Flug verweigert und entlassen: Klimaforscher verliert vor Arbeitsgericht gegen Kieler Institut für Weltwirtschaft

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Flug verweigert und entlassen: Klimaforscher verliert vor Arbeitsgericht gegen Kieler Institut für Weltwirtschaft

© twitter.com/GGrimalda

Flug verweigert und entlassen: Klimaforscher verliert vor Arbeitsgericht gegen Kieler Institut für Weltwirtschaft

Nachdem er aus Gewissensgründen nicht fliegen wollte, entließ das Kieler Institut für Weltwirtschaft den Wissenschaftler Gianluca Grimalda. Dessen Klage wies ein Gericht nun ab.

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Er wurde im vergangenen Jahr bekannt als der Wissenschaftler, der nicht fliegen wollte und dafür vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) entlassen wurde: Am Donnerstag hat das Kieler Arbeitsgericht Gianluca Grimaldas Klage auf Wiedereinstellung abgewiesen.

„Nach nur einer Anhörung lehnte der Richter meinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den Dienst ab“, schrieb der Sozialwissenschaftler und Klimaaktivist am Freitag auf X. Er sei „enttäuscht, frustriert, reaktiv“. Das Urteil sei eines aus dem tiefen Anthropozän, dem vordigitalen Zeitalter, so der Forscher.

Der Richter habe argumentiert, dass eine sechswöchige Abwesenheitszeit für den Arbeitgeber nicht hinnehmbar sei, wenn eine sofortige Rückkehr an den Arbeitsplatz gefordert werde, teilte Scientist Rebellion dem Tagesspiegel mit. Grimalda ist Mitglied in dem Netzwerk von Wissenschaftler:innen, das sich dem Kampf für den Klimaschutz verschrieben hat.

Auslöser für den Gerichtsstreit war ein Aufenthalt Grimaldas in Bougainville, einer autonomen Provinz von Papua-Neuguinea. Dort hatte er die Auswirkungen der Globalisierung und des Klimawandels auf den sozialen Zusammenhalt untersucht. Weil sich seine Feldforschung aufgrund eines Vulkanausbruchs, logistischer Herausforderungen und der Bedrohung seiner Sicherheit um sechs Wochen verzögert habe, hatte das IfW ihn angewiesen, innerhalb von fünf Tagen zurückzufliegen.

Grimalda klagte gegen Entlassung

Grimalda wollte allerdings, wie ursprünglich geplant, ohne Flugzeug und dafür klimafreundlicher, aber auch langsamer nach Deutschland zurückreisen. Er weigerte sich, der Forderung des IfW nachzukommen. Das Institut wiederum entließ ihn. „Wenn ich, um meinen Job zu behalten, solchen Anforderungen nachkommen muss, dann ziehe ich es vor, meinen Job zu verlieren“, sagte Grimalda im vergangenen Oktober dem Tagesspiegel. In der gegenwärtigen Phase der Klimakrise sei es für ihn moralisch nicht akzeptabel, „CO₂ zu verschwenden, um dieser sinnlosen Forderung nachzukommen“.

Grimalda verklagte das IfW Kiel schließlich, weil er seine Entlassung für ungerechtfertigt hielt. Er argumentierte, dass er seine Arbeitsaufgaben während der Rückreise nach Deutschland alle hätte erfüllen können.

Doch der Richter habe sich während der Anhörung nicht beim IfW erkundigt, ob Grimalda seine Arbeit auch während seiner Reise hätte erledigen können, beklagte der Wissenschaftler auf X. Auch habe er Beweise gegen die Behauptung des IfW vorlegen wollen, er habe in der Zeit zwischen Juli und September des vergangenen Jahres nicht mehr gearbeitet. Der Richter aber habe sie nicht sehen wollen, weil sie angeblich nicht neu seien.

Kompromiss des Richters lehnt Grimalda ab

Bei der Anhörung habe der Richter zwar anerkannt, dass sein Vertrag zu Unrecht mit sofortiger Wirkung gekündigt worden sei, schrieb Grimalda weiter. Doch den Kompromiss, dafür zwei Monatsgehälter erstattet zu bekommen, schlug der Sozialwissenschaftler aus. Es sei sein Ziel gewesen, im Arbeitsrecht zu verankern, dass Arbeitnehmer:innen nicht wegen Flugverweigerung aus Gewissensgründen entlassen werden können.

Laut Scientist Rebellion ist das der erste bekannte Fall, „in dem ein:e Arbeitnehmer:in wegen seiner Weigerung, zu fliegen, seinen Arbeitsplatz verloren hat“.

Dem Kieler IfW warf Grimalda auf X „Lügen, Realitätsverzerrungen, Auslassungen, Erfindungen und Wortklaubereien“ vor. Und er kündigte an, Beweise dafür vorzulegen. Ob er gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung einlegt, ließ er zunächst offen. Seine Anwälte müssten sich zunächst ein Bild machen und er müsse die Kosten abschätzen, schrieb er.

Dass das IfW einen Mitarbeiter dafür bestraft, dass er sich an der physikalischen Realität orientiert, ist ein Skandal und für eine wissenschaftliche Institution mehr als beschämend.

Nana-Maria Grüning, Molekularbiologin

„Es ist außergewöhnlich, dass ein Forschungsinstitut einen Forscher entlässt, weil er seine Arbeit zu gewissenhaft macht und während eines Klimanotstands nicht fliegt“, sagte Julia Steinberger, Professorin für gesellschaftliche Herausforderungen des Klimawandels an der Universität Lausanne und eine der Hauptautor:innen des letzten Weltklimaberichts, der Mitteilung von Scientist Rebellion zufolge. „Die Entlassung von Gianluca durch das IfW Kiel scheint vor allem eine Vergeltungsaktion für seine frühere Teilnahme an Protesten des zivilen Ungehorsams gegen den Klimawandel mit Scientist Rebellion zu sein“, vermutet sie.

Die Molekularbiologin Nana-Maria Grüning kritisierte das Institut ebenfalls scharf. „Dass das IfW einen Mitarbeiter dafür bestraft, dass er sich an der physikalischen Realität orientiert, ist ein Skandal und für eine wissenschaftliche Institution mehr als beschämend“, wird sie von Scientist Rebellion zitiert.

Eine Anfrage des Tagesspiegels an das Kieler IfW blieb am Freitagabend zunächst unbeantwortet. Gegenüber der „taz“ wollte ein Sprecher Details zum Prozess „aus Persönlichkeitsgründen“ allerdings nicht nennen, heißt es dort. Lediglich die Niederlage Grimaldas habe das IfW bestätigt.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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