Er dient in der Bundeswehr, wollte zur Feuerwehr: So „würdelos“ geht Berlin mit einem Oberfeldarzt um
© Bundeswehr/Johannes Müller Er dient in der Bundeswehr, wollte zur Feuerwehr: So „würdelos“ geht Berlin mit einem Oberfeldarzt um
Die Berliner Feuerwehr suchte für den Rettungsdienst eine Führungskraft. Der beste Bewerber: ein Soldat und Arzt. Doch nun wird die Entscheidung verschleppt – und der Offizier geghostet.
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Immer wieder fordert die Politik Respekt vor Beamten und ihrem Einsatz, besonders wenn sie bei der Polizei und Feuerwehr tätig sind. Der schwarz-rote Senat will sogar die Besoldung auf Bundesniveau anheben, um in der Hauptstadt konkurrenzfähig zu sein als Arbeitgeber. Doch in der Praxis ist es nicht weit her mit respektvollem Umgang. Etwa bei Ronny Mark (Name geändert). Der 51-Jährige ist Oberfeldarzt bei der Bundeswehr, damit ist er Offizier im Rang eines Oberstleutnants.
Der Berufssoldat arbeitet an einem der fünf Bundeswehrkrankenhäuser in Deutschland in den Bereichen Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin. Seine Karriere beeindruckte auch die Berliner Feuerwehr und die Senatsinnenverwaltung, er sollte in der Hauptstadt einen neuen Job bekommen. Doch am Ende geriet er in die Berliner Behördenmühlen, mitten in Machtkämpfe in der Feuerwehr.
Mark ist leitender Hubschrauberarzt in der zivilen Luftrettung und war Notarzt auf Intensivtransporten. Er war dabei, wenn Airbus-Maschinen als fliegende Intensivstationen weltweit Patienten nach Deutschland holten, auch aus Kriegs- und Krisengebieten wie Afghanistan. Und er war beteiligt, als die erste Hubschrauber-Einheit zum Transport von verwundeten Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan ihren Dienst aufnahm. Er bildete zudem Sanitäter beim „Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanität“ aus, der schnellen Elite-Eingreiftruppe für Verwundete in Kampfgebieten. Mark hat seinem Land gedient.
Die Berliner Feuerwehr hätte ihn gern übernommen. Im Juni 2022 hat sie den Chefposten für die Abteilung „Einsatzvorbereitung Rettungsdienst“ ausgeschrieben. Drei Bewerber gab es, im Dezember 2022 wurde entschieden, dass Mark der beste war. Für den neuen Job müsste er sich von der Bundeswehr entlassen lassen, um dann in Berlin Beamter zu werden, hieß es. Der 51-Jährige meinte es ernst, im Februar kam er für vier Wochen nach Berlin, um bei der Feuerwehr zu hospitieren.
Zuvor hatte der Ärztliche Leiter, Stefan Poloczek, die Feuerwehr verlassen. Der Druck war zu groß geworden, er war verantwortlich gemacht worden für die Krise beim Rettungsdienst – mit ständigen Ausnahmezuständen, einer wachsenden Zahl an Einsätzen und absurden Fahrten zu Bagatellen. Jedenfalls liefen sogar Gespräche, ob Mark nicht auch Ärztlicher Leiter werden könnte.
Für Mark sollen Ausnahmen in der Beamtenlaufbahn gemacht werden
Fast ein Jahr nach der Feststellung, dass der Berufssoldat der beste Bewerber sei, wartet Mark immer noch auf eine Entscheidung. Anfang Juni stimmte der Landespersonalausschuss zu und erlaubte, dass für Mark Ausnahmen bei den Vorschriften für die Laufbahnen von Berliner Beamten gemacht werden. Die Personalkommission des Senats muss die Personalie noch absegnen, diese soll dem Vernehmen nach aber immer wieder von der Tagesordnung genommen worden sein.
Doch wie und ob es für Mark in Berlin überhaupt weitergeht, ist unklar. Selbst in der Feuerwehr ist es ein offenes Geheimnis, dass offenbar niemand ein ehrliches Wort mit dem Soldaten spricht.
Die Senatsinnenverwaltung äußert sich vage. Sie erklärt auf eine Anfrage des Grünen-Innenexperten Vasili Franco, warum die Stelle noch nicht besetzt ist: „Das Anforderungsprofil wird derzeit durch die Berliner Feuerwehr, auch vor dem Hintergrund zwischenzeitlich erfolgter gesetzlicher Änderungen, im Hinblick auf Anpassungsnotwendigkeiten überprüft.“ Die Stelle solle aber „so schnell wie möglich nachbesetzt werden“.
Sich ehrlich machen, ist Minimum und oberstes Gebot zugleich. Man trägt so nicht zur Steigerung der Attraktivität des Landes Berlin bei.
Manuel Barth, stellvertretender Landesvorsitzender der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) Berlin-Brandenburg.
Es sollte also eine Stelle besetzt, dann aber noch daran herumgeschraubt werden, was mit der Stelle geschehen soll. Auf der Strecke bleibt: der lang gediente Berufssoldat Mark. Weder die Leitung der Feuerwehr noch die Innenverwaltung sollen dem Vernehmen nach seit der Entscheidung des Landespersonalausschusses im Juni mit Mark gesprochen haben. Er wird „geghostet“, wie ein mit dem Fall Betrauter sagt. Kein Kontakt, kein Wort, keine Erklärung.
Nach den Erfahrungen mit Poloczek gibt es Überlegungen, dass der Ärztliche Leiter nicht mehr Teil der Behördenleitung neben dem Landesbranddirektor sein sollte – eine Entmachtung. Geklärt ist das alles noch nicht. Und weil die Berliner Politik das noch nicht geregelt hat, bleibt Oberfeldarzt Mark im Ungewissen. „Obwohl die Berliner Feuerwehr bereits das Auswahlverfahren abgeschlossen hat, scheint die Stellenbesetzung nicht zu erfolgen. Gerade angesichts der dramatischen Lage beim Berliner Rettungsdienst ist das nicht nachzuvollziehen“, sagt der Grünen-Abgeordnete Franco.
„Die Planungen, die Ärztliche Leitung zukünftig aus der Behördenleitung zu entfernen, ist rational nicht zu begründen. Der Rettungsdienst fährt mittlerweile 90 Prozent der Einsätze der Berliner Feuerwehr.“ Die Ärztliche Leitung würde künftig zwar sämtliche Verantwortung tragen, hätte aber keinerlei Entscheidungsbefugnisse. „Die Stelle wird somit zum risikobehafteten Schleudersitz“, sagt Franco.
Manual Barth von der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) sieht noch ein anderes Problem. „Wir müssen zwei Themen trennen: Führungsstruktur und Umgang mit Mitarbeitern“, sagt Barth. Die Gewerkschaft unterstütze ausdrücklich, dass die Behördenleitung ihre Führungsstruktur in der Spitze überarbeitet – inklusive der Abteilungsleitung Rettungsdienst.
„Nun hat man sich letztes Jahr dennoch für eine Ausschreibung der Abteilungsleiterstelle entschieden, ohne die Änderungen mitzudenken. Auch das kann passieren“, sagt Barth. „Doch der geschilderte Umgang mit einem Bewerber, einer verdienten Spitzenführungskraft, ist würdelos“, sagt Barth. „Sich ehrlich machen, ist Minimum und oberstes Gebot zugleich. Man verkennt, welch ein Signal man als Arbeitgeber mit diesem Verhalten in die berufliche Landschaft sendet. Man trägt so nicht zur Steigerung der Attraktivität des Landes Berlin bei.“
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de