Sechster Geschmackssinn: Wie wir salziges Lakritz wahrnehmen
© IMAGO/Zoonar/IMAGO/Zoonar.com/Stockfotos-MG Sechster Geschmackssinn: Wie wir salziges Lakritz wahrnehmen
Salzig? Bitter? Ein bisschen sauer? Salzlakritz lässt sich schwer einordnen, er ist ziemlich speziell. Aber lässt sich auf der Zunge wahrnehmen.
Von
Salzig, süß, sauer, bitter und umami – wohl jeder kennt diese fünf Geschmacksrichtungen, auf deren Wahrnehmung unsere Zunge geeicht ist.
Doch Wissenschaftler wissen schon länger, dass wir noch weitere geschmackliche Noten auf der Zunge wahrnehmen: Wie etwa den Geschmack für Fette, für den Forschende vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung spezifische Sinneszellen auf der Zunge entdeckten. Und US-Forscher fanden auf der Zunge einen Rezeptor namens T1R1, der uns Calcium schmecken lässt.
Salmiak braucht keinen eigenen Rezeptor…
Auch Salmiak, also Ammoniumchlorid, können wir schmecken. Salmiak wird Salzlakritz zugesetzt. Viele Menschen meiden salziges Lakritz, weil der Salmiak zu intensiv durch schmeckt. In Skandinavien und Holland wird er hingegen geliebt, salzige Lakritze sind dort fast schon Grundnahrungsmittel. Einen eigenen Rezeptor für seinen Geschmack konnte man allerdings niemals finden – doch den brauchen wir offenbar auch gar nicht.
Ammoniumchlorid kommt in Abbauprodukten vor, daher ist es naheliegend, dass wir Geschmacksmechanismen entwickelt haben, um es zu erkennen.
das Team um Emily Liam über seine Entdeckung
Ein Forscherteam um Emily Liman von der University of Southern California hat entdeckt, dass die Sinneszellen der Zunge, die uns die Geschmacksrichtung „sauer“ vermitteln, auch auf Ammoniumchlorid reagieren. Dies geschieht über ein Protein namens Otop1 über den die Zellen den sauren Geschmack erkennen. Im Laborexperiment an Mäusen konnten die Forscher zeigen, dass Ammoniumchlorid diese Mechanismen genauso und manchmal sogar stärker aktiviert als Säure.
… sondern spricht gleich zwei Rezeptoren an
Aber wenn das salzige Salmiak über die Sauer-Rezeptoren wahrgenommen wird, warum schmecken wir dann Salz nicht als „sauer“? Warum können wir Salmiak letztendlich von Zitronensaft oder anderen sauren Stoffen unterscheiden? Das wird verhindert, indem Ammoniumchlorid auch die Bitter-Rezeptoren auf der Zunge stimuliert. Dadurch entsteht ein spezifischer Sauer-Bitter-Mix, den wir als Salmiak erkennen können.
Bleibt die Frage, welchen evolutionären Vorteil es hat, dass der Mensch Salmiak schmecken kann.
Süß, fett und umami lassen ihn zu energiereichen Speisen greifen, salzig führt ihn zu wichtigen Mineralien, und bitter und sauer schützen eigentlich davor, Giftiges zu sich zu nehmen. Die Autoren vermuten letzteres Ziel auch bei der Wahrnehmung für Ammonium: „Denn es kommt in Abbauprodukten vor, man denke nur an Düngemittel, und daher ist es naheliegend, dass wir Geschmacksmechanismen entwickelt haben, um es zu erkennen.“ Selbst für den tütenweisen Lakritzverzehr sind Vergiftungsfälle dokumentiert. Es ist eben die Dosis, die das Gift macht.
Zur Startseite
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de