Berliner Organisation rassistisch bedroht: Hasswelle gegen Ferienlager für Schwarze Kinder
© Getty Images Berliner Organisation rassistisch bedroht: Hasswelle gegen Ferienlager für Schwarze Kinder
Empoca organisiert Ferienlager für junge Schwarze Menschen. Nach einem Interview erhält die Organisation massive Drohungen – und muss die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen.
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Die Berliner Organisation Empoca organisiert Outdoorprogramme, in denen Schwarze Kinder und Jugendliche Spaß haben, sich mit der Natur verbinden und gewissermaßen eine Auszeit vom Alltagsrassismus nehmen können. Nach einem Interview im „Spiegel“ ist genau dieses Ziel nun in Gefahr: Wegen missverständlicher Formulierungen des Nachrichtenmagazins ist der Verein massiven Drohungen ausgesetzt und muss seine Sicherheitsvorkehrungen verschärfen.
Seit 2018 organisiert Anthony Owosekun gemeinsam mit überwiegend ehrenamtlichen Helfer:innen die Outdoor-Feriencamps. In einer geschützten Gruppe, die ausschließlich aus weiteren jungen Schwarzen Menschen und Schwarzen Teamer:innen besteht, sollen die Kinder ihre Umwelt neu erleben und sich für den Naturschutz begeistern. Damit sollen sich die Ausflüge vom Alltag der jungen Schwarzen unterscheiden, der viel zu oft von Stigmatisierung geprägt ist.
In einem Interview mit dem „Spiegel“ stellte Owosekun kürzlich das Konzept vor. Er sprach über die negativen Erfahrungen, die Schwarze Kinder in Deutschland häufig machen müssen und betonte, wie wichtig geschützte Räume seien. Unter anderem auf Twitter verkürzte das Nachrichtenmagazin die Botschaft allerdings missverständlich dahingehend, dass weiße Menschen „möglichst fernbleiben“ sollten.
Online-User vergleichen Verein mit Ku-Klux-Klan
In den sozialen Medien brach daraufhin eine Empörungswelle aus: User schrieben von „Rassenlagern“, „Segregation“, verglichen den Verein mit dem rassistischen Ku-Klux-Klan. Ex-Bild-Chef Julian Reichelt schrieb: „Ferienlager nach Hautfarbe, und die Medien schreiben darüber, als wäre das vollkommen normal. Wahnsinn.“
Owosekun berichtet, dass die Organisation schon wenige Stunden nach der Veröffentlichung auf allen Kanälen von Hassbotschaften und teils sehr expliziten Drohungen überschwemmt worden sei. „Anhand der negativen Reaktionen und Hasskommentare hat man gesehen, wie wichtig es ist, geschützte Räume für Schwarze Kinder zu haben“, sagt Owosekun. „Das sind ja zum Teil dieselben Reaktionen, die Eltern Schwarzer Kinder erleben, wenn sie mit ihren Kindern oder auch selbst als Schwarze Menschen in der Natur sind.“
Durch die Reaktionen hat man gesehen, wie wichtig geschützte Räume sind.
Anthony Owosekun, Verein Empoca
Daher sei ihm relativ schnell klar gewesen, dass durch die Hassbotschaften eine hohe Bedrohungslage entstehe, sagt Owosekun. Bislang habe es zwar noch nie konkrete Vorfälle in Feriencamps von Empoca gegeben. Zum Teil stoße er aber bei privaten Betreiber:innen auf Unverständnis für die Sicherheitsmaßnahmen, erzählt er.
Berliner Schulklasse im Ferienlager rassistisch bedroht
Dass Übergriffe gegen Kinder und Jugendliche allerdings keine Seltenheit sind, zeigte erst kürzlich der Fall einer Berliner Schulklasse: Während eines Ferienlagers im brandenburgischen Heidesee waren die Schüler:innen, die überwiegend eine Migrationsgeschichte haben, von Jugendlichen aus der Region rassistisch beleidigt und bedroht worden. Daraufhin brachen die Lehrer:innen die Fahrt ab, ein Elternvertreter der Kreuzberger Schule sprach von einem „traumatisierenden Erlebnis“.
Bereits vor dem Interview hatte Empoca relativ weitgehende Sicherheitsvorkehrungen für die Ferienlager ergriffen: Die Orte der Camps werden etwa nicht veröffentlicht, Empoca mietet stets eine ganze Anlage. So soll auch das Zusammentreffen mit anderen Gruppen – wie im Falle der Klassenfahrt in Heidesee – vermieden werden. Nun denkt Owosekun über einen geschützten Anmeldeprozess nach.
„Damit steigt dann aber natürlich die Hemmschwelle, unsere Camps zu buchen“, sagt er – ebenso wie der finanzielle und personelle Aufwand für die Organisation der Camps. Künftig wolle Empoca auch stärker mit Naturverbänden und Outdoorunternehmen kooperieren, die eine antirassistische Grundhaltung vertreten würden. „Wir sind jetzt auf das Radar von Menschen geraten, die absolut nicht nachvollziehen können, warum Empowerment so aussehen soll, wie es bei Empoca aussieht“, sagt Owosekun. Damit müsse die Organisation nun auch in Zukunft umgehen.
Der „Spiegel“ hat die entsprechenden Tweets mittlerweile gelöscht. Auf eine entsprechende Anfrage erklärte eine Sprecherin des Magazins, dass man die Anfeindungen gegen Empoca bedauere. Zwar sei das Interview inhaltlich und rechtlich aus Sicht des „Spiegels“ nicht zu beanstanden, man habe aber die entsprechenden Formulierungen mittlerweile angepasst und dies auch unter dem Text transparent gemacht.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de