Neuer Raum in der JVA Moabit: Projekt soll Häftlingen mit Selbstmordgedanken helfen

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Neuer Raum in der JVA Moabit: Projekt soll Häftlingen mit Selbstmordgedanken helfen

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Neuer Raum in der JVA Moabit: Projekt soll Häftlingen mit Selbstmordgedanken helfen

Für gefährdete Häftlinge soll es in der JVA Moabit bald einen Präventionsraum geben, in dem sie zur Ruhe kommen können. In Berlins Gefängnissen kam es in diesem Jahr zu neun Suiziden.

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Eine Wand in dem Raum der Justizvollzugsanstalt Moabit ist blau gestrichen, der Boden in hellem Braun gehalten. Neben einem breiten Bett stehen ein Nachttisch, ein Stuhl und ein Schreibtisch. Der Raum strahlt eine freundliche Atmosphäre aus. Auf Heizkörper hat man verzichtet, es gibt stattdessen eine Fußbodenheizung.

Aus gutem Grund. Denn an einem Heizkörper kann man sich strangulieren. Die Untersuchungshäftlinge, die hier leben sollen, sind akut selbstmordgefährdet.

Der Raum soll Anfang 2024 gebaut werden

Noch existiert dieser Raum jedoch nur als Plan. Gebaut werden soll er im ersten Quartal 2024, im zweiten oder dritten Quartal 2024 wird er dann bezogen, sagt Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für die CDU) am Donnerstag, als sie, zusammen mit der Anstaltsleiterin Anke Stein, die Planung des neuen Suizid-Präventionsraums vorstellt.

„Wenn ich suizidgefährdet wäre und in so einen Raum käme, wüsste ich nicht, ob ich von meinem Plan ablassen würde.“

Felor Badenberg, Justizsenatorin, über den Suizid-Präventionsraum der JVA Moabit

So ein Raum sei dringend nötig, sagt Badenberg. Bisher kommen in Moabit Häftlinge, bei denen Wachpersonal oder Psychologen Indizien für eine Suizidgefährdung festgestellt haben, in einen nahezu leeren Raum, wenige Quadratmeter groß, kalt, abweisend, ausgestattet nur mit einem blauen Sitzwürfel und einer dünnen blauen Matratze. In der Ecke ist eine Toilette ohne Deckel installiert.

In dieser Atmosphäre sollen Häftlinge, die Selbstmordgedanken haben, wieder psychisch stabil werden. Felor Badenberg glaubt daran allerdings nicht. „Wenn ich suizidgefährdet wäre und in so einen Raum käme, wüsste ich nicht, ob ich von meinem Plan ablassen würde“, sagt sie. „Wir haben die Pflicht, so schnell wie möglich etwas daran zu ändern.“

In allen Gefängnissen soll es solche Räume geben

Und zwar in allen Justizvollzugsanstalten. Ziel sei es, in allen Gefängnissen solche neu gestalteten Präventionsräume einzurichten, Moabit soll nur der Anfang sein. Wann die anderen Anstalten nachziehen, ist allerdings völlig unklar. Alles eine Frage des Geldes. Der Raum in Moabit kostet laut Plan 438.000 Euro.

Neun Selbstmorde hat es in diesem Jahr schon in den Gefängnissen von Berlin gegeben, vier davon in Moabit. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt drei, davon einer in Moabit. 14 Selbstmordversuche sind in diesem Jahr in Moabit registriert worden.

Der bisherige Präventionsraum ist abweisend

Es gebe Häftlinge, sagt Anstaltsleiterin Anke Stein, die hätten ihre Suizidgedanken bewusst verheimlicht, weil sie Angst gehabt hätten, in diesen kalten, kargen Raum zu kommen. Badenberg ergänzt: „Wir müssen so einen Raum freundlicher und heller gestalten.“

Denn die Gefahr, dass jemand in der Untersuchungshaft Selbstmordgedanken hegt, ist groß. „Angst, Depressionen, andere psychische Belastungen, Suchtproblematiken, das alles sind Faktoren, die zu einer Suizidgefährdung führen können“, sagt die Senatorin.

Die Gefangenen sollen zu sich selber finden

Damit es nicht zum Selbstmord kommt, wird nun der neue Präventionsraum eingerichtet. „Dort soll der Gefangene zu sich selber finden“, sagt Stein. Natürlich habe er dort auch die Möglichkeit, mit Vollzugsbeamten und Psychologen zu reden, Isolation solle vermieden werden.

Aber der Raum soll auch keine Wohnzimmer-Atmosphäre ausstrahlen. Die Rückkehr in die eigene, nüchterne Zelle soll nicht plötzlich als emotional belastender Kontrast wahrgenommen werden. „Beim Aufenthalt in diesem neuen Präventionsraum reden wir von wenigen Tagen“, sagt Stein. Und natürlich werde ein Inhaftierter dort nur untergebracht, wenn er damit einverstanden sei.

Doch dieser neue Raum, sagt Badenberg, „ist nur ein kleiner Baustein in einer großen Lösung“. Zur großen Lösung beim Thema Suizidprävention gehören für sie eine bessere Ausbildung des Personals beim Umgang mit suizidgefährdeten Personen, mehr psychologische Betreuung der Betroffenen, die Verbesserung der sozialen Integration und bessere Ausbildungsmöglichkeiten der Inhaftierten. „Wir müssen ein Klima schaffen, in dem man offen über psychische Belastungen reden kann.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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