Nach Klage eines Beamten: Berliner Verwaltungsgericht hält Hauptstadtzulage für verfassungswidrig
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Update Nach Klage eines Beamten: Berliner Verwaltungsgericht hält Hauptstadtzulage für verfassungswidrig
150 Euro monatlich obendrauf: Ein Beamter, der von der Hauptstadtzulage ausgeschlossen war, hatte gegen den Bonus geklagt. Der Senat will die Regel dennoch zunächst beibehalten.
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Die Hauptstadtzulage, die das Land Berlin seit November 2020 einem Großteil seiner Beamten zahlt, ist laut dem Berliner Verwaltungsgericht verfassungswidrig. Sie verstößt nach Auffassung des Gerichts gegen das besoldungsrechtliche Abstandsgebot, da die Zulage nur bis zu einer bestimmten Besoldungsstufe gezahlt wird.
Was die Entscheidung für die Zukunft der Hauptstadtzulage bedeutet, ist noch offen. Da nur das Bundesverfassungsgericht verbindlich die Verfassungswidrigkeit der Regelung feststellen kann, hat das Gericht das Verfahren ausgesetzt und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts habe daher „zunächst keine unmittelbaren Folgen“ für die Hauptstadtzulage, teilte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Finanzen auf Tagesspiegel-Anfrage mit. „Das Verwaltungsgericht Berlin hat das Verfahren zur Hauptstadtzulage lediglich ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Insoweit bleibt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.“
Trotzdem werde die Finanzverwaltung die schriftlichen Gründe des Vorlagebeschlusses sorgfältig prüfen und – soweit erforderlich – im Rahmen der ohnehin geplanten zukünftigen Besoldungsanpassungen berücksichtigen. „Da die schriftlichen Gründe derzeit aber noch nicht vorliegen, können hierzu noch keine Auskünfte getroffen werden“, sagte die Sprecherin.
Gericht: Zulage verstößt gegen Abstandsgebot
Das Land Berlin hatte die Hauptstadtzulage über monatlich 150 Euro im November 2020 eingeführt. Sie soll die Attraktivität des Landes Berlin als Arbeitgeber steigern, der in Konkurrenz zu vielen Bundesbehörden steht.
Die Zulage wird demnach nur bis einschließlich der Entgeltgruppen A13 für Beamte beziehungsweise E13 für Tarifbeschäftigte gezahlt. Das betrifft rund 124.000 Landesbedienstete. Für A13 gibt es ohne Zulage im Mittel 5018 Euro im Monat, für E13 gibt es 5093 Euro.
Gegen diese Regelung klagte ein Beamter in einem Berliner Bezirksamt, der als Obermagistratsrat zunächst nach A14 (im Mittel 5439 Euro monatlich), später als Magistratsdirektor nach A15 bezahlt wurde. Laut dem Kläger, der inzwischen im Ruhestand ist, verstoße die Zulage in ihrer jetzigen Form gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das besoldungsrechtliche Abstandsgebot.
Letzteres sieht auch das Verwaltungsgericht verletzt. „Bestehende Besoldungsabstände zwischen den Besoldungsgruppen sind Ausdruck der den Ämtern durch den Gesetzgeber zugeschriebenen Wertigkeiten“, teilte das Verwaltungsgericht am Montag mit. „Das besoldungsrechtliche Abstandsgebot untersagt dem Gesetzgeber, ungeachtet seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung des Besoldungsrechts, diesen Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen einzuebnen oder (signifikant) abzuschmelzen.“
Die Entscheidung zielt nur auf das Beamtenrecht. Da auch bei den Tarifbeschäftigten des Landes Berlin die Zulage nur bis zu einer gewissen Grenze gewährt wird, gibt es auch hiergegen vor den Arbeitsgerichten Klagen – bislang jedoch ohne Erfolg.
Der klagende Beamte sagte dem Tagesspiegel: „Ich bin froh, dass meine rechtliche Einschätzung mich nicht getäuscht hat.“ Zudem freue er sich für alle seine Kollegen, die sich nun „Hoffnung machen können, dass ihre Widersprüche auch Erfolg haben“. Gegen das Land Berlin laufen mehr als 30 weitere Verfahren aufgrund der nicht gezahlten Zulage.
Die Hauptstadtzulage ist nicht nur rechtlich umstritten. Die Tarifgemeinschaft der Bundesländer hat Berlin aufgefordert, die Zulage bis spätestens zum 31. Oktober 2025 einzustellen. Ansonsten würde Berlin aus der Tarifgemeinschaft ausgeschlossen werden.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de