Universität Flensburg, die 2017 ihre Semesterzeiten umstellte: auf September bis Januar im Wintersemester und März bis Anfang Juli im Sommersemester.

Befürworter:innen nennen als weitere Gründe neben dem internationalen Austausch: Wer schulpflichtige Kinder hat, bei denen stimmten die Uni- und Schulferienzeiten besser überein, außerdem würden Prüfungszeiten nicht in den oft heißen Juli fallen.

Was spricht also dagegen? Die FU Berlin teilte auf Anfrage mit, dass sie keinen institutionellen Alleingang befürwortet, aber ein „bundesweit abgestimmtes Vorgehen begrüßt.“ Dass es dazu kommt, ist allerdings unwahrscheinlich.

Die HRK, die noch 2007 eine Umstellung der akademischen Kalender bis Wintersemester 2010 anstrebte, antwortete dem Tagesspiegel ausweichend: Viele andere Herausforderungen der Hochschullandschaft seien aktuell dringender. Zudem verweist die HRK auf Umfragen, denen zufolge Semesterzeiten international nicht zu den entscheidenden Mobilitätshemmnissen gehörten.

Klar ist aber: Die Klausuren werden an deutschen Universitäten häufig erst im August geschrieben, und Abgabefristen für Hausarbeiten liegen noch später. Studierende, die zum Wintersemester einen Erasmus-Aufenthalt machen, müssen dadurch in der ersten Septemberwoche oft schon an der neuen Uni starten, bevor sie all ihre Prüfungsleistungen des Vorsemesters abschließen konnten.

Es gibt auch Nachteile

Hörte das Wintersemester, wie international üblich, im Februar auf, so wäre für Studierende zudem auch ein Auslandsaufenthalt im Sommersemester möglich.

Andere Zeiten hätten jedoch auch einen Nachteil: Durch vorgezogenen Semesterbeginn im September verkürzt sich für Abiturient:innen, die an ihrem Studienort eine Bleibe finden müssen, die Zeit zur Wohnungssuche und Umzugsplanung. Die Bewerbungsfrist für Bachelorstudiengänge ist deutschlandweit der 15. Juli. Zwischen Zulassungsbescheid im August und Studienbeginn würde es bei Semesterstart im September mit der Wohnungssuche auf dem ohnehin angespannten Markt eng.

Was die kaum überlappenden Schul- und Semesterferien betrifft, teilen Eltern auf Twitter mit dem Hashtag #SemesterUnvereinbar ihren Frust. Eltern, die an Unis arbeiten, beschreiben dort, wie sie nach dem Beginn der Sommerferien Großeltern oder andere Betreuungspersonen für den Nachwuchs suchen, um das Semesterende zu bewältigen.

Studierende wiederum klagen, es lerne sich in der Sommerhitze nicht gut. Bei sehr hohen Temperaturen staue sich die Hitze gerade in alten Hörsälen, wo sich die Fenster nicht gut öffnen lassen, sagt Karolina, die an der Charité Medizin studiert. „Im Albrecht-Kossel-Hörsaal stand die Hitze, obwohl es draußen schon wieder abgekühlt war, noch tagelang.“ Dort zu lange zu sitzen und zu lernen, sei unerträglich gewesen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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