„Es gibt ein soziales Mietrecht in diesem Land“: Linke fordert im Bundestag Recht auf Wohnungstausch
© dpa/Michael Kappeler „Es gibt ein soziales Mietrecht in diesem Land“: Linke fordert im Bundestag Recht auf Wohnungstausch
Das Problem um ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum wird immer größer. Darüber, wie es zu lösen ist, sind die Fraktionen uneins.
Von Lea Schulze
Zumindest in den deutschen Ballungsgebieten kennt vermutlich jeder jemanden, der gerade eine Wohnung sucht – und mit diesem Vorhaben kläglich scheitert. Einer Studie zufolge sollen in Deutschland in diesem Jahr mehr als 700.000 Wohnungen fehlen.
Aber es ist nicht nur Wohnraum, der fehlt; Wohnen wird auch immer teurer. Vor allem in Berlin. Die Hauptstadt ist nach München jetzt der zweitteuerste Wohnungsmarkt in Deutschland.
Die Linke will der Problematik nun mit einem Recht auf Wohnungstausch entgegenwirken, am Freitag wurde über den Antrag im Bundestag debattiert. Nach dem Ansinnen der Oppositionspartei sollen Mieterinnen und Mieter aus zu großen in kleinere Wohnungen und umgekehrt ziehen dürfen. Die bestehenden Mietverträge sollen ohne Mieterhöhung übernommen werden können.
Im April hatte sich auch der Deutsche Mieterbund hinter die Idee einer solchen Tauschoption für Senioren und junge Familien gestellt. Hintergrund ist, dass derzeit vor allem junge Familien verzweifelt auf der Suche nach größeren Wohnungen sind, während ältere Menschen oft alleine in solchen leben.
700.000Wohnungen sollen laut einer Studie in Deutschland in diesem Jahr fehlen.
Wenig Zuspruch fand der Vorstoß erwartungsgemäß bei der Union. Jan-Marco Luczak, Mietrechtsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach von einem „falschen Instrument“, durch das der Druck auf alte Leute, die insbesondere davon betroffen seien, steigen würde. Einen alten Baum verpflanze man nicht, gerade für alte Menschen sei es schwer, einen neuen Mietvertrag zu finden.
Nicht nur preiswerter Wohnraum ist rar. © IMAGO
Luczak betonte außerdem, dass der Mietvertrag ein Dauerschuldverhältnis sei, das auf Vertrauen ausgerichtet sei. „Man muss sich seine Mieter selbst aussuchen können, Sie nehmen Eigentümerrechte nicht ernst“, warf er der Fraktion die Linke vor.
Sein Fraktions-Kollege Michael Breilmann sprach von einer Scheinlösung. „Dieses Konzept hat noch nirgendwo in relevanter Größenordnung geklappt.“ Er warf außerdem ein, dass man die Wohnung nicht wechsele wie ein Auto oder ein Möbelstück. „Daran hängen Freunde, Bekannte, Nachbarn, Geschäfte, Infrastruktur.“
Hanna Steinmüller von den Grünen rückte in den Fokus, dass sich der Wohnbedarf im Laufe des Lebens verändere, sich bei vielen der Wohnraum vergrößere, etwa durch den Auszug der Kinder oder den Tod des Partners. „Ja, wir brauchen mehr Wohnraum, vor allem in Metropolen wie Berlin, wir müssen neu bauen. Aber wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir die bestehenden Flächen besser verteilen können.“
Bislang seien die Kosten für einen Umzug fast immer höher als die mögliche Mietersparnis, sodass es keinen Anreiz gebe, seine größere Wohnung zu verlassen. „Es geht um ein Recht, nicht um eine Pflicht, es soll den Menschen leichter gemacht werden, ihre Wohnung zu verlassen.“
Der FDP-Politiker Thorsten Lieb wurde grundsätzlich, sprach von einem „sozialistischen Gruselkabinett“, das die Linke darbiete. „Ihre Geringschätzung der Unverletzlichkeit des Eigentums wird in keinem anderen Bereich deutlicher.“ Die Idee des Wohnungstauschs leiste keinen Beitrag zu dem Problem. „Es gibt ein soziales Mietrecht in diesem Land, das wird nur allzu oft vergessen. Sie wollen den Mittelstand aus der Vermietung verdrängen.“
Auch die SPD zeigt sich dem Konzept Wohnungstausch nicht besonders wohlgesonnen. Timo Schisanowski plädierte dafür, dass Angebot und Nachfrage wieder in Einklang gebracht werden müssten, „das Übel muss an der Wurzel gepackt werden.“ Ursprung des Problems sei der massive Mangel, dem nicht mit Experimenten beizukommen sei. „Wir müssen den Mietspiegel stärken und die Indexmieten regulieren.“ Zanda Martens warf ein, dass in ihrem Wahlkreis Düsseldorf von 300 Anzeigen nur eine erfolgreich gewesen sei. „Das liegt an dem Mismatch von Angebot und Nachfrage. Es gibt einfach mehr Menschen, die sich vergrößern wollen.“
Caren Lay, Sprecherin der Links-Fraktion für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik, nahm die Kritik ungerührt entgegen. Insbesondere gegen die Kritik des Drucks auf Senioren verwahrte sie sich vehement. „Wir haben dreimal die Verbesserung des Kündigungsschutzes gefordert, uns für ein Kündigungsverbot für Menschen über 70 ausgesprochen, wir fordern in jeder Haushaltsdebatte eine Erhöhung der Fördermittel. Sie waren es, die immer abgelehnt haben“, schoss sie gegen die CDU. „Ihre Haltung jetzt ist wohlfeil.“
Was die Fraktionen einte: das Unverständnis für die Ausführungen des AfD-Abgeordneten Roger Beckamp. Der sprach von einem „Völkeraustausch, der nun in einen Mieteraustausch münden solle“, gab zu bedenken, dass ein grünes Rentner-Ehepaar sich eine Schlepperbande aus Afrika in die Wohnung holen könnte. Es gebe keinen knappen Wohnraum in Deutschland, wenn man endlich „alle Asylanten, die sich in der sozialen Hängematte ausruhen“ abschiebe. Der Antrag der Linken wurde an die Ausschüsse überwiesen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de