„Furchtbare Gewalttat schockiert den Fußball“: DFB und Berliner Sportler trauern um toten Jugendlichen

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„Furchtbare Gewalttat schockiert den Fußball“: DFB und Berliner Sportler trauern um toten Jugendlichen

© dpa/Boris Roessler Update „Furchtbare Gewalttat schockiert den Fußball“: DFB und Berliner Sportler trauern um toten Jugendlichen

Ein 15-Jähriger stirbt nach einem Schlag eines Gegenspielers. Der DFB reagiert mit Bestürzung, der Berliner Verband setzt auf Dialog und Strafen. Ein Ex-Verein trauert.

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Der Deutsche Fußball-Bund hat mit Bestürzung auf den Tod eines 15 Jahre alten Jugendspielers nach einem gewalttätigen Angriff durch einen Gegenspieler reagiert. „Die furchtbare Gewalttat bei einem internationalen Jugendturnier in Frankfurt schockiert den Fußball in Deutschland. In diesen Stunden richten sich unsere Gedanken und Gebete an den 15 Jahre alten Fußballer und seine Familie. Wir müssen wieder lernen, anständig – und das heißt zuallererst gewaltfrei – miteinander umzugehen“, sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Der junge Fußballer des Jugendfußballclubs (JFC) Berlin, der seinen Sitz in Lichtenberg hat, war nach einem Angriff durch einen 16 Jahre alten Akteur des französischen Clubs FC Metz bei einem Turnier am Sonntag in Frankfurt/Main zunächst für hirntot erklärt worden. Am Mittwoch teilten die Staatsanwaltschaft und Polizei Frankfurt mit, der Jugendliche sei „im Laufe des heutigen Tages an den Folgen seiner schweren Hirnverletzungen im Krankenhaus verstorben“.

Zimmermann betonte in seinem Statement das Engagement des DFB zur Gewaltprävention. „Wir haben ein gesellschaftliches Problem in Umgang, Respekt und Verhalten. Das zeigt sich nicht zuletzt im Fußball. Der DFB und seine Landesverbände sind bestrebt, durch zahlreiche präventive Maßnahmen, die Anzahl von Gewaltvorfällen einzudämmen. Der aktuelle Fall zeigt mit trauriger Nachdrücklichkeit, dass wir hier hart und mit höchstem Engagement weiterarbeiten müssen“, sagte der Funktionär.

Diese unerwartete Tragödie hat die komplette BFC-Gemeinde fassungslos gemacht und uns tief in unseren Herzen berührt.

Stellungnahme des BFC Dynamo, eines früheren Vereins des 15-Jährigen

Der frühere Klub des 15-Jährigen, der BFC Dynamo, bekundete am Mittwochabend seine Trauer. „Diese unerwartete Tragödie hat die komplette BFC-Gemeinde fassungslos gemacht und uns tief in unseren Herzen berührt“, schrieb der Verein auf seiner Website.

Der Jugendliche habe viele Jahre für den BFC gespielt und sei „ein außergewöhnlicher junger Mensch“ gewesen. „Sein Engagement, seine Begeisterung und seine positive Einstellung werden uns stets in Erinnerung bleiben.“ Der Verein sprach der Familie sein Beileid aus und sicherte ihr seinen Beistand zu.

Auch Berlins Innensenatorin meldet sich zu Wort

„Dass nach einem Fußballspiel in Frankfurt a.M. ein junger Spieler aus dem Leben gerissen wurde, macht mich fassungslos, lässt mich sprachlos zurück. Ich wünsche den Angehörigen, den Freundinnen & Freunden, dem Team unendlich viel Kraft in dieser dunkelsten Stunde“, schrieb Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD).

Der Berliner Fußball-Verband (BFV) notierte in der Spielzeit 2021/22 insgesamt 1936 Ereignisse, die die Sportgerichtsbarkeit beschäftigten oder in Spielberichten notiert wurden. Physische und verbale Vergehen halten sich dabei ungefähr die Waage. Besonders bedenklich aber: 43,5 Prozent der Fälle wurden im Jugendfußball registriert.

Ich hoffe, dass die Menschen jetzt nachdenklicher werden.

Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußball-Verbands.

Nach Angaben des DFB ist die Zahl von gewalttätigen Übergriffen gemessen an der Gesamtzahl von Spielen allerdings gering. 2021/22 seien 911 Partien abgebrochen worden, zudem nicht alle wegen physischer Gewalt. Das entspreche 0,075 Prozent der insgesamt durchgeführten Spiele.

Berliner Fußball-Verband setzt auf Dialog und harte Strafen

Berlins Fußballverbands-Präsident Bernd Schultz wurde in einer Mitteilung zitiert: „Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten in diesen schwierigen Stunden allen Angehörigen und den Teammitgliedern des betroffenen Spielers.“

Er zeigte sich erschüttert über den Vorfall. Der Verband werde dem Verein beistehen. Vor dem Hintergrund der alltäglichen verbalen und körperlichen Gewalt auf Fußballplätzen, auch in Berlin, sagte er dem Tagesspiegel: „Ich hoffe, dass die Menschen jetzt nachdenklicher werden.“

Schultz betonte, der Verband werde weiterhin versuchen, Gewalt einzudämmen. „Alles andere wäre eine Kapitulation, und die machen wir nicht.“ Das Problem sei allerdings, „dass man nie weiß, wo etwas als nächstes passiert. Wir können immer nur reagieren“.

Der Dialog mit Verantwortlichen und auch Zuschauern müsse permanent fortgesetzt werden. „Ich muss aber auch dazu sagen, dass nur eine geringe Zahl von Spielen aktenkundig wird“, sagte der Verbandspräsident. Viele Vorfälle würden erst gar nicht angezeigt. Schultz bedauert das, er hätte gerne, dass dem Sportgericht mehr Vorfälle bekannt werden, damit es diese ahnen kann. „Der Fußball bildet einen Querschnitt der Bevölkerung ab“, sagte Schultz mit Blick auf die Gewaltvorfälle im Fußball.

Der Verband hat Vereine im Blick, die auffällig werden

Der Verband habe die Vereine im Blick, in denen es immer wieder Vorfälle gebe. Bei einem Verein in Neukölln, der im gesamten Verbandsgebiet wegen seiner extremen Aggressivität berüchtigt war, waren mehrere Funktionäre gesperrt worden. Nach einem Personalwechsel in der Führungsebene sei der Klub allerdings nicht mehr auffällig geworden, sagte Schultz.

Der Verband setzte als „härteste Strafe“ durchaus auch die Suspendierung von ganzen Mannschaften und betroffenen Spielern ein, um extreme Vorfälle zu ahnden. „Wir müssen da Zeichen setzen.“

Eine Mitarbeiterin des Verbands kümmert sich speziell um Gewaltprävention, allerdings konzentriert sie sich auf Schiedsrichter. Sie wurde engagiert, nachdem in Berlin die Attacken auf Unparteiische enorm zugenommen und eine neue Qualität erhalten hatten. „Seither hat sich die Situation gebessert, auch im Empfinden unserer Schiedsrichter“, sagte Schultz. Der Verband verfüge aktuell wieder über eine vierstellige Zahl an Unparteiischen. „Wir haben 1000“, sagte Schultz.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat 2023 zum „Jahr des Schiedsrichters“ ernannt. „Der Verband appelliert dabei an alle Vereine, den Respekt gegenüber Schiedsrichtern zu verstärken, das ist die Kernbotschaft“, sagte Schultz. Schiedsrichter werden zu Veranstaltungen eingeladen, um ihnen Wertschätzung zu vermitteln.

15-Jähriger wird Organspender

Der Berliner Jugendliche wird nach Angaben der Frankfurter Staatsanwaltschaft Organspender. Deshalb war er auch nach dem am Mittwoch festgestellten Hirntod noch an Maschinen gehalten worden, um die Entnahme von Spenderorganen vorzubereiten. Am Donnerstag waren die Maschinen abgeschaltet worden und der 15-Jährige verstorben.

Die Tat hatte sich am Pfingstsonntag nach dem Abpfiff eines internationalen Spiels im Frankfurter Stadtteil Eckenheim ereignet, bei dem eine französische und eine Berliner Mannschaft gegeneinander angetreten waren. Laut Polizei war es nach dem Abpfiff zu einem Spielertumult gekommen, „der in einer Schlägerei zwischen den Spielern eskalierte“. Dabei soll der Franzose den Berliner gegen den Kopf beziehungsweise den Hals geschlagen haben. Nach Angaben von Augenzeugen, die von der „Bild“-Zeitung zitiert wurden, habe Berlin 1:0 geführt, als der Schiedsrichter abgepfiffen habe.

Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ unter Berufung auf das Amtsgericht am Mittwoch berichtete, soll der aus Frankreich stammende Beschuldigte zunächst einen anderen Gegenspieler angegriffen und ihm mit beiden Fäusten ins Gesicht geschlagen haben.

Anschließend habe er den 15-Jährigen in den Schwitzkasten genommen und in die Magengegend geschlagen. Dieser habe sich zunächst befreien und weggehen können. Der Beschuldigte sei ihm nachgelaufen und habe ihm von hinten einen festen Schlag auf den Kopf gegeben. Als der Jugendliche zusammenbrach, sei er weggegangen.

Der mutmaßliche Täter, der in Untersuchungshaft sitzt, beteuert laut Mitteilung seines Vereins, das Opfer nicht absichtlich verletzt zu haben. Der FC Metz stehe den Behörden zur Aufklärung der Vorfälle zur Verfügung. Der JFC teilte auf seiner Homepage mit, sich aus Respekt vor dem Opfer und dessen Familie derzeit nicht öffentlich äußern zu wollen.

Der 16-Jährige bestritt, dass er den 15-Jährigen absichtlich verletzen wollte. Sein Rechtsanwalt sagte der „Frankfurter Rundschau“, dass der Franzose seinem Gegenspieler lediglich aus Notwehr eine Ohrfeige verpasst habe.

Der Anwalt erklärte auch, dass Notarzt und Feuerwehr erst weit nach dem abgesetzten Notruf am Sportgelände in Frankfurt-Eckenheim eingetroffen seien. Dieser Darstellung habe nach Angaben der „Frankfurter Rundschau“ die Feuerwehr widersprochen und ein Einsatzprotokoll vorgelegt. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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