„Gegen Hitzetod nicht gut aufgestellt“: Lauterbach kündigt nationalen Hitzeschutz-Plan für Deutschland an
© AFP/TOBIAS SCHWARZ „Gegen Hitzetod nicht gut aufgestellt“: Lauterbach kündigt nationalen Hitzeschutz-Plan für Deutschland an
Jedes Jahr gibt es bundesweit zwischen 5000 und 20.000 Hitzetote. Das sei vermeidbar, sagt Lauterbacht und kündigt Maßnahmen an.
Angesichts jährlich tausender Hitzetoter in Deutschland hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen nationalen Hitzeschutzplan angekündigt. „Wir müssen feststellen, dass wir in Deutschland gegen den Hitzetod nicht gut aufgestellt sind“, sagte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Es sei „nicht akzeptabel“, wenn es jedes Jahr zwischen 5000 und 20.000 hitzebedingte Todesfälle gebe. „Es ist ein vermeidbarer Tod“, betonte der Minister.
Deutschland werde als Folge des Klimawandel künftig von Hitzewellen stärker betroffen sein. „Wenn wir nichts unternehmen, werden wir jedes Jahr mehrere tausend Menschenleben verlieren, unnötigerweise“, sagte Lauterbach. Der Hitzetod sei aber nur die Spitze des Eisbergs. Viele Menschen würden zudem pflegebedürftig, weil sie beispielsweise einen Herzinfarkt oder nach einem Hitzschlag noch einen Schlaganfall erlitten.
Lauterbach plant einen Hitzeschutzplan nach dem Vorbild Frankreichs, der unterschiedliche Schweregrade einer Hitzewelle festlegt und mit jeweils konkreten Maßnahmen verknüpft. Als Beispiele nannte er die gezielte Ansprache von kranken und alten Menschen, die Aufklärung über Symptome eines drohenden Hitzschlags und Schutzmaßnahmen.
Auch die Möglichkeit von Kälteschutzräumen und kostenlosen Wasserspendern werde geprüft. Der Minister will dazu in Kürze Verantwortliche aus Pflege, Ärzteschaft, Kommunen, Ländern und Kliniken zusammenbringen und in einer „konzertierten Aktion“ in den kommenden Wochen an einem nationalen Hitzeschutzplan arbeiten.
Wir müssen feststellen, dass wir in Deutschland gegen den Hitzetod nicht gut aufgestellt sind
Karl Lauterbach
Noch im vergangenen Jahr sah die Bundesregierung keine Notwendigkeit für einen nationalen Hitzeaktionsplan und verwies auf die Zuständigkeit der Kommunen. Der Grünen-Politiker Johannes Wagner, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags, kritisierte, während Frankreich schon vor 20 Jahren Konsequenzen aus den Hitzesommern gezogen habe, „wurde Hitzeschutz in Deutschland lange verschlafen“. „Wir dürfen keine weitere Zeit verlieren.“
Angesichts von hitzebedingten Todesfällen, erhöhten Krankheitszahlen und auch Arbeitsausfällen habe das Thema eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, in Berlin. Auch die Ärzteschaft sei gefordert – etwa bei der gezielten Ansprache schutzbedürftiger Patienten.
Kliniken fehlen Hitzeschutzpläne
Nur wenige Kommunen haben demnach bislang einen Hitzeschutzplan. Auch in vielen Kliniken fehlen entsprechende Pläne. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte Unterstützung. „Für energetische Sanierung mit optimaler Gebäudeisolierung, effizienten Kühlungssystemen, Verschattung und Begrünung fehlen oftmals die Mittel“, erklärte Verbandsvize Henriette Neumeyer.
Die Kliniken benötigten personelle Ressourcen zur Erstellung von Hitzeschutzkonzepten sowie „ein groß angelegtes Investitionsprogramm, das sie befähigt, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“.
Gemeinsam mit dem Deutschen Pflegerat und der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (Klug) will die Bundesärztekammer am Mittwoch mit einem Hitzeaktionstag auf die Missstände bei der Hitzeprävention aufmerksam machen. Sie fordern, dem Hitzeschutz Priorität einzuräumen und Hitzeaktionspläne für Kommunen sowie für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, Not- und Rettungsdienste sowie in der Arbeitswelt verpflichtend zu machen.
Auch die Mitarbeiter in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen müssten für Maßnahmen sensibilisiert werden. Trotz des angespannten Arbeitsalltags und der dünnen Personaldecke sei Hitzeschutz „absolut alternativlos“, sagte Jana Luntz, Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerats.
Der Klug-Vorstandsvorsitzende Martin Herrmann warnte, Hitzetod sei „ein stilles Sterben“. In der Öffentlichkeit müsse klar werden, dass Hitze „für alle Menschen potenziell lebensgefährlich“ sei.
Als Folge des Klimawandels mehren sich auch in Deutschland heiße Tage mit mehr als 30 Grad Celsius, und es kommt zu längeren Hitzeperioden. Das birgt vor allem für Alte, Kranke und Kinder Gesundheitsgefahren. Nach Einschätzung von Experten ist Deutschlands Gesundheitssystem bislang nicht für extreme Hitzewellen gerüstet.
Allein im vergangenen Jahr kam es zu mehr als 4500 hitzebedingten Todesfällen. In den drei Sommern 2018 bis 2020 starben in Deutschland dem Robert-Koch-Institut zufolge sogar mehr als 19.000 Menschen aufgrund der Hitze. (AFP)
- Karl Lauterbach
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de