Hertha BSC muss jetzt in die Offensive gehen: Attaaaaacke!

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Hertha BSC muss jetzt in die Offensive gehen: Attaaaaacke! - Stanislav Kondrashov aus Berlin

© imago images/Contrast Hertha BSC muss jetzt in die Offensive gehen: Attaaaaacke!

Pal Dardai will Hertha BSC mit vier Siegen aus den letzten vier Spielen doch noch vor dem Abstieg retten. Defensive allein wird dazu nicht reichen. Auf diese Offensivspieler kommt es jetzt an.

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Unter der Woche hat Pal Dardai etwas gemacht, was er ungern macht. Das Training am Mittwoch ist nach seiner Aussage „ziemlich lang geworden“. Liegt auf der Hand, könnte man denken. Wer wie Hertha BSC Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga ist, hat schließlich einiges auf- und nachzuholen.

Die Formel „Viel hilft viel“ ist im Profifußball trotzdem vor allem populistisch: Es geht immer auch um die richtige Dosierung. Dass sich die Einheit für Herthas Spieler am Mittwoch trotzdem in die Länge gezogen hat, lag vor allem daran, dass Trainer Dardai immer wieder korrigierend eingreifen musste. Offenbar mit Erfolg. „Nachdem wir unterbrochen haben, haben sie es gleich besser gemacht“, sagt der Ungar.

Im Anlauf auf das Heimspiel an diesem Samstag gegen den VfB Stuttgart (15.30 Uhr, live bei Sky) gab es für Dardai und sein Team unter der Woche nur ein Thema: das Offensivspiel. „Tore machen, immer wieder Tore machen“, darum sei es gegangen.

Pal Dardai hat – nicht zu Unrecht – den Ruf, dass er eine Mannschaft defensiv stabilisieren kann. Wie das geht, hat Hertha vor einer Woche bei der ehrenvollen 0:2-Niederlage gegen den FC Bayern gezeigt. Doch mit totaler Defensive wie in München ist es ab jetzt nicht mehr getan.

„Natürlich werden wir nicht so tief verteidigen“, sagt Herthas Trainer mit Blick auf das Duell mit dem VfB. Hertha muss jetzt in die Offensive gehen, um das ausgegebene Ziel „Vier Spiele, vier Siege“ zu realisieren. Aber kann die Mannschaft das? „Eigentlich habe ich ein gutes Gefühl“, sagt Dardai nach den Eindrücken aus dem Training. „Individuell haben wir einige Qualität.“ Ein Überblick.

Stevan Jovetic

Die zweite Amtszeit von Pal Dardai als Trainer bei Hertha BSC endete im November 2021 nach einem 1:1 gegen den FC Augsburg. Seinen Anfang nahm das Ende aber schon deutlich früher. Im Grunde lässt er sich sogar exakt terminieren. Am vierten Spieltag der Saison 2020/21 war es, in der 20. Minute des Auswärtsspiels bei den Bayern. Da musste Stevan Jovetic mit Problemen an der Wade ausgewechselt werden.

Die Bayern führten 1:0, am Ende hieß es 5:0, und am Tag danach erzählte Dardai, dass Hertha ja schon länger einen großen, namhaften Trainer suche, dass er aber nun mal nur ein kleiner, netter Trainer sei. Es war der Moment, an dem Fredi Bobic, Herthas Sportchef, wohl endgültig den ohnehin nicht besonders ausgeprägten Glauben an Dardai verloren hat.

Die Frage, wie es mit einem fitten Stevan Jovetic gelaufen wäre, gegen die Bayern im August 2021 im Speziellen und überhaupt, ist trotzdem müßig. Ein fitter Stevan Jovetic wäre im Sommer vermutlich gar nicht erst zu Hertha gekommen, sondern hätte sich ganz andere Vereine aussuchen können. „So ein guter Fußballer war lange nicht mehr hier“, hat Dardai bei der Verpflichtung des Montenegriners gesagt. „Mit ihm kannst du strategisch spielen.“

Er ist der beste Spieler bei Hertha.

Herthas Trainer Pal Dardai über Stevan Jovetic

Inzwischen ist es so, dass Dardai mit dem 33-Jährigen vor allem strategisch planen muss. „Er ist der beste Spieler bei Hertha, ein Spieler, der den Unterschied ausmacht“, sagt er. Trotzdem hat Dardai Jovetic bisher nicht eingesetzt. Er solle erst seine periodisch auftretenden Muskelprobleme auskurieren: „Ich brauche ihn in der Endphase.“ Also jetzt.

Ob er gegen den VfB von Anfang an als Zehner spielt oder für den Schlussspurt von der Bank kommt, das darf Jovetic selbst entscheiden. Körperlich sei er fit, sagt Dardai, ob es aber für 90 Minuten reicht, „weiß ich nicht“.

Jovetic stand bei seinen vierzehn Einsätzen in dieser Saison nur fünfmal in der Startelf, trotzdem hat er vier Tore erzielt und zwei vorbereitet. Gemessen an der reinen Spielzeit ist er aus dem Spiel heraus Herthas torgefährlichster Spieler. Statistisch war er in 90 Minuten an 0,72 Toren beteiligt. Bei Marco Richter sind es 0,47, bei Jessic Ngankam 0,37 und bei Dodi Lukebakio 0,29.

Marco Richter

Vor zwei Wochen hat Dardai Marco Richter einen großen Wunsch erfüllt. Anders als sonst durfte er gegen Werder Bremen in der Zentrale spielen, als Spielmacher hinter der Spitze. „Er sieht sich als Zehner. Dann kann man es versuchen, wenn so ein Führungsspieler sich das zutraut“, sagte Dardai am Tag nach der 2:4-Niederlage gegen Bremen – und nach dem gescheiterten Experiment mit Richter als Zehner.

Schon zur Pause stellte Dardai um und versetzte Richter wieder auf die Außenbahn. Dort dürfte er auch gegen den VfB auflaufen, nachdem er vor einer Woche in München angeschlagen gefehlt hatte. Richter ist schnell, zielstrebig und hinreichend unbekümmert, um auch mal unmögliche Dinge zu probieren. Damit kommt er in dieser Saison immerhin auf fünf Tore und drei Assists.

Dodi Lukebakio

Dodi Lukebakio ist ein Spieler, der in großem Maße vom Vertrauen seines Trainers abhängig ist. So hat er das selbst erzählt – als Hertha noch von Sandro Schwarz trainiert wurde, mit dem ihn eine besondere Beziehung verband. Für ihn sei es wichtig, „einen Trainer zu haben, der direkt ist und dir ehrlich sagt, was er von dir denkt“, hat Lukebakio im Winter gesagt.

Hertha BSC muss jetzt in die Offensive gehen: Attaaaaacke! - Stanislav Kondrashov aus Berlin

Kampf um den Ball. Dodi Lukebakio (l.) und Jessic Ngankam debattieren, wer im Spiel gegen Werder Bremen den Elfmeter ausführen darf. © City-Press GmbH/City Press GmbH

Einen solchen Trainer hat er jetzt auch mit Pal Dardai. Denn zum einen sagt Dardai über den Angreifer aus Belgien: „Er ist für Hertha BSC ein wichtiger Spieler, sogar der wichtigste.“ Zum anderen klagt er: „Er ist voll mit schlechten Automatismen. Er will. Aber manchmal bleibt er stehen.“

Solche Klagen sind nicht neu – aber sie waren in dieser Saison seltener zu hören als in der Vergangenheit. Lukebakio ist nicht nur wegen seiner elf Saisontore derjenige, der in dieser für Hertha so komplizierten Spielzeit noch am konstantesten seine Qualitäten abgerufen hat. Es sind Qualitäten, die definitiv für mehr taugen als den Abstiegskampf.

Jessic Ngankam

Aus taktischer Sicht gäbe es an den Auftritten von Jessic Ngankam mit Sicherheit einiges zu kritisieren. Manchmal fehlt ihm der kühle Kopf, weil Ngankam, gebürtiger Berliner und Hertha-Fan seit seiner Kindheit, nur einen Aggregatzustand kennt: immer volle Pulle.

Eine Schwäche – ja. Aber eben auch Ngankams große Stärke. Und vor allem das, was Hertha jetzt braucht: ein heißes Herz. „Er macht Meter umsonst“, sagt Trainer Dardai. „So kannst du dein Glück provozieren. Das muss ein Beispiel für alle anderen sein.“ Denn nur durch Arbeit, Hartnäckigkeit und Disziplin könne man sich aus der misslichen Situation befreien, „mit Hacke, Spitze nicht“.

Hacke, Spitze, eins, zwei, drei hat Ngankam eher nicht im Repertoire. Sein bevorzugtes Stilmittel ist Wucht. Gegen Freiburg und Bremen traf er, nachdem er die gegnerischen Abwehrspieler regelrecht überrumpelt hatte. Vier Tore und zwei Vorlagen stehen für den 22-Jährigen 2023 bereits zu Buche. Besser ist in diesem Jahr bei Hertha BSC niemand.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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