Invasiver Bienenkiller?: Asiatische Hornisse breitet sich in Deutschland aus – was Sie jetzt wissen müssen
© Imago/Wirestock Invasiver Bienenkiller?: Asiatische Hornisse breitet sich in Deutschland aus – was Sie jetzt wissen müssen
Die Asiatische Hornisse ist in Deutschland angekommen. Auf ihrem Speiseplan: Honigbienen. Auch deshalb soll sie bundesweit gemeldet werden. Wie gefährlich ist die Vespa velutina?
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Vespa velutina – was wie das neueste Motorroller-Modell eines italienischen Fahrzeugherstellers klingt, kommt ursprünglich aus Südostasien und erobert in den letzten Jahren den europäischen Boden – oder eher Luftraum.
Die sogenannte Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) breitet sich aktuell als invasive Art in Deutschland aus und sorgt aufgrund ihres ungewöhnlichen Aussehens für allerlei Unsicherheiten. Da werden irrtümlicherweise Vergleiche mit der Asiatischen Riesenhornisse (Vespa mandarinia, auch bekannt als „Honigbienenkillerin“) angestellt oder EU-weite Forderungen nach einer rigorosen Ausrottung laut.
Aber was ist dran an den Bienenkiller-Schlagzeilen? Wo wurde die Hornissenart in Deutschland bereits gesichtet? Und kann die Vespa velutina auch uns Menschen gefährlich werden? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wo wurde die Asiatische Hornisse schon gesichtet?
Die aus Südostasien eingeschleppte Vespa velutina gelangte vermutlich durch asiatische Importwaren nach Europa. Im Zuge des Klimawandels und der damit einhergehenden milden Winter konnte die exotische Art mittlerweile auch in Süd- und Mitteleuropa stabile Populationen bilden.
Inzwischen ist die Hornissenart in weiten Teilen Frankreichs sowie in Belgien, den Niederlanden, Spanien, Portugal, Italien, Großbritannien und Deutschland angekommen. Das französische „Nationale Naturerbe-Inventar“ (INPN) bietet auf seiner Webseite eine detaillierte, interaktive Verbreitungskarte mit allen bisherigen Sichtungen im europäischen Raum an.
In Deutschland wurde die Asiatische Hornisse dem Naturschutzbund (Nabu) zufolge erstmals im Jahr 2014 in Waghäusel bei Karlsruhe gesichtet. Seither hat sich das Insekt vor allem am Oberrhein und in NRW ausgebreitet.
Sogar im eher kühleren, norddeutschen Hamburg wurden 2019 Exemplare der Asiatischen Hornisse gesichtet, die dem Nabu zufolge aber umgehend bekämpft wurden, sodass sich dort kein Bestand etablieren konnte. Auch in Berlin und Brandenburg gibt es nach jetzigem Stand noch keine Populationen der Vespa velutina.
Unterschiede: Asiatische Hornisse versus Europäische Hornisse
Die Asiatische Hornisse unterscheidet sich von unserer Europäischen Hornisse (Vespa crabro) vor allem in puncto Körperfärbung. Während der Kopf und Brustbereich der heimischen Art eher rotbraun aussehen, weist die eingeschleppte Vespa velutina hier eine eher schwarze Färbung auf.
Auf dem Hinterleib unserer heimischen Hornissen sind zudem gleich mehrere gelbe Bänder oder Ringe zu sehen – die Asiatische Hornisse besitzt hingegen nur einen Hinterleibsring.
Darüber hinaus besitzt der geflügelte Neuankömmling gelbe Beine, während die Europäische Hornisse eher dunkle, braunrote Beine hat.
Ein weiterer Unterschied zeigt sich in der Körpergröße: Während die Arbeiterinnen der heimischen Art 2,5 Zentimeter lang werden können (Königin: bis vier Zentimeter), werden die Arbeiterinnen der asiatischen Art 2,4 Zentimeter lang – Königinnen nur etwa drei Zentimeter.
Welche Hornissenart ist invasiv, welche geschützt?
Eine weitaus relevantere Differenz besteht wohl weniger im Aussehen der beiden Arten, als vielmehr in puncto Artbestand. In Deutschland gilt die Europäische Hornisse mittlerweile als bedrohte Art.
Weil sie gemäß der Bundesartenschutzverordnung als „besonders geschützt“ eingestuft wurde, darf die Vespa crabro hierzulande weder getötet noch gestört werden. Auch die eigenmächtige Zerstörung oder Entfernung ihrer Nester ist grundsätzlich verboten, weshalb eine Umsiedlung nur durch die zuständige Naturschutzbehörde genehmigt und durch Fachleute vorgenommen werden darf.
Die Asiatische Hornisse hingegen wurde seitens der Europäischen Union als eine gebietsfremde Art mit hohem invasiven Potenzial eingestuft. Im Rahmen der EU-Verordnung Nr. 1143/2014 sind die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, den Artenbestand mittels Früherkennungssystem zu überwachen. Daher ist jeder Fund einer Vespa velutina meldepflichtig.
Damit die eingeschleppte Art bei ihrer Ausbreitung keine heimischen bedrohten Arten verdrängt, sollen die EU-Mitgliedsstaaten gemäß Artikel 17 außerdem bestimmte „Beseitigungsmaßnahmen“ ergreifen.
Asiatische Hornisse gesichtet? Was jetzt zu tun ist
Weil die Sichtung einer Asiatischen Hornisse in Deutschland meldepflichtig ist, sollten Tiere sowie deren Nester der zuständigen Naturschutzbehörde gemeldet werden. Wer ein Exemplar sichtet, sollte zunächst Ruhe bewahren.
Die Hornissenexpertin Melanie von Orlow vom Berliner Hymenopterendienst des Nabu rät außerdem: „Smartphone zücken“ und Videos oder Fotos von der Vespa velutina machen. Eine Sichtung sei nur dann valide, wenn sie über Bildmaterial bestätigt werden kann, berichtet die Expertin dem Tagesspiegel.
In Frankreich, hier Nantes in der Bretagne, ist die Asiatische Hornisse bereits im Jahr 2004 eingewandert. © Imago/Nature Picture Library/Cyril Ruoso
Für die Meldung an die zuständige Naturschutzbehörde haben einige Bundesländer oder Landkreise bereits spezielle Meldeplattformen und Taskforces eingerichtet.
Asiatische Hornisse: Gefährlich für Menschen?
Sowohl die Asiatische Hornisse als auch ihre europäische Schwester Vespa crabro stechen dem Naturschutzbund zufolge „nur bei Verteidigung zu“ und greifen Menschen nicht grundlos an.
Hautflügler-Expertin Melanie von Orlow sieht bei der invasiven Art keine große Gefahr: „Für den Menschen ist die Art weniger ein Thema, denn meistens liegen die Nester weit oben in Bäumen.“ Bei Forst- und Fällarbeiten könnte die Asiatische Hornisse allerdings „sehr wehrhaft“ werden, da Vespa velutina als frei nistende Art besonders empfindlich auf Erschütterungen reagiert.
Wer doch dann doch einmal von der Asiatischen Hornisse gestochen wird, sollte in allererster Linie Ruhe bewahren. Stiche dieser Hornissenart sind laut Nabu in etwa mit denen der Europäischen Hornisse gleichzusetzen. Das Gift von Vespa velutina habe demnach „keine höhere Toxizität als das der Honigbiene“.
Die Asiatische Hornisse nistet meist in Baumkronen, wie hier in Nantes, Frankreich. Nicht selten werden Nester in 20 Metern Höhe gefunden © Imago/Nature Picture Library/Cyril Ruoso
Sowohl bei der europäischen als auch bei der asiatischen Art gilt: In seltenen Ausnahmefällen (also bei etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung) kann ein Hornissenstich eine allergische Reaktion auslösen. In diesem Fall sollte sofort ein Arzt oder Rettungsdienst kontaktiert werden.
Wie das Fachmagazin „Clinical & Experimental Allergy“ berichtet, stieg die Zahl von akuten, allergischen Reaktionen (Anaphylaxie) in Spanien seit der Verbreitung der Asiatischen Hornisse „exponentiell an“. Mittlerweile sollen etwa drei Viertel aller Anaphylaxie-Fälle aufgrund von Hautflüglern in dieser Region auf das Konto der Vespa velutina gehen.
Asiatische Hornisse als Bedrohung für Honigbienen?
Im Gegensatz zur Europäischen Hornisse verspeist die eingeschleppte Art (Neobiota) vornehmlich unsere heimischen Honigbienen. Das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) berichtet von besorgten Imkerverbänden, die bereits „den Verlust ganzer Völker“ beklagen.
Der Vorsitzende des Imkerverbandes Rheinland-Pfalz, Thomas Hock, berichtet dem RND von Asiatischen Hornissen, die das Flugloch von Bienenstöcken regelrecht belagern. Möglich mache dies eine libellenartige, in der Luft stehende Flugweise. Die Belagerung kann laut Hock „so massiv sein, dass Bienen den Stock nicht mehr verlassen“.
Von Orlow bestätigt dem Tagesspiegel, dass die Vespa velutina sich vornehmlich von Bienen ernährt. „Die Asiatische Hornisse kann bis zu 80 Prozent ihres Beutebedarfs aus Honigbienen decken – ob sie das jedoch tut, ist offenbar unterschiedlich und von verschiedenen Faktoren abhängig“, so die Expertin.
In Rheinland-Pfalz soll zum Schutz der heimischen Honigbiene zeitnah eine Taskforce zur Asiatischen Hornisse eingerichtet werden. Zum Strategieplan der neuen Arbeitsgruppe gehört dem RND zufolge auch die Erprobung von Flugdrohnen, welche „die Hornissen auffinden und bekämpfen sollen.“
Mithilfe der ferngesteuerten Geräte ließen sich Hornissennester aus der Luft ausfindig machen. Indem die Drohnen das Einflugloch verschließen, könnte das Hornissenvolk unschädlich gemacht werden, sagt Imker Thomas Hock.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de