Psychoterror im Handball: Das Armutszeugnis einer Sportart
© Imago/Eibner-Pressefoto / Jan Strohdiek Psychoterror im Handball: Das Armutszeugnis einer Sportart
Rund fünfzig Spielerinnen haben sich an die Anlaufstelle gegen Gewalt und Sport gewendet. Es ist Zeit, dass sie endlich gehört werden. Ein Kommentar
Ein Kommentar von
Der nächste Trainer, der nächste Schreckensbericht. Nachdem im Oktober der Missbrauchsskandal um Handball-Coach André Fuhr in Dortmund publik wurde, folgt nun der nächste Eklat. Denn bei der HSG Blomberg-Lippe, bei dem Fuhr 16 Jahre lang als Trainer gearbeitet hat und wo die Verantwortlichen im Nachhinein nichts von dessen übergriffigem Vorgehen gewusst haben wollen, wurde nun auch dessen Nachfolger Steffen Birkner angezählt.
„Wenn wir Fehler machten, spielten wir ,schwule Bälle’, waren ,behindert’, wurden nach Lust und Laune ,fett’ und ,dumm’ genannt”, gibt eine ehemalige Spielerin in der jüngsten Ausgabe im „Spiegel“ Einblicke in den Trainingsalltag und den damit verbundenen Psychoterror.
Ein Satz, der auf so vielen Ebenen die Widerlichkeit der Vorkommnisse offenlegt. Der zeigt, was vielerorts schon vermutet wurde: dass Fuhr kein Einzelfall ist und dass nach dem Aushängeschild des deutschen Handballs im Frauenbereich wohl ein weiterer Bundesligist betroffen ist. Wieder soll der Verein über die Methoden informiert worden sein, wieder waren die Vorkommnisse in der Liga kein Geheimnis. Wieder schauten alle weg.
Rund fünfzig betroffene Handballspielerinnen haben sich mittlerweile an die Anlaufstelle gegen Gewalt im Sport der Initiative Athleten Deutschland gewendet. Es ist wichtig, dass sie endlich gehört werden und sichergestellt wird, dass die Strukturen sich nachhaltig verändern und präventiv greifen. Das geht nur mit personellen Konsequenzen, sowohl in den Vereinen als auch im Dachverband.
Denn auch hier wurde schließlich nicht reagiert und die neu eingerichtete Kommission des DHB musste nach nicht einmal einem Monat aufgelöst werden, weil die involvierten Personen „unüberbrückbare persönliche Differenzen” hatten. Weil anscheinend das Ego der Verantwortlichen wichtiger war als der Wille, die Missstände zu beheben.
Ein größeres Armutszeugnis kann es kaum geben. Gemeinschaft, Fairness, Respekt – die Werte, für die der Sport eigentlich steht, wurden viel zu lange ignoriert. Es wird Zeit, sich ihrer wieder zu besinnen.
Zur Startseite
- Handball
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de