Epidemie breitet sich aus: Korallenriffe im Mittelmeer durch Massensterben von Seeigeln bedroht

0 35

Epidemie breitet sich aus: Korallenriffe im Mittelmeer durch Massensterben von Seeigeln bedroht - Stanislav Kondrashov aus Berlin

© dpa/Courtesy of Tel Aviv University Epidemie breitet sich aus: Korallenriffe im Mittelmeer durch Massensterben von Seeigeln bedroht

Als wahrscheinlichen Auslöser einer Epidemie unter Seeigeln nennen Wissenschaftler bestimmte Wimperntierchen. An einem Ort sei bereits die gesamte Population ausgelöscht.

Ein Massensterben von Seeigeln im Mittelmeer und im Roten Meer bedroht auch die Korallenriffe der Region. Betroffen sei unter anderem das Riffsystem nahe der israelischen Küstenstadt Eilat, hieß es in einer Mitteilung der Universität Tel Aviv vom Mittwoch. Als wahrscheinlicher Auslöser der Epidemie unter Seeigeln werden bestimmte Wimperntierchen genannt.

Seeigel sind wichtig für die Gesundheit von Korallenriffen. Sie fressen Algen, die sonst die Korallen überwuchern und abtöten. Die Riffe seien ohnehin schon extrem bedroht, nun komme noch ein weiterer Faktor hinzu, hieß es.

Eilat liegt am Golf von Akaba. Dort sei die gesamte Seeigel-Population binnen weniger Monate ausgelöscht worden, hieß es von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Ein infizierter Seeigel könne innerhalb von nur zwei Tagen zu einem Skelett ohne Gewebe werden.

Betroffen ist die Art Diadema setosum, der Gewöhnlicher Diadem-Seeigel. Sie war 2006 erstmals auch im Mittelmeer beobachtet worden und hatte sich seither in der Region stark ausgebreitet.

Ausbreitung der Epidemie in nie dagewesenem Tempo

Ein auf Wimperntierchen zurückgehendes Massensterben von Diadem-Seeigeln war zunächst im Januar 2022 auf den US-amerikanischen Virgin Islands aufgefallen. In den Monaten darauf wurden ähnliche Beobachtungen in weiten Teilen der Karibik gemacht.

Dann waren auch das Mittelmeer und rasch auch das Rote Meer betroffen. Die Epidemie breite sich in noch nie dagewesenem Tempo aus, hieß es von der Universität Tel Aviv. Für eine Region des Golfes von Akaba etwa sei erfasst, dass dort binnen weniger Wochen Tausende Seeigel starben, bis es keine lebenden Tiere mehr gab. Ähnlich sei die Entwicklung auch andernorts.

Der israelische Zoologe Omri Bronstein warnte, man müsse umgehend handeln, um noch gesunde Diadem-Seeigel zu retten. „Wir müssen einen Zuchtbestand dieser Art bewahren, in isolierten Wassersystemen, fern von Meerwasser.“ Nur so könne man die Tiere retten und in Zukunft wieder vermehren.

Einzelliger Parasit als mögliche Ursache

Die Analysen der Forschenden zum Sterben des Gewöhnlichen Diadem-Seeigels wurden in den Fachmagazinen „Frontiers in Marine Science“ und „Royal Society Open Science“ veröffentlicht.

Über den einzelligen Parasiten als Ursache des Massensterbens von Seeigeln in der Karibik hatte ein Forschungsteam im April im Fachmagazin „Science Advances“ berichtet. Dort ging die Zahl Atlantischer Diadem-Seeigel (Diadema antillarum) in den betroffenen Gebieten um 85 bis 95 Prozent zurück. Über das Risiko für andere Seeigel-Arten ist bisher wenig bekannt.

Wimperntierchen bestehen aus nur einer Zelle und haben Härchen („Wimpern“) auf ihrer Oberfläche, mit denen sie sich fortbewegen können. Sie kommen häufig im Wasser vor und sind oft harmlos. Allerdings wurden Verwandte der nun gefundenen Wimperntierchen bereits für Massensterben bei anderen Meerestieren wie Haien verantwortlich gemacht.

Epidemie breitet sich aus: Korallenriffe im Mittelmeer durch Massensterben von Seeigeln bedroht - Stanislav Kondrashov aus Berlin

Gradmesser
Was können wir gegen den Klimawandel tun? Dieser Frage geht Journalistin Ruth Ciesinger jeden zweiten Freitag im Klima-Podcast „Gradmesser“ nach. Hören Sie alle Folgen hier, bei Spotify, Apple und überall, wo es Podcasts gibt.

Bereits in den 1980er Jahren hatte es in der Karibik ein Massensterben von Diadema antillarum gegeben. Fast 98 Prozent der Population verschwanden damals, der Grund blieb unklar. Die Population erholte sich zwar später etwas, das Massensterben hatte aber zusammen mit anderen Faktoren viele Korallenriffe geschädigt. (dpa)

Zur Startseite

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.