Mülldetektive und mehr Geld: Wie Schwarz-Rot das Abfallproblem in Berlin lösen will

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Mülldetektive und mehr Geld: Wie Schwarz-Rot das Abfallproblem in Berlin lösen will

© dpa / Paul Zinken

Illegaler Müllabladung will CDU-Umweltpolitiker Danny Freymark den Kampf ansagen. Mülldetektive gab es in Berlin schon einmal. Nicht alle Bezirke sind begeistert.

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Die Berliner CDU-Fraktion möchte Parks und öffentliche Flächen der Stadt durch Mülldetektive von illegalem Abfall freihalten. „Mülldetektive wären ein wirksames Mittel, um vor allem gewerbliche illegale Müllabladung zu bekämpfen“, sagte ihr umweltpolitischer Sprecher Danny Freymark dem Tagesspiegel. „Wir zielen auf die, die unsere Stadt mutwillig verdrecken.“ Als beispielhafte Einsatzorte nannte er Neukölln und den Wedding.

Der schwarz-rote Koalitionsvertrag sieht zwar umfangreiche Maßnahmen zur Parksauberkeit vor, Mülldetektive sind dort aber nicht festgehalten. 20.206 Kubikmeter illegalen Müll musste die Berliner Stadtreinigung (BSR) in den am stärksten betroffenen Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf im vergangenen Jahr entfernen, berlinweit waren es 40.660 Kubikmeter.

Neben einer Ausdehnung der kostenlosen Sperrmüll-Kieztage steht im Vertrag, dass die BSR mehr Parks reinigen soll. Bislang sind es berlinweit 79. „Diese Zahl soll ausgeweitet werden, indem die Bezirke selbst die belasteten Parks vorschlagen, die durch die BSR gereinigt werden“, sagt Linda Vierecke, umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.

Manche Bezirke begrüßen die Ausweitung. „Wenn die BSR sich verstärkt um die immer und überall zunehmende Vermüllung kümmert, können sich meine Mitarbeiter wieder verstärkt um ihre Kernarbeit – das Gärtnern – kümmern“, sagt Thorsten Schatz (CDU), Bezirksstadtrat aus Spandau. „Zudem müssen wir unsere Fuhrparks klimaneutral umstellen, was immense Investitionen nach sich zieht, da beispielsweise ein Elektrotraktor mindestens doppelt so viel kostet wie ein herkömmlicher Traktor.“

Eine Zero-Waste-Strategie allein hilft da nicht weiter. 

Danny Freymark, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion

Wenn die BSR mehr saubermachen muss, erhält sie dann auch mehr Geld? Die SPD-Sprecherin Vierecke bejaht das. Für genauere Angaben verweist sie auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen, ebenso wie ihr Kollege Freymark. „Aber Sie können sicher sein“, sagt er, „da wird sich die Koalition nicht verstecken. Da werden wir massiv Geld in die Hand nehmen.“ Graffitis und Unordnung störten das „subjektive Sicherheitsempfinden“ vieler Bürger. „Eine Zero-Waste-Strategie allein hilft da nicht weiter. Wir brauchen auch mehr Präsenz von Ordnungsämtern und Polizei.“

Mülldetektive, wie Freymark sie fordert, sind in Berlin nichts Neues. Von 2017 bis 2019 waren sie in Neukölln, teils unter der damaligen Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), im Einsatz. Die SPD hatte sich das Konzept aus Wien abgeschaut und stellte im Haushalt für 2018 und 2019 Mittel in Höhe von 8,4 Millionen Euro pro Jahr bereit – für 102 Stellen.

Einige Bezirke sehen Mülldetektive skeptisch

Der Name wandelte sich: von „Müllsheriffs“ zu „Waste Watchers“. 28 Übeltäter erwischten sie in Neukölln im ersten Jahr. Im Bezirk Mitte war es dagegen kein einziger. Und danach? „Die 102 Stellen wurden berlinweit umgewandelt in AOD-Stellen, also Stellen für den Allgemeinen Ordnungsdienst“, erklärt Julia Schrod-Thiel (CDU), Umwelt-Bezirksstadträtin von Reinickendorf.

Auch heute sind einige Bezirksverwaltungen skeptisch. „Gesonderte Mülldetektive sind in Steglitz-Zehlendorf nicht sinnvoll“, schreibt der dortige Bezirksstadtrat Urban Aykal (Grüne). „Bei den Müllablagerungen im Bezirk ist in aller Regel nicht ermittelbar, wer sie verursacht hat.“

In Tempelhof-Schöneberg ist man ebenfalls nicht überzeugt. Die Bezirksverwaltung antwortete im Januar auf eine parlamentarische Anfrage Danny Freymarks im Abgeordnetenhaus, in der er nach der Zahl der Fälle fragte, in denen Müllabsteller ermittelt werden konnten: „Eine gerichtsfeste ‚Aufdeckung‘ und Ahndung ist nur ‚in flagranti‘ möglich. Illegale Müllablagerungen finden üblicherweise nicht statt, wenn eine soziale Kontrolle durch anwesende Andere vorhanden ist. Deswegen ist die Aufklärungsquote dieser Handlungen so gering.“

Wie viele Mülldetektive es pro Bezirk genau braucht und wie ihre Arbeitsabläufe genau aussehen, müsse erst noch entschieden werden, sagt Freymark. „Klar ist: Sie müssen zum Beispiel von der Pflicht entbunden sein, Amtskleidung zu tragen. Sonst wären sie sofort erkennbar.“

Die umweltpolitische Sprecherin der Linken, Katalin Gennburg, hält Freymarks Ansatz für „unterkomplex“. Sie sagt: „Wir brauchen eine deutlich schärfere Kontrolle des Baugewerbes, das Schutt illegal ablädt.“ Auch Restaurants und Cafés müssten strenger dahingehend kontrolliert werden, ob sie die seit Jahresanfang gesetzlich vorgeschriebene Option zur Mehrwegverpackung anbieten.

„Außerdem brauchen wir eine andere Wirtschaftsförderung, die kleinen Läden den Vorzug gegenüber Ketten gibt – die oft deutlich mehr Müll produzieren. Und wir müssen die Grünflächenvernichtung stoppen, die Schwarz-Rot mit dem Mantra ‚Bauen, Bauen, Bauen‘ voranbringt“, sagt Gennburg. Statt Parksauberkeit als wirtschafts- und klimapolitische Frage zu betrachten, reduziere die Koalition sie „auf Law and Order“.

Einen Fortschritt gibt es immerhin. Seit dem 1. Mai darf die BSR illegalen Müll direkt mitnehmen, ohne dass die Ordnungsämter sie beauftragen müssen. Das, schreibt Thorsten Schatz aus Spandau, entlaste seine Behörden „da wir dann nicht mehr die Entsorgung eines jeden Müllhaufens einzeln ausschreiben müssen.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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