Berliner Koalitionskrach entschärft: Doch keine Abschiebungen im Winter nach Moldau
© IMAGO/F. Anthea Schaap Exklusiv Berliner Koalitionskrach entschärft: Doch keine Abschiebungen im Winter nach Moldau
Um in Unterkünften Platz für Ukrainer zu machen, sollten 600 Moldauer abgeschoben werden. Grüne und Linke protestierten. Nun rudert die Innensenatorin zurück.
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Berlin verzichtet nun doch in kalter Jahreszeit auf Abschiebungen nach Moldau. „Nach Rücksprache im Senat haben wir uns darauf verständigt, dass Abschiebungen in den Wintermonaten nicht stattfinden“, sagte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dem Tagesspiegel am Freitag. Damit entschärft die SPD-Politikerin einen in dieser Woche entbrannten Konflikt in der rot-grün-roten Koalition.
Zuvor war Spranger massiv von Grünen und Linken kritisiert worden. Die Bündnispartner hatten der Innensenatorin den Bruch des Koalitionsvertrags vorgeworfen. Darin heißt es: „Im Winter soll auf Abschiebungen verzichtet werden, wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten.“
Noch am Donnerstag hatte Sprangers Staatssekretär Ralf Kleindiek im Abgeordnetenhaus erklärt, dass sein Ressort Winterabschiebungen nach Moldau für vertretbar halte. Zudem kündigte er an, dass der Senat noch über einen Abschiebestopp mit Blick auf die Witterung entscheiden werde. Das wird nun doch nicht auf die lange Bank geschoben.
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Bereits zu Wochenbeginn hatte Spranger im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt: „Wir schieben weiter nach Moldau ab.“ Nach Sprangers ursprünglichen Plänen sollten 600 Moldauer bis Ende März abgeschoben werden, um in den Flüchtlingsunterbringungen Platz zu schaffen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Von dort erwartet der Senat bis zu 12.000 Menschen im Winter.
Grüne und Linke warfen Spranger vor, zwischen Flüchtlingen erster und zweiter Klasse zu unterscheiden. Zugleich hatten sie von der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ein Machtwort gefordert.
Kaum Chance auf Asyl
Insgesamt 3200 ausreisepflichtige Moldauer sind in Berlin derzeit registriert. Unter den in Berlin registrierten ausreisepflichtigen Migranten sind die Moldauer die größte Gruppe. Ihnen wird nur selten Asylstatus gewährt, laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge waren es 2021 nur 0,08 Prozent. Denn nach Einschätzung der Bundesregierung gibt es in dem Land keine gezielte staatliche oder andere Repression. Moldau, gelegen südlich der Ukraine, gilt als Armenhaus Europas mit extremen wirtschaftlichen und sozialen Problemen, die zu starkem Migrationsdruck führt.
Vom Winterabschiebestopp ausgenommen sind in der Regel jedoch Gefährder und Straftäter. Die Kriminalitätsstatistik der Polizei weist seit 2020 einen Anstieg von Straftaten auf, die von Moldauern begangen werden. Auch ist der Anteil von erfassten Tatverdächtigen unter allen Moldauern in Berlin größer als bei Gruppen mit anderer nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Besonders fielen Moldauer mit Diebstahlsdelikten auf, vor allem Ladendiebstahl, zuletzt auch mit Gewaltdelikten.
In Januar und Februar wurden 139 Moldauer abgeschoben
Abgeschoben wurde nach Moldau auch schon im Winter zu Jahresbeginn. Bis Ende Oktober waren es 227 Moldauer, davon 139 allein im Januar und Februar. Von insgesamt 570 Abschiebungen aus Berlin bis Ende August fielen 251 auf die ersten beiden Monate.
Lediglich mit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurden Moldauer zeitweise nicht abgeschoben. Dieses sogenannte „Abschiebehindernis“ ist im September wieder aufgehoben worden. Die Bundesrepublik unterstützt Moldau mit Hilfsgeldern in Höhe von 32 Millionen Euro.
Bekanntlich nutzen ganze Familien das System auch als Einnahmequelle. Aus Moldau kommen seit Jahren viele Flüchtlinge nach Berlin, 2021 stieg die Zahl rapide. Da Berlin bis 2017 allein für ihre Erstaufnahme zuständig war, ist hier die Zahl der Folgeanträge so groß. Es geht auch um eine Einnahmequelle: Ganze Familien stellen gezielt Folgeanträge, um zumindest das Taschengeld von fast 150 Euro pro Monat zu bekommen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de