„Das Mitgliedervotum politisiert die Partei“: Berlins SPD-Chef Saleh sieht Diskussionen über Koalitionsvertrag positiv
© dpa/Fabian Sommer Update „Das Mitgliedervotum politisiert die Partei“: Berlins SPD-Chef Saleh sieht Diskussionen über Koalitionsvertrag positiv
Das Votum zum Koalitionsvertrag mit der CDU ist nach Ansicht von Raed Saleh nach wie vor richtig. Unterdessen machen die Jusos weiter gegen Schwarz-Rot mobil.
Berlins SPD streitet weiter über den Koalitionsvertrag mit der CDU. Noch bis Freitagabend eine Minute vor Mitternacht können die Mitglieder darüber abstimmen. Nicht zuletzt die Berliner Jusos mobilisieren seit dem Start des Mitgliedervotums in der ersten Aprilwoche gegen ein schwarz-rotes Bündnis, für das sich der Landesvorstand ausgesprochen hat.
SPD-Landeschef Raed Saleh hält das Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag mit der CDU nach wie vor für richtig. „Dass das Mitgliedervotum politisiert, ist doch gut so. Partei heißt doch, sich Gedanken machen, was der richtige Weg ist“, sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur. „Warum sind wir denn zusammen in unserer Partei? Damit die Leute sich beteiligen, damit sie sich eine Meinung bilden, damit man solche wichtigen Entscheidungen auch denen ermöglicht, die die Partei tragen und leben.“
Die SPD war allerdings seit Langem nicht mehr so gespalten wie bei der Entscheidung für oder gegen ein Bündnis mit den Christdemokraten. In den vergangenen Wochen hat es intern und öffentlich viele Diskussionen gegeben und in den sozialen Medien immer wieder Angriffe und Beleidigungen von Gegnern oder Befürwortern von Schwarz-Rot.
„Diejenigen, die sich daneben benehmen in den sozialen Medien, die andere beleidigen, denen kann ich nur sagen: so nicht!“, sagte Saleh. „Das ist nicht unsere Diskussionskultur, das lehnen wir strikt ab.“ In der großen Masse erlebe er aber einen sehr guten und fairen Prozess.
Saleh will Parteimitglieder auch künftig mehr einbinden
Es gebe eine gute, sehr offene Diskussion über den Koalitionsvertrag. „Ich sehe, dass gerade die Foren, die Abteilungssitzungen der Partei, die Formate, die in den Kreisverbänden angeboten werden, gut angenommen werden.“ Die SPD-Mitglieder seien dankbar, dass die Frage, wie es weitergehen soll, in der Breite der Partei diskutiert und entschieden werde.
„Andere Parteien entscheiden so etwas im kleinen Kreis oder auf Parteitagen.“ Die Berliner SPD habe die Entscheidung der Basis zur Abstimmung gegeben. „Und das finde ich richtig.“ Die SPD in Bund und Land habe gute Erfahrungen damit gemacht. Saleh plädierte dafür, diesen Weg weiterzugehen und die Einbindung der Mitglieder in Entscheidungen noch zu intensivieren.
Der SPD-Landeschef gehört zu den prominenten Befürwortern einer schwarz-roten Zusammenarbeit. „Der Vorschlag, eine Koalition mit der CDU zu bilden, stößt nicht auf Euphorie in der SPD“, gestand er ein. „Aber wir glauben, in der jetzigen Situation ist es der vernünftige Weg, der beste für Berlin.“ Das sehen allerdings viele Mitglieder anders. Wie die Abstimmung ausgeht, gilt als offen. Das Ergebnis soll am Sonntagnachmittag bekannt gegeben werden.
Jusos sehen Tendenz zur Ablehnung
Aus Sicht der Berliner Jusos ist die Fortsetzung der bisherigen Regierungskoalition nach wie vor erste Wahl, aber auch die Opposition attraktiver als ein schwarz-rotes Bündnis.
Wenn sich auch in der neuen Sachlage herausstellt, dass wir nicht zueinander kommen, dann darf die SPD die Opposition nicht scheuen.
Sinem Taşan-Funke, Juso-Landesvorsitzende
„Wenn die Mehrheit gegen den Koalitionsvertrag stimmt, ist unsere Erwartung, dass wir uns mit Grünen und Linken wieder an einen Tisch setzen“, sagte die Juso-Landesvorsitzende Sinem Taşan-Funke der Deutschen Presse-Agentur. Dann müssten vor allem die Grünen zeigen, wie ernst es ihnen damit sei, Rot-Grün-Rot weiterführen zu wollen. „Wenn sich auch in der neuen Sachlage herausstellt, dass wir nicht zueinander kommen, dann darf die SPD die Opposition nicht scheuen.“
Das Mitgliedervotum gilt als entscheidende Hürde auf dem Weg zu einer rot-schwarzen Landesregierung – und unter anderem auch für die politische Zukunft der jetzigen Regierenden Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzenden Franziska Giffey.
„Bei einem negativen Votum erwarten wir, dass die Parteispitze selbst hinterfragt, ob sie an der Position noch richtig ist“, sagte Taşan-Funke.
„Schwarzes Korsett mit roten Schleifen“
Die Berliner Jusos unter ihren beiden Vorsitzenden Taşan-Funke und Peter Maaß haben sich von Anfang an deutlich gegen Schwarz-Rot positioniert und den Koalitionsvertrag als „ein schwarzes Korsett mit roten Schleifen“ kritisiert. Zum Start ihrer Kampagne dagegen hatte Taşan-Funke angekündigt, die Jusos würden erst ruhen, wenn sie diese Koalition verhindert hätten.
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„Unser Eindruck ist, dass die Stimmung in den letzten Wochen in Richtung einer Ablehnung des Vertrages gekippt ist“, sagte Taşan-Funke.
„Wir sind sehr zufrieden mit unserer Kampagne. Uns erreichen viele Nachrichten von Mitgliedern, die uns das erklären, dass wir sie überzeugt haben, mit Nein zu stimmen“, sagte die Juso-Landesvorsitzende. „Wir haben es in kürzester Zeit geschafft, eine breit getragene Kampagne auf die Beine zu stellen.“ Das zeige, dass die SPD nach wie vor eine starke Mitgliederpartei sei.
„Diese starke Mitgliedschaft versichert uns auch, dass wir für jeden Ausgang des Entscheides gut aufgestellt sein werden.“ Die Diskussion über den Koalitionsvertrag sei zum Großteil sachlich und konstruktiv gewesen. „In sozialen Netzwerken hätten wir uns die ein oder andere verbale Entgleisung weniger gewünscht.“(dpa)
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de