Berliner Gericht lässt drei Angeklagte frei: Prozess zur mutmaßlichen Vergewaltigung im Görlitzer Park ist geplatzt
© dpa/Sebastian Gollnow
Berliner Gericht lässt drei Angeklagte frei: Prozess zur mutmaßlichen Vergewaltigung im Görlitzer Park ist geplatzt
Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park? Schwarz-Rot in Berlin hat den Fall für ein Sicherheitspaket im Görlitzer Park genutzt. Doch der Prozess ist geplatzt, das mutmaßliche Opfer kann vorerst nicht aussagen.
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Der Prozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg ist am Donnerstag im ersten Anlauf geplatzt. Die drei Angeklagten kommen zudem aus der Untersuchungshaft frei, das Landgericht hob die Haftbefehle auf und setzte das Verfahren am Donnerstag aus. Es werde erst einen neuen Prozess geben, wenn das mutmaßliche Opfer als Zeugin aussagt.
„Das kann etwas länger dauern“, sagte der Vorsitzende Richter Thilo Bartl. „Ohne die Zeugin kann nicht verhandelt werden.“ Es werde ein Rechtshilfeersuchen an Georgien gerichtet, um Esmer T. aus der deutschen Botschaft in Georgiens Hauptstadt Tiflis vom Gericht vernehmen zu lassen. Da ein Ergebnis voraussichtlich erst in mehreren Monaten zu erwarten sei, könne der Prozess nicht fortgesetzt werden.
Das mutmaßliche Opfer will nicht aus Georgien für eine Zeugenaussage nach Berlin anreisen. Bereits am Montag war Esmer T. nicht gekommen und hatte ihr Erscheinen kurzfristig abgesagt. Der Anwalt von T., der Berliner Opferbeauftragte Roland Weber, sagte dem Tagesspiegel bereits am Mittwoch, T. sei in einer Rehabilitationsmaßnahme. Sie habe sich überfordert gefühlt, sei aber bereit, sich per Videoschalte aus der deutschen Botschaft in Georgiens Hauptstadt Tiflis vom Gericht vernehmen zu lassen.
Dem 23-jährigen Mountaga D. aus Guinea sowie dem 22-jährigen Somalier Osman B. und dem 23-jährigen Boubacar B. aus Guinea wird besonders schwere Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Raub vorgeworfen. Sie saßen seit etwa sieben Monaten in Untersuchungshaft. Ihre Haftbefehle wurden nun aufgehoben.
Der Rechtsstaat hat sich bewährt, die Politkarawane zieht weiter.
Mirko Röder, Verteidiger eines Angeklagten
Politisch brisant: Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die schwarz-rote Koalition hatten mit dem Fall maßgeblich die Sicherheitsdebatte um den Görlitzer Park befeuert und die Pläne für einen Zaun um die Grünanlage vorangetrieben. Der Senat beschloss bei einem Sicherheitsgipfel im September, den Görli einzuzäunen und 30 Millionen Euro für Repression und Prävention auszugeben. Zeitlich passend erhob die Staatsanwaltschaft drei Tage zuvor Anklage.
Mit Blick auf die politische Instrumentalisierung des Görli-Falls sagte Mirko Röder, Verteidiger von Boubacar B. am Donnerstag: „Der Rechtsstaat hat sich bewährt, die Politkarawane zieht weiter.“
Spermaspuren auf dem Slip
Die Anklage der Staatsanwaltschaft beruhte vor allem auf der ersten Aussagen von Esmer T. kurz nach der mutmaßlichen Tat. Demnach waren die damals 27-jährige Studentin Esmer T., Mutter zweier Kinder, und ihr Ehemann Oleg T. am 21. Juni gegen 5 Uhr im Park unterwegs, kauften dort Kokain, wurden intim. Mehrere Dealer sollen das Paar umringt haben. Zwei sollen Oleg T. mit Stöcken traktiert und 1200 Euro aus seiner Bauchtasche gestohlen, andere sich an der Frau vergangen haben.
Von Mountaga D. und Boubacar B. waren Spermaspuren auf dem Slip der Frau gefunden worden. Von mutmaßlichen Haupttäter Osman B., der die Tat bestreitet, wurden Spermaspuren im Körper des Opfers gefunden.
Einvernehmlicher Sex oder Vergewaltigung?
Esmer T. hatte rund drei Monate nach der mutmaßlichen Tat die Stadt verlassen und lebt seitdem in ihrer georgischen Heimat. Den Ermittlern teilte sie im Herbst mit, sie sei schwer erkrankt. Alle drei Angeklagten sind der Polizei aus dem Drogen- und Dealermilieu bekannt, alle sind abgelehnte Asylbewerber.
Im Fokus stand zu Prozessbeginn ein kurzes, sieben Sekunden langes Handyvideo, das erst kurz vor Prozessbeginn auftauchte. Aufgenommen worden sein soll es von Mountaga D. Es wurde auf dem Handy gefunden, auf das sein Verteidiger aus seinen in Untersuchungshaft verwahrten Habseligkeiten stieß.
Verteidiger und Staatsanwaltschaft stritten darüber, ob die Aufnahme einvernehmlichen Sex oder eine Vergewaltigung zeigt. Zudem stand D. mit dem mutmaßlichen Opfer, einer 27-jährigen Georgierin, per Whatsapp in Kontakt.
Nach der Aussage von Mountaga D. im Dezember vor dem Haftrichter soll das Paar ihn „zu Sex im Gebüsch überredet“, der Gatte ihm sogar Geld dafür geboten haben – weil sie einen schwarzen Mann wolle. Es soll zu Anal-Verkehr „mit ihrem Einverständnis“ gekommen sein. Später habe er mit seinem Handy noch eine weitere Szene gedreht: Esmer T. beim Oral-Verkehr mit einem anderen Mann – im Beisein ihres Mannes und nach Aussagen des Ehepaares damals im Park ebenfalls einvernehmlich.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de