Das Spiel der AfD und Wegners Beitrag: Das steckt hinter der umstrittenen Wahl von Berlins Regierendem Bürgermeister

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Das Spiel der AfD und Wegners Beitrag: Das steckt hinter der umstrittenen Wahl von Berlins Regierendem Bürgermeister

© IMAGO/Bernd Elmenthaler Das Spiel der AfD und Wegners Beitrag: Das steckt hinter der umstrittenen Wahl von Berlins Regierendem Bürgermeister

Angeblich sollen zehn AfD-Abgeordnete für Wegner gestimmt haben. Das erscheint unwahrscheinlich, aber auszuschließen ist es nicht. Die AfD veröffentlicht eine Liste mit Namen.

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Die AfD beherrscht das Spiel des Erzeugens öffentlicher Skandale nahezu perfekt: Als am Donnerstag der dritte Wahlgang für CDU-Chef Kai Wegner, Berlins designierten Regierenden Bürgermeister, gerade vorbei ist, geht plötzlich ein Sprecher der Berliner AfD-Fraktion über die Pressetribüne im Berliner Abgeordnetenhaus und verteilt Zettel. „AfD hat für Kai Wegner gestimmt“, steht darauf.

Kurz darauf, um 16.43 Uhr, verliest die Parlamentspräsidentin das Ergebnis der Abstimmung. Wegner ist gewählt, mit 86 Stimmen. CDU, SPD und AfD stehen auf und applaudieren. Hat die AfD den CDU-Mann Kai Wegner zum Regierenden Bürgermeister gemacht? Oder ist alles eine Finte, um seine Wahl zu beschmutzen?

Eine Inszenierung der AfD

Sicher ist: Die Wahl von Wegner war keine Entscheidung einzelner, sondern von der AfD bewusst inszeniert und frühzeitig abgesprochen. Am Donnerstagnachmittag kurz vor der Abstimmung trifft sich die 17-köpfige Fraktion zu einer erneuten gemeinsamen Beratung darüber. Es wird nochmals vorgeschlagen, nun Wegner zu unterstützen.

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© REUTERS/MICHELE TANTUSSI

„Die AfD als stabilisierender Faktor einer Regierungsmehrheit“, wird später in der Pressemitteilung stehen. Die Debatte ist hitzig, man streitet. Die Debatte geht knapp aus, auch die Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker schwenkt schließlich ein: Man entscheidet sich, Wegner zu unterstützen.

Am Abend sagt Brinker auf die Frage, wer alles den CDU-Mann gewählt habe: „Gehen Sie mal von der Hälfte aus.“ Sollte das stimmen, wären das 8 Stimmen – ohne diese hätte Wegner bei seinem Ergebnis von 86 Stimmen keine sichere parlamentarische Mehrheit erreicht. War die AfD also tatsächlich die Mehrheitsbeschafferin?

Desinformation als Methode

Die ehemalige AfD-Jägerin im Bundesverfassungsschutz und neue Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg wirft sich am Freitag für Wegner in die Bresche: „Es gehört zu den bekannten Methoden der AfD, Desinformationen zu verbreiten und Verschwörungstheorien zu bedienen. Wer auf diese eingeht, bestellt das Feld der AfD.“ Aber ist es so einfach?

Tatsächlich spricht wenig dafür, dass die Stimmen der AfD – wie viele auch immer es tatsächlich waren – für die Wahl von Wegner notwendig waren. Im dritten Wahlgang reichten dem CDU-Mann mehr Ja- als Nein-Stimmen. Weil sich im Gegensatz zum zweiten Wahlgang nun zusätzlich drei Abgeordnete enthielten, hätten Wegner wohl weniger Stimmen als die 79 aus SPD und CDU aus dem zweiten Wahlgang gereicht. Die AfD-Stimmen wären nur tatsächlich relevant, hätten im dritten Wahlgang wieder weniger Abgeordnete für Wegner gestimmt. Das ist sehr unwahrscheinlich.

Eine unsichere Mehrheit

Allerdings bleibt eine Unsicherheit: Hatte Wegner jeweils eine tatsächliche Parlamentsmehrheit hinter sich, also mehr als die Hälfte der Abgeordneten? Hatte er eine so sichere Mehrheit, dass diese auch künftig schwierige Entscheidungen etwa über kritische Finanz- oder Flüchtlingsfragen übersteht? Oder war für die sichere Anzahl von 86 Stimmen – die wohl eher zufällig genau der Zahl der Koalitionsabgeordneten entsprechen – doch die ein oder andere Rechtsaußenstimme nötig?

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© AFP/TOBIAS SCHWARZ

15 Abgeordnete aus dem eigenen Bündnis waren es, die Wegner im ersten Wahlgang die Stimme versagt hatten. Selbst im so wichtigen zweiten Wahlgang waren es noch sieben. Ein Misstrauensvotum. Auch Wegner selbst geht davon, dass CDU-Politiker darunter waren. Ansonsten hätte, zumindest im ersten Wahlgang, fast die halbe SPD-Fraktion gegen ihn stimmen müssen. Das gilt als nahezu ausgeschlossen.

Parteifreunde und Parteifeinde

Wegner dagegen muss sich Gedanken über Ränkespiele in den eigenen Reihen machen. Er selbst sagte dem Tagesspiegel, dass „zu viele“ Abgeordnete seiner Fraktion, auch im zweiten Wahlgang gegen ihn gestimmt hätten. Schon am Freitag gab es dann erste Gerüchte über Absprachen unter den Enttäuschten in der CDU-Fraktion, über alte, sehr persönliche offene Rechnungen.

Gerade die Personalauswahl hat viele in der Fraktion enttäuscht: Wegner setzt für die Reihe der Staatssekretäre aus Personen von der Bundesebene. Langjährige CDU-Größen wie Burkard Dregger oder Stephan Standfuß oder auch der aufstrebende Parlamentarier Danny Freymark gingen leer aus.

Sie alle bestreiten vehement, gegen Wegner gestimmt zu haben. Offene Vorwürfe erhebt niemand. Mehrere Probe-Abstimmungen am Donnerstag in der Fraktion waren einstimmig für Wegner ausgegangen. „Einige bei uns sind verdammt gute Lügner“, sagte ein erfahrener CDU-Abgeordneter. Selbst in der Fraktion glaubt kaum einer, dass wirklich alle Gegenstimmen aus der SPD kamen. „Wegner sollte ein Denkzettel verpasst werden“, ist sich ein Abgeordneter sicher.

Abweichler in der SPD

Doch auch in der SPD-Fraktion haben sich wohl manche letztlich nicht an das Votum des Mitgliederentscheides gebunden gefühlt. Manch einen plagte wohl das Gewissen, andere waren – wie auch in der CDU – enttäuscht, keinen Posten erhalten zu haben. Fraktionschef Raed Saleh hatte, anders als Wegner, viele Senatsposten nach dem Prinzip „Hauptsache, in der Partei ist Ruhe“ besetzt. Doch letztlich konnte eben doch nicht jeder vom üppigen Staatssekretärs-Gehalt profitieren.

Bei Probeabstimmungen offenbarten sich nur zwei Abgeordnete. Beide, so heißt es, konnten die Wahl Wegners nicht mit ihrer politischen Haltung vereinbaren. Beide, beschwört man, hätte man aber im dritten Wahlgang überzeugt gehabt. Manch einer wird die Wahl aber wohl auch für eine persönliche Abrechnung mit Saleh und Franziska Giffey genutzt haben. So wird es am Freitag in der Partei spekuliert.

Wer wirklich für Wegner gestimmt hat und wer nicht, wird man wohl nie wissen können. Die Abstimmungen sind geheim und die Abgeordneten sind, so steht es in der Verfassung, nur ihrem Gewissen verpflichtet. „Ersetzen Sie bei uns mal Gewissen durch gekränkte Eitelkeit“, sagt ein erfahrener Konservativer.

Zweifel an Wegners Fähigkeiten

Viele in der CDU sind, das gehört zur Wahrheit, sind bis heute nicht überzeugt von Wegners Fähigkeiten, ein guter Regierender Bürgermeister zu sein. Ähnlich geht es manchem in der SPD. Spekulation, aber viel mehr als das bleibt nicht am Tag nach Wegners Fehlstart.

Bei der AfD freut man sich über den Coup. Von acht bis zehn Stimmen für Wegner war am Freitag die Rede. Sollte das stimmen, hätte Wegner tatsächlich keine sichere parlamentarische Mehrheit hinter sich. AfD-Chefin Kristin Brinker erklärte dem Tagesspiegel am Freitag: „Um nach zwei gescheiterten Wahlgängen die unsägliche Hängepartie in Berlin zu beenden und vor allem ein weiteres geschäftsführendes Regieren von Rot-Grün-Rot zu verhindern, hat sich nach längerer Debatte die Mehrheit unserer Abgeordneten bereiterklärt, beim dritten Wahlgang für Kai Wegner zu stimmen.“

Dann listet die Partei zehn Namen auf, die angeblich alle für Wegner gestimmt haben. Darunter sind Brinker selbst, Frank-Christian Hansel oder Karsten Woldeit vom gemäßigten Flügel, aber auch der Rechtsaußen Gunnar Lindemann. Der Zweifel ist gesät.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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